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September 2021 - coolibri

THEMA Es istbuntinder

THEMA Es istbuntinder Kleiderecke von„Passgenau“. Fotos (2): Schütze Mit gutem Gewissen Getragene Klamotten,gerne mitDesigner-Label,aberimmer mit gutemGewissen: Second Hand boomt, längst auchonline und in Second-Hand-Abteilungen bekannterModefilialen. Es istnicht immerGeldmangeloderdie Lust am Nobel-Schnäppchen,das Kund:innenzuGebraucht-Mode greifenlässt, sondern auch derWille zu mehrNachhaltigkeit .UlrikeBöhm-Heffels sahsichum. Das Prada-Täschchen fürweitüber2000 Euro?Oderdie Jeansfür 8Euro aus demBilliglohn-Land,zusammengenähtfür dieüblichenverdächtigen Klamotten-Lädeninjeder Stadt? DieseKontraste könntenschärfer kaum sein,und genau siesindes, dieimmer mehr Kund:innen in dieSecondhand-Lädenströmen lassen.Liegeninden Läden gebrauchte Designer- Klamotten, hoffen dieZweitverwerter:innen aufguteSchnäppchen.Wem es eher egal ist, welchesLabel dasKrageninnereziert oder außenaufgesteppt ist, derlegtdafür vielleicht Wert aufNachhaltigkeitund Klimaneutralität. Unddie Umweltbewusstensindgerade aufdem Vormarsch,wen wundert’s beidiesenZahlen: Eine Jeanshoselegtbis zu 50.000 Kilometer vomAnbau derBaumwolle biszum Verkaufzurückund benötigtzur Herstellungetwa8000 Liter Wasser (laut„Brauchbar“,dem Magazin desDachverbandsFairWertung). Dereinfachste undbeste WegunsereUmweltzuschonen undnachhaltig zu handeln istes, gutegebrauchteKleidungweiterzugeben oder aber selbst zu tragen undimSecondhandeinzukaufen. Davon unterhältdas DiakonischeWerkinDortmundgleichmehrere Geschäfteunter demNamen „Jacke wieHose“, aber auch dieEinrichtung „Passgenau“inder Nordstadt, die„passgenaue“Hilfsangebotevon derKleidereckebis zur Straßensozialarbeitbietet. „Auch wenn mansichdie Markenjeansnicht leistenkann,tut manetwas Gutes, wenn mansie gebrauchtersteht. NichtverkaufteWare 10 wirdbei unsentsprechendweiterverwertet.Hierwirdein weiterer Bausteindes nachhaltigenWirtschaftskreislaufesbedient.AlleEinnahmen ausdem Verkaufkommendem Projektder Diakonie zugute. Wirsindaußerdem Mitglied im FachverbandFairWertung e.V.“, sagt Claudia Katzer, Fachbereichsleiterin beim Diakonischen Werk für Berufliche Integration undDienstleistungen. „Zusammengefasst istunser Secondhand-Handelein nachhaltigesKonzept undverbunden mitzahlreichen ökologischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Vorteilen“,soKatzer: wichtigesAktionsfeld fürdie sozialeund arbeitsmarktlicheIntegration langzeitarbeitsloserMenschen dieMöglichkeit, andere Menschenzuunterstützen (Spende) Angebote schaffen fürMenschenmit einemkleinen Geldbeutel deutlicheEffekte hinsichtlich CO2-Einsparung deutlich längere Verwendung ausgedienter Kleidung Sensibilisierung fürschonendenKonsum Veränderte Struktur „SeiteinigenJahrenändertsichdie Mieterstruktur in derNordstadt“,bemerkt Passgenau-Leiterin SusanneThoma. ZunehmendStudierende such-

THEMA tendortnachgünstigerem Wohnraum. Nichtnur Geldmangel führe siein dieKleiderecke von„Passgenau“, sondern mehr undmehrauch derNachhaltigkeitsgedanke, so Thoma. Wasauffällt in letzter Zeit:Nachden coronabedingtenLockdowns bewerben sich wieder zahlreiche jungeMenschenumMinijobs undbenötigen für einVorstellungsgesprächein „besseresKleidungsstück“, wie Blazer oder Anzug, dassie aber lieber für kleinesGeld in derKleidereckekaufenals teuerneu. Sowohl Studierende alsauch junge Familien undtatsächlich vieleMänner durchstöberndie Kleiderecke.Für Männer zähle auch dasArgument, dass siedort „schneller fertig“seien als in denGeschäften, hörtThoma. Günstige Preise unddas ThemaNachhaltigkeitstündenbei den Kund:innen ansonstenanersterStelle. Allein 20 bis30Verkäufe proWoche gingen an dieZielgruppejunge Familien/Studierende.Umdie Werbungfür denKleiderhandel musssichSusanneThomanicht kümmern: „Die Leutesindsuper vernetzt“. Das Gewichtvon Instagramund Co.spürt immer stärker NatalijaBosnjak. Sieführt seit 16 Jahrenden erfolgreichenSecondhand-und Vintage-Store„Rosig“ undlängst auch denzweiten Ladenmittenimschicken Viertel vonDortmunds City,inden StraßenRosental(EingangOlpe) undViktoriastraße.Natürlich zählt auch für dieerfahrene Chefin dasThema Nachhaltigkeit. Deshalb findetsie es schade,dassnachwie vorsoviele Kund:innen in die Dumpingpreis-Modelädenlaufen,die jedenMonat eine neue Kollektion auf denMarkt werfen.NatalijaBosnjak sagt,generellhabesie nichts gegen Fast Fashion, aber gegenübermöglichenLiferant:innen betont sie: „Fast JulianeHallund Natalija Bosnjakvom schicken „Rosig“ Fashionhat keinenWiederverkaufswert.“ Bosnjakverkauft hochwertiges Getragenes,Designermode. Durch dieZweit-oderDrittverwertung blieben Kleidung, Schuhe undAccessoireslängerimKreislauf erhalten. DenEinfluss vonInstagram nimmt siedeutlich wahr.Daschneit schon einmal eine jungeFrauherein, fragt nach einembestimmten,beworbenen Prada-TaschenmodelloderähnlichluxuriösenLeder-Kreationen undist enttäuscht,wennplötzlich alle Nutzer:innen vonSocialMedia justdieses Täschchenhaben wollen.Die vielen Stamm-Lieferant:innen von„Rosig“ sorgen aber regelmäßigfür Nachschub an begehrtenLabelsund heißenDesigner-Stücken. Fast genausolange wiedas „Rosig“ existiertdie Second Hand Factoryan derRingofenstraße im StadtteilAplerbeck,ein weiterer Gebrauchtmode- Storevon deutlich über einemDutzend alleininDortmund. Chefin Jenna Westleyempfängtihre Kund:innen dortauf weitläufigen 400Quadratmetern Shop-Fläche.Alles istnachFarbenund Größen sortiert,und auch hier dominieren Markenware undfeine Labels.Das Gros derKäufer:innen sind Frauen um die40/45.Stammkund:innen reisen sogaraus Hagen und Münsteranfür Schnäppchen wieetwaeinen Pulli vonClosedfür 49 Euro. Davon erhältdie Lieferantindes Pullis 20 Euro.Der Rest fließtindie Factory undindie Mehrwertsteuer. „Wir nehmen keine Discounter-Ware“,unterstreicht JennyWestley. DenBlick für das, wasgut geht beiihren Kund:innen, denhaben ihre geschulten Augenlängst. Foto: privat Gutsortiert: DieSecondHandFactory 11

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