THEMA Deutschland im Durchschnitt Dirk Gebhardthat dieRepublik durchquert.Laufend hater beiseiner Reiseerkundet, wasdas Land im Innerstenzusammen hält, wasdie Menschen vereintund trennt.Entstandenist eineSozialstudie. Am Tag der Deutschen Einheit zog Dirk Gebhardt aus, um seine Heimat zu erkunden. Nicht mit dem liebsten Vehikel seiner Landsleute, sondern zu Fuß. Statt die verschiedenen Regionen zu erfahren, wollte er etwas über die Menschen in Erfahrung bringen. Um in ihre gute Stube und so manchen Kochtopf schauen zu können, quartierte sich der Professor für Bildjournalismus der Fachhochschule Dortmund nicht im Hotel ein, er ging auf Herbergssuche. Gemeinsam mit einem Kollegen nächtigte er auf Klappsofas, in Jagdhütten und Dorfkneipen. „Abgeblitzt sind wir eigentlich nirgendwo“, berichtet der 47-Jährige. Im Osten öffneten sich die Türen allerdings oft zögerlicher als im Westen. „Wir waren zur Zeit der Pegida-Demonstrationen dort und haben die Vorbehalte Journalisten gegenüber schon zu spüren bekommen.“ Abgesehen davon waren die Unterschiede jedoch geringer als erwartet und die Probleme vielerorts die gleichen. „Gerade im ländlichen Raum sind einige Gebiete in Ost wie West gleichermaßen strukturschwach.“ Den Ärztemangel erlebte Dirk Gebhardt bei Michael Waltenberg in Oberkirchen. Der 69-Jährige würde nach seinem Herzinfarkt das Stethoskop gerne abgeben, doch der einzige Allgemeinmediziner weit und breit findet keinen Nachfolger. Und seine Patienten werden immer älter. Denn trotz Traumkulisse im Grünen warten dort gepflegte Fachwerkhäuser mit 120 Quadratmetern für gerade mal 30 000 Euro vergeblich auf junge Familien. „Die Leute wollen sie nicht einmal geschenkt. Die schlechte ärztliche Versorgung, Kitas und Schulen, die zu weit entfernt sind, wirken abschreckend“, berichtet Dirk Gebhardt. Die allgemeine Landflucht begegnete dem Wanderer auch bei Kilometer 489,8 am Kyffhäuser. „Dort ziehen die gut ausgebildeten Frauen von Thüringen ins nahe Hessen, weil dort die Stundenlöhne um sieben Euro höher liegen“, berichtet Dirk Gebhardt. Je kleiner die Orte, umso größer erlebte er den Zusammenhalt. Jeder kennt jeden und weiß auch um die Sorgen hinter schmucken Fassaden. In Schmallenberg berichtete Busfahrerin Rosi König, dass in den adretten Häuschen keineswegs der Wohlstand wohnt. „Armut ist ein Thema, das uns quer durch die Republik begleitet hat. Im Kloster Knechtsteden ganz im Westen erzählte uns der Abt, dass seine Schwester mit 91 Jahren von 600 Euro im Monat lebt. Im Sauerland sind viele Menschen auf Mini-Jobs angewiesen oder stocken gar auf und in Görlitz sind uns die Probleme nicht nur in der Bahnhofsmission begegnet. Das hatten wir so nicht erwartet.“ Ein Armutsanteil von mitunter 20 Prozent sei eine Realität, an der auch die Politik vielfach vorbeischaue. Soziale Gerechtigkeit ein allgegenwärtiges Thema, an das sich dennoch niemand so richtig herantraue. „Dafür müssten einige wirtschaftspolitische Dogmen der 90 Jahre außer Kraft gesetzt werden – zum Beispiel, dass der Markt alles regelt. Der Markt re- Pierre-Yves, Leuna spielt Touch-Rugby: Die SG Spergau stellt das Gelände. Funkengarde Heggen 8
THEMA Silvia Haberle lebt mit ihren beiden Töchtern in Witzenhausen sehr naturverbunden. Foto [5]: Dirk Gebhardt gelt per se nichts. Genauso wie die Idee des ständigen Wachstums und der Produktivitätssteigerung eine Illusion ist“, sagt der Beobachter. Damit mehr Menschen von ihrem Lohn leben können, müssten ein paar Wenige auf das Noch-mehr-Geld-Verdienen verzichten. „Denn soziale Schichten werden vererbt“, betont Dirk Gebhardt. Für ihn war seine Reise auch eine Sozialstudie. In den vielen Fotos und kleinen Geschichten seines gerade erschienen Buches Quer durch zeichnet er sein Bild von Deutschland. Den individuellen Erfahrungen und Eindrücken setzt er nackte Statistik entgegen. Die Zahlen belegen ein sichtbares Lohngefälle von 22,39 Euro Stundenlohn im Westen zu 15, 22 Euro im Osten. Die unterschiedliche Bezahlung zwischen Männern und Frauen führte ihm unterwegs Juliane Hippe besonders vor Augen. Die Messwartenfahrerin, die er bei Kilometer 565,3 in Leuna traf, arbeitet als einzige Frau im einst größten Chemiewerk Deutschlands. Sie leistet viel und verdient elf Prozent weniger als ihre Kollegen – gegen die sie sich in einer Männerwelt immer wieder neu behaupten muss. „Ihr Ansporn ist zu beweisen, dass sie mithalten kann“, erzählt Dirk Gebhardt. Er erreichte nach 819 Kilometern in elf Etappen am Tag der Deutschen Einheit ein Jahr später den östlichsten Punkt Deutschlands. Unter drei Eichen direkt an der Neiße endete seine Reise. Dem Durchschnittsdeutschen ist der Heimatentdecker unterwegs nicht begegnet. Für ihn bleibt die Erkenntnis, dass Deutschland heterogener ist, als gedacht. In den meisten Köpfen spielt die Region die Hauptrolle. „Die Menschen sind sehr verwurzelt. Die Korbacher sehen sich nicht als Hessen, sondern als Waldecker und die Wingerorder nicht als Thüringer, sondern als Eichsfelder“, sagt Dirk Gebhardt. Von den eigenen Klischees hat der Spaziergang durch die Republik ihn kuriert. „Mein Bild vom deutschen Hinterland als kleinbürgerlich, spießig und egoistisch musste ich definitiv korrigieren. Die Menschen, denen wir begegnet sind, waren sehr offen, LPG T Freies Leben, Skäßchen. Manfred Engelmann ist seit DDR-Zeiten Leiter der LPG T. empathisch und engagiert. Natürlich gab es den Gartenzwerg, aber eben auch Leute, mit denen ich gerne ein Bier trinken gegangen bin.“ In kleinen Orten hat er die große Welt getroffen. In Korbach ist der Stadtkantor ein bekennender Homosexueller und in Witzenhausen gibt es eine Niederlassung der Transition Town, die eine essbare Stadt zum Ziel hat. „Das hatten wir alles nicht erwartet. Deutschland ist viel bunter, als wir alle glauben.“ Dominique Schroller 9
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April 2017 - coolibri Recklinghausen, Gelsenkirchen, Herne
Carolin Kebekus über lustige Frauen, Rita McBride über Kunst zum Anfassen, der Record Store Day im Überblick
Die Entdeckung der Einfachheit: Mit der achten Ausgabe von RUHRGEBEEF zeigen wir, wie’s mühelos lecker wird! Mit dem Dortmunder Starkoch Phillip Schneider haben wir ein ungewöhnliches und günstiges Produkt gegrillt. Das Herz: einfach in der Zubereitung und eines der besten Steaks am Rind! Wir beantworten die Frage „Rib Eye oder Filet“ ganz simpel mit „Petite oder Hanging Tender“. Und selbst bei der vermeintlich profanen Bratwurst kann das Ergebnis ganz leicht noch viel besser werden. Wir verraten wie! Daneben gibt’s Hirschschnitzel auf Japanisch, Obstbrände aus dem eigenen Garten und Kräuter von den Auen und Wäldern des Ruhrgebiets. Und im Rezeptteil lassen sich Weltmeister und Outdoor-Experten erneut über die Schulter gucken. RUHRGEBEEF No. 8 – leichter kann man es sich nicht machen!
Wer jagt gewinnt: Ganz besonders bei uns im Ruhrgebiet! Wie ein 300 Pfund schwerer Hirsch in feinste US-Cuts vom Ribeye bis zum Tri-Tip zerlegt wird, zeigte uns eine Fleischerei in Essen. Bestes Brot aus Bochum haben wir ebenso ins Visier genommen und ein Dortmunder Star-Koch landet etliche Treffer mit seinen tollen Tomaten-Menüs. Mit der Bruderschaft des guten Geschmacks pirschten wir in Castrop-Rauxel durch die Küche und haben natürlich auch schon die neue Steak-Manufaktur in Gelsenkirchen gesichtet. Nachgeladen wird mit zahlreichen Rezepten zum Nachgrillen und –kochen: von den Spare Ribs über den Rehrücken bis zur waschechten Pott-Roulade. RUHRGEBEEF gibt es in unserem Online-Shop (www.shop.ueberblick.de) und im Buchhandel.
Das neue RUHRGEBEEF Sommer im Revier – Grillgut auf dem Rost. Klar, sind wir wieder losgezogen. Haben mit Tom Heinzle einen der besten und berühmtesten Griller der deutschsprachigen Szene getroffen. Beim Zehn-Gänge-Menü konnten wir viel lernen und wollen das unseren Lesern nicht vorenthalten. Und es geht sogar noch edler. Von Heiko Antoniewicz ließen wir uns erklären, wie man Fleisch und Fisch bestens veredeln kann. Ganz nach dem Motto der sechsten Ausgabe: „Dry it Yourself“. RUHRGEBEEF gibt es in unserem Online-Shop (www.shop.ueberblick.de) und im Buchhandel.
Ommas Lieblingsapfelkuchen, klassische Schwarzwälderkirsch oder vegane Cupcakes? Wir von coolibri wollten wissen, was der Pott backt. Deshalb begaben wir uns auf die Suche nach Back-Rezepten aus den kreativsten Küchen des Ruhrgebiets und haben unsere Leser nach ihren Lieblingsbackwerken gefragt. Aus all den Einsendungen haben wir die 18 besten Rezepte in unserem ersten „Lust auf Backen“-Magazin versammelt.
In unserem Special zur Landtagswahl 2017 in NRW stellen sich Mitglieder der stärksten Parteien aus den größten Städten zwischen Düsseldorf und Hamm vor.
Das Wintersemester 2015/2016 hat gerade begonnen, da wird die Welt, wie wir sie kennen, in ihren Grundfesten erschüttert. Denn am 21. Oktober landet im amerikanischen Hill Valley Marty Mc Fly, der vor exakt 30 Jahren „Zurück in die Zukunft“ gereist ist. Gleichzeitig erlebt ihr Studis gerade eure ganz eigene Reise durch die universitäre Gegenwart. Für euch haben wir das neue Campus-Magazin entwickelt. Als Ratgeber, Handbuch für abendliche Zerstreuung oder als Pausenfüller zwischen den Seminaren.