Events, Trends und Reportagen für die Rhein-Ruhr-Region
coolibri
Aufrufe
vor 6 Jahren

September 2017 - coolibri Oberhausen, Duisburg, Mülheim

INTERVIEW B O C H U M

INTERVIEW B O C H U M Will seine Zeit gut nutzen: Olaf Kröck Wie wird man eigentlich Kurzzeit-Intendant eines so großen Hauses? Als die Suche der Stadt nach einem Nachfolger Anselm Webers lange dauerte und keiner mit uns sprach, wurden wir schon unruhig. Anselm hat sich dann stark gemacht für das Haus und die Spieler. Recht kurzfristig hat er dann auch mit mir über die jetzt realisierte Möglichkeit gesprochen. Ich hatte nicht viel Zeit zu überlegen, was mache ich eigentlich, wenn die mich fragen? Dann ging es schnell. Mittwochs kam die Anfrage, Donnerstag gab es ein längeres Gespräch, Freitag wurde ich zum Intendanten gewählt. Noch am Wochenende fragte ich bei Regisseuren nach. Denn branchenintern ist der Zeitrahmen eng. Es gab deshalb auch viele Absagen. Aber trotzdem steht jetzt ein Spielplan? Ja, klar. Es ist eine Intendanz mit allem, was dazu gehört. Das ist mir und uns wichtig. Sie ist relevant für die Geschichte dieses Hauses, das ist wichtig für das Selbstverständnis dieses Hauses. Ein Fußballvergleich: ein befristeter Trainer mit einem Kader aus Spielern, deren Verträge allesamt auslaufen. Ein internationaler Erfolgstrainer steht in den Startlöchern. Da ist doch kein Erfolg möglich? Das ist anders. Der Lustfaktor ist bei allen sehr hoch, es gab viel Bestätigung. Viele bleiben gerne, ein Beispiel ist etwa Bettina Engelhardt. Es kommen sogar großartige Schauspieler dazu, die beschlossen haben, dass 16 Foto: Knotan „Kunst und Unterhaltung ist kein Widerspruch.“ Kurz mit Kröck Olaf Kröck möchte nicht „Interim“ sein. Er wird Intendant, beerbt damit seinen langjährigen Chef Anselm Weber und wird ab Spätsommer in der ruhmreichen Geschichte des Bochumer Schauspielhauses die kürzeste Intendanz innehaben. Mitte 2018 übernimmt schon Johan Simons. Ein Gespräch mit Tom Thelen über Chancen und Schwierigkeiten einer ungewöhnlichen Art von Pop-Up-Intendanz. das gut für sie ist. Etwa die fabelhafte Johanna Eiworth aus Freiburg. Was werden wir sehen? Vor allem Bochumer Erstaufführungen. Nur vier der 25 Premieren waren schon mal hier zu sehen. Manchmal ist das kaum zu glauben, aber wir haben ausführlich recherchiert. Sehr stolz sind wir darauf, die Rechte für den Broadway-Erfolg „The Humans. Eine amerikanische Familie“ von Stephen Karam bekommen zu haben. Aber es sind nur wenige „echte“ Dramen im Spielplan?! Dafür Filmund Romanadaptionen, eine „Überschreibung“ oder auch eine Adaption des autobiografischen Textes von Daniel Paul Schreber. Wir stehen durchaus fest in der Tradition der Menschendarstellung. Aber heute gibt es viele flexible Möglichkeiten der Darstellungsformen. Aber keine Sorge: die traditionelle Linie mit starken Schauspielern und Regie- Ästhetiken kommt nicht zu kurz, auch wenn wir viel experimentieren. Auch neu: wir gehen mit zwei Stücken auf die türkischstämmige Gemeinschaft ein. Wir wollen raus aus Blasen und Milieus, raus aus den Fallen der Repräsentation, andere Kulturtechniken integrieren. Und neue Kommunikationsformen testen. Mit aktiven Zuschauern etwa. Das ist viel Programm und Konzept für eine kurze Zeit. Ich bin gar nicht dogmatisch, ich bin pragmatisch. Ich glaube, dass Theater das Wichtigste auf der Welt ist. Für mich. Ich weiß aber auch um die Blase in der wir alle leben. Wir können unterhalten, das wissen wir. Kunst und Unterhaltung ist kein Widerspruch. Kunst braucht aber, das verbindet sie wiederum mit der Wissenschaft, ökonomische Freiräume. Was macht Olaf Kröck denn nach dem Bochumer Abenteuer? Vielleicht sitze ich ja 2018 auch erst mal eine Weile täglich im Café Zentral und genieße den Tag. Unwahrscheinlich. Wir danken für das Gespräch.

COOLIBRI LOKAL O B E R H A U S E N Fremde Kulturen Torben in der chinesischen Millionenmetropole Quanzhou. Leonie beim Reiten in Baschkortostan. Angefangen hat alles vor 25 Jahren mit einem Austausch von Schülern aus Oberhausen und Middlesbrough. Inzwischen beteiligen sich 14 Länder am internationalen Jugendprogramm. Ein Erfolg, der um die Welt geht. Fotos: Stadt Oberhausen In eine fremde Kultur einzutauchen, hat Torben Pütter vom ersten Moment an fasziniert. Der 17-Jährige wollte einen Alltag erleben, der ganz anders ist, als alles, was er bisher gewohnt war. „Das hat mich sehr gereizt.“ Seine Vorstellung von Quanzhou war allerdings wenig farbenfroh: Menschen mit Mundschutz, sowie Lärm und Schmutz einer Millionenmetropole bestimmten das Bild in seinem Kopf. Der Kontrast zu den Eindrücken vor Ort hätte kaum größer sein können. „Es war alles sehr exotisch. Besonders die Tempelanlagen mit ihren bunten Gebäuden und riesigen Statuen haben mich beeindruckt“, berichtet der Schüler. Zwei Wochen lang hat er die chinesische Partnerstadt des Austauschprogramms Multi mit seinen Augen entdeckt. „Es war extrem anders. Allein durch meine Größe bin ich überall aufgefallen. Die Leute haben ständig Fotos von mir gemacht, weil ich als Tourist eine Attraktion war. Das war ein komisches Gefühl.“ Bei Tisch schluckte er manches, was er zu Hause nie angerührt hätte. „Es gab sehr viele Meerestiere, aber auch Hühnerfüße und Schweinehirn. Am ersten Tag musste ich mich noch überwinden, doch danach habe ich alles probiert.“ Seinen Austausch-Partner hatte er bereits im vergangenen Jahr kennen gelernt. „Da war er bei mir zu Gast und nun war ich gespannt darauf, seine Familie kennen zu lernen.“ Der Vater hat viel gearbeitet, die Mutter war sehr um das Wohl des deutschen Gastes besorgt. „Sie haben mich sofort ins Herz geschlossen, obwohl die Eltern kein Englisch konnten“, berichtet Torben Pütter. Mit seinem Gast-Bruder hat er sich intensiv über die Kultur und das Alltagsleben ausgetauscht und dabei viele Gemeinsamkeiten entdeckt. „Wir haben festgestellt, dass es auf der persönlichen Ebene keine Grenzen gibt.“ Über Begegnungen Brücken bauen Genau das ist der Grundgedanke von Multi. Das Programm der Stadt Oberhausen soll über Begegnungen Brücken bauen und Vorurteile abbauen. Mehr Verständnis für andere Kulturen ist das Ziel. „Teilweise haben sich daraus Kontakte entwickelt, die langfristig bestehen bleiben“, sagt Projekt-Koordinator Marc Grunenberg. Rund 150 Jugendliche zwischen 13 und 18 Jahren nehmen jedes Jahr entweder Gäste aus aller Welt bei sich auf oder reisen in die Partnerstädte. Vor Ort gibt es Gemeinschaftsveranstaltungen wie Workshops oder Sozialtage, aber auch Familienzeit, um den Alltag zu erleben. „Das sind Eindrücke, die bleiben. Das macht das Programm deutschlandweit so einzigartig“, sagt Marc Grunenberg. Leonie Wagner wird ihre Bilder vom grünen Herzen Russlands sicher nicht so schnell vergessen. „So viel Natur hatte ich nicht erwartet und hätte nie gedacht, dass es dort so schön ist“, schwärmt die 18-Jährige von ihrem Besuch in der Teilrepublik Baschkortostan. Ihre Austauschpartnerin hatte sie bereits 2013 in der Türkei kennen gelernt. „Wir haben uns auf Anhieb gut verstanden und den Kontakt gehalten.“ Im vergangenen Jahr zeigte die Oberhausenerin ihr das Ruhrgebiet, nun reiste Leonie Wagner selbst ins Abenteuer. Sie lernte eine Stadt kennen, die sie sonst nie besucht hätte, besichtigte die Moschee, lernte muslimische Gebetsrituale sowie russische Kultur kennen. „Das war alles sehr neu für mich und gleichzeitig sehr spannend.“ In der Familie fühlte sie sich schnell zu Hause. „Meine Gastschwester hat auch drei Geschwister und vieles war gar nicht so anders, als bei uns“, berichtet die Schülerin. Die Herzlichkeit der Menschen hat sie so berührt, dass sie sicher nicht zum letzten Mal in Baschkortostan war. Die Freundschaft nach Russland möchte sie pflegen. „Meine Austausch-Partnerin und ich wollen uns unbedingt wiedersehen – auch außerhalb von Multi.“ Torben Pütter geht es ähnlich. Sein Gastbruder möchte gerne in Deutschland studieren. „Da bin ich gespannt, ob das klappt. Doch ich bin sicher, dass die Freundschaft bleibt.“ Dominique Schroller multi-online.org 17

Erfolgreich kopiert!

coolibri Magazine 2020/21

coolibri Magazine 2019

coolibri Magazine 2018

coolibri Magazine 2017

coolibri Magazine 2020/21

coolibri Magazine 2017

coolibri Magazine 2019