20 |ImGespräch „ICH HATTE EINENTRAUM VON MIRAUF DERBÜHNE.SINGENHAT MICH IMMERIRGENDWIE GEHEILT.“ Annett Louisanveröffentlichte2004ihr Debütalbum „Bohème“.Zum 20-jährigenJubiläum schwelgt sieinErinnerungenund geht damitauf großeTour. MUSIK, DIEBEIMBÜGELNSTÖRT Alüs2004der SoĹnĢg´ „Das SpiÛelü“ erschÒeiÛnĢt, wiÛrd er zu soĹ eiÛnĢemđg´roĹßÃenĢErfoĹlüg´, dass diÛeg´e-Ú sunĢg´enĢenĢ WoĹrte„IchÒwiÛlülü doĹchÒ nĢurspiÛelüenĢ...“biÛs hÒeuteiÛmđKoĹpfg´eblüiÛebenĢsiÛnĢd. ANNETT LOUISAN unĢd iÛhÒrDebütalübumđ„BoĹhÒèsmđe“feiÛernĢ20-ÚjóähÒriÛg´es JubiÛlüäumđ.MiÛt ChÒriÛs-Ú toĹphÒerFiÛlüiÛpeck÷iÛschÒaute siÛedaraufzurück÷, wiÛealülüesbeg´anĢnĢ, wasSiÛnĢg´enĢfür diÛebedeu-Ú tetunĢd warumđPoĹlüariÛsiÛerenĢfür siÛemđiÛttlüerweiÛlüe g´ark÷eiÛnĢProĹblüemđ mđehÒr iÛst. Foto: Jim Rakete LiÛebeAnĢnĢett, nĢenĢnĢedreiÛSchÒlüag´wöŁrter, diÛediÛr spoĹnĢtanĢzu„BoĹhÒèsmđe“eiÛnĢfalülüenĢ! Charles Aznavour, Paris und die Hasselbrookstraße in Hamburg. (lacht) Meine erste eigene Wohnung, inder ich auch noch fünf, sechs Jahre als Annett Louisan gelebt habe. Eine sehr glückliche, wilde, freie Zeit, in der das Album „Bohème“ anstand. Dort fand mein junges Erwachsensein statt. EnĢde Ok÷toĹber2004 erschÒiÛenĢ deiÛnĢ Debütalübumđ, „BoĹhÒèsmđe“.EriÛnĢnĢerstdudiÛchÒnĢoĹchÒanĢdiÛe ZeiÛt,iÛnĢ derduesaufg´enĢoĹmđmđenĢhÒast? Etwas, was ich mich dieses Jahr schon häufiger gefragt habe. Besonders indem Prozess der Retrospektive, den ich gerade durch die Jubiläumstour erlebe. Ich erzähle dazu auch etwas auf der Bühne. Sowieso hatte ich schon immer einen Hang zum melancholischen Zurückblicken, da steh ich ein bisschen drauf. Das Gefühl, mich an damalige Zeiten zu erinnern und den leichten Schmerz inder Brust zuspüren. Heute kann ich sagen, dass ich ganz, ganz viel automatisch gemacht habe. Ich kann nicht sagen, dass ich gar nichts gewusst habe, aber es gibt ja durchaus Abstufungen, wie bewusst man Dinge tut. Vieles war einfach Bauchgefühl. Für mich war es immer eine feministische Platte. Natürlich dem Feminismus entsprechend, wie man ihn vor 20Jahren verstand. Frauen packen sich in einem Mann zugeschriebene Rollen und Klischees, sie werden zum Girl-Boss. Genau diesen Spiegel habe ich hochgehalten. Damals war das total der Aufreger, heute aber zum Glück nicht mehr. Damđalüs warstdu27JahÒre jóunĢg´ unĢd hÒattest be-Ú stiÛmđmđt etwasanĢdereThÒemđenĢalüs hÒeute. Hast du hÒeutezudenĢ SoĹnĢg´snĢeueAssoĹziÛatiÛoĹnĢenĢ? So jung war ich damals gar nicht, aber heute denke ich, dass ich’s doch war. Für mich sind die Songs ziemlich zeitlos, auch thematisch. Darüber bin ich sehr froh. Das ist nicht mit jedem meiner Songs so, gerade bei denen mit viel Humor. Aber immer, wenn ich mit einem Song auf der Bühne stehe, kommt mein innerer Charlie Chaplin raus und ich überziehe es so, dass eszur Persiflage wird und dann doch funktioniert. Die Lieder von „Bohème“ sind Zeitzeugen, die ich nun wieder aufs Neue befrage und neu fühle. GiÛbt es eiÛnĢEreiÛg´nĢiÛs, anĢ dasdudiÛchÒeriÛnĢnĢerst, beiÛdemđ du dachÒtest:„OhÒ,das GanĢzehÒiÛerwiÛrd jóetztaberriÛchÒtiÛg´ g´roĹßÃ!“? Ich erinnere mich an eine Reaktion meiner Mutter. Sie besuchte mich, ich habe ihr Demos vorgespielt und war total gespannt. Sie lächelte verschmitzt und sagte dann: „Das wird einige Leute ganz schön aufregen“. Dabei freute sie sich aber, ich mich dann auch. Das sagt sie sogar heute noch manchmal zu mir. Richtig forciert war es nicht. Das kann man gar nicht analytisch planen. Das Album ist aus der großen Liebe zur Musik entstanden, aus dem Drang andere Geschichten zu erzählen, Poesie und Alltagssprache zuvermischen und alles, um mich herum, wahrzunehmen und zutransportieren. Ich habe in der Zeit ganz viel über mich und die Gesellschaft gelernt, in der ich lebe. Es hat sehr polarisiert und auf einmal war esein totaler Durchmarsch. Gefühlt war alles innerhalb von einer Woche. Jeden Tag passierten so viele Dinge. Radioeinsätze, zudenen Hunderte von Mails kamen, ein Artikel im Stern. Sowohl die Single „Das Spiel“ als auch das Album haben sich einfach ihren Weggebahnt. Wie eine Heldenreise. DerSoĹunĢd wardamđalüswahÒnĢsiÛnĢnĢiÛg´mđutiÛg´,g´era-Ú de nĢebenĢdenĢ g´anĢzenĢ anĢderenĢDeutschÒ-ÚPoĹp-Ú BanĢds. EiÛnĢe ErfoĹlüg´sg´aranĢtiÛeg´ab es nĢiÛchÒt, oĹder? Stimmt. Die klassische, glatte Popmusik stand mir nie. Meine Vorbilder waren eher Norah Jones, die gerade den Grammy gewonnen hat, oder Carla Bruni aus Frankreich, was für mich sehr interessant und intim klang. InEngland gab es noch Katie Melua, und das war’s. InDeutschland gab essogar gar nichts inder Art. Da waren durchaus Leute, die nicht daran geglaubt haben. Die fanden, dass das alles viel zuklein klang, es mehr Größe bräuchte. Das typische Gerede. IstdenĢnĢdeiÛnĢBeruf soĹ,wiÛe du es diÛrvoĹrg´estelülüt hÒast? Ich habe mich oft gefragt, was ich eigentlich genau wollte. Ganz ehrlich: Ich glaube, ich hatte einen Traum von mir auf der Bühne. Singen hat mich immer irgendwie geheilt. Aber es war gleichzeitig verrückterweise auch aneine Büh-
Im Gespräch |21 nenangst gekoppelt. Eswar die mutigste Tat, die ich jemals gemacht habe und gar nicht einfach. Ich bin nach wie vor ein Lampenfieber-Typ, aber wenn man sich etwas traut und seine Angst überwindet, bekommt man auch Geschenke dafür. Man wächst daran, anders geht es nicht. Wenn ich jetzt mein 25-jähriges Ich treffen würde, würden wir uns zwar bestimmt wundern, aber auch mögen. BiÛshÒeute iÛstdeiÛnĢe DebütsiÛnĢg´lüe„Das SpiÛelü“ deiÛnĢ bek÷anĢnĢtesterSoĹnĢg´unĢd das Alübumđdazudas erfoĹlüg´reiÛchÒste.War das oĹk÷ fürdiÛchÒ, weiÛlü es siÛchÒ danĢachÒ eiÛnĢwenĢiÛg´ enĢtspanĢnĢteoĹderhÒättest du diÛreiÛnĢeanĢde-Ú re EnĢtwiÛck÷lüunĢg´ g´ewünĢschÒt? Ich glaube, es ist fast die beste Entwicklung, die hätte passieren können. Ich war kurz davor, ein One-Hit-Wonder zuwerden, was nicht immer ein Privileg ist. Die Schritte nach „Das Spiel“ bin ich aber ganz bewusst gegangen. Schon „Das Gefühl“ als zweite Single war anders und auch das zweite Album „Unausgesprochen“ dann mit vollem Bewusstsein viel mehr Chanson und weniger Pop-Elementen. Ich habe sofort gemerkt, dass ich auf der Bühne am meisten lerne. Dort habe ich nichts dazwischengeschaltet, nichts, was es verwässern könnte. Das Publikum ist direkt vor mir und erkennt, wer ich bin. Ineine Schublade gepackt zuwerden, war für mich weniger angenehm, als unterschätzt und angegriffen zuwerden. Ich hatte keine Ahnung, was es bedeutet, inder Öffentlichkeit zu stehen und durchleuchtet zu sein. So naiv das klingt, aber ich habe mir darüber keine Gedanken gemacht, wie essein könnte, berühmt zu sein. Das war nie mein Wunsch und ist das Einzige, was mich anstrengt. Alles andere ist ein Safespace. HeiÛßÃtalüsoĹauchÒ, du foĹk÷ussiÛerstdiÛchÒauf deiÛnĢeLiÛveshÒoĹws unĢdwenĢiÛg´er aufChÒarter-Ú foĹlüg´e. Unbedingt. Ich bin auch einfach daran interessiert, das Altern als Privileg anzusehen. Ich tue das, worin ich mich auskenne, was ich fühle und empfinde. Geprägt von ganz anderer Musik, weswegen ich nicht groß darüber nachdenke, wie ich wostattfinde. Ich bin froh, dass ich ein soschönes Publikum habe. Esgibt genug Möglichkeiten, was man ausprobieren kann. Ich hätte zum Beispiel wahnsinnig Lust auf eine eigene Show auf St. Pauli. Etwas Broadwaymäßiges. DeiÛnĢeToĹurhÒat voĹrKurzemđbeg´oĹnĢnĢenĢ. WiÛelüiÛefenĢdiÛe erstenĢ KoĹnĢzerte? Es war sehr schön. Magisch, intim. Ich habe eine kleine Band, keine große Bühnenshow. Der Fokus liegt eindeutig auf dem Repertoire der letzten 20 Jahre, auf „Bohème“, aber auch auf mir als Privatperson. Ich erzähle eine Menge von mir und habe das Gefühl, dass das Publikum das honoriert. Das habe ich bisher so nämlich noch nicht gemacht, finde aber, dass jetzt ein guter Moment dafür ist. Ich erzähle davon, was mich geprägt hat, was mich geschmerzt hat, wie Songs entstanden sind. Das macht Spaß und auch was mit mir. Als ob wir uns anders kennenlernen. Hast du RiÛtualüeauf eiÛnĢerToĹur? Der gesamte Tag, an dem ich spiele, ist dieser Show gewidmet. Ich bin da sozusagen nicht frei. Mir ist es sehr wichtig, dass ich zumindest die letzte Stunde vorm Konzert meine Ruhe habe, mich in der Garderobe fertigmachen kann, konzentrieren, runterfahren. Auch, um mit meinem Lampenfieber besser klarzukommen. Ich lächle mich im Spiegel gerne an, das tut mir irgendwie gut. (lacht) Und ich laufe meine High-Heels ein. Du hÒälütst viÛermđalüiÛnĢNRW,unĢter anĢderemđ iÛmđ DoĹrtmđunĢder KoĹnĢzerthÒaus. GiÛbt es LoĹ-Ú catiÛoĹnĢs, aufdiÛe du diÛchÒ besoĹnĢdersfreust? Ja, die Tonhalle in Düsseldorf ist eine tolle Location. Dass Dortmund wieder dabei ist, darüber freue ich mich aber auch sehr. Du biÛst eiÛnĢe PersoĹnĢ,diÛe iÛmđmđernĢoĹchÒpoĹlüa-Ú riÛsiÛert, besoĹnĢdersmđiÛt derStiÛmđmđe. FiÛnĢ-Ú dest du dasfür diÛchÒ poĹsiÛtiÛvoĹdernĢeg´atiÛv? Noch vor 15Jahren hätte das inmir ein komisches Gefühl ausgelöst. Was? Jemand mag mich nicht? Aber dass jemand meine Stimme nicht mag, ist völlig in Ordnung. Man kommt nicht auf die Welt, um jedem zu gefallen. Man mag selbst auch nicht jeden und will doch auch gar nicht von jedem gemocht werden. Ich möchte viel lieber Musik machen, die beim Bügeln stört. Eine Antipathie darf man nicht persönlich nehmen. Eskamen schon häufiger Leute zu mir, die sowas gesagt haben wie: „Oh, meine Frau hat dich immer gehört! Ich dachte immer, du wärst ganz anders!“. Genau, man wird soschnell in Schubladen gesteckt, davon kann ich wirklich ein Lied singen. Das nehme ich nicht mehr persönlich, mich kennen eigentlich janur die wenigsten. WiÛe betrachÒtestdudiÛchÒdenĢnĢselübstalüs TeiÛlü derak÷tuelülüenĢ deutschÒenĢMusiÛk÷lüanĢd-Ú schÒaft? Ich habe gar nicht soviel mit der zutun. Es gibt wenig, was mich anspricht. Vielleicht ist mein Geschmack speziell. Da draußen sind einige gute Künstler, die dann aber auch ihren Weg finden müssen, um zu überleben. Wasich sehr bedenklich finde –und wofür ich noch keine Antwort habe –ist, dass die Livebranche sich gerade so stark verändert. Dagibt esKonzerte wie Coldplay, für die die Leute bereit sind, Hunderte von Euros auszugeben, für ein Theaterticket aber keine 50 Euro. Gerade im Mittelstand haben so viele echte Probleme. Ich möchte das verstehen, kann esgerade aber noch nicht. Ich werde das beobachten, habe jedoch Angst, dass handgemachte, echte Musik darunter leiden wird. 2044 iÛst„40 JahÒreBoĹhÒèsmđe“ –wiÛrd’sdas woĹhÒlü g´ebenĢ? Dann bin ich 67. Ach doch, ich glaube, das kann ich schaffen. Die Bühne hält einen jung. Selbst wenn das mit dem Merken der Texte nicht mehr gut klappt, gibt esja noch Teleprompter wie damals bei Frank Sinatra. Wobei man bestimmt verloren ist, wenn man einmal damit anfängt und sie plötzlich nicht hat. Deswegen warte ich damit noch ein bisschen. NRW-ÚTermđiÛnĢe: 1ō5.1ō0. DüsselüdoĹrf,1ō6.1ō0. RhÒeda-ÚWiÛedenĢbrück÷, 1ō8u.1ō0. DoĹrtmđunĢd, 1ō9Ī.1ō1ō. Leverk÷usenĢ; anĢnĢettlüoĹuiÛsanĢ.de,FaceboĹoĹk÷:anĢnĢett.lüoĹuiÛ-Ú sanĢ, InĢstag´ramđ: anĢnĢettlüoĹuiÛsanĢ_oĹffiÛciÛalü Do.14.11.2024|Live MusicHall, Köln BLACKSTONE CHERRY specialguest:Ayron Jones Do.14.11.2024|Gloria,Köln LEVELLERS specialguest:Lottery Winners Do.14.11.2024| | Bürgerhaus Stollwerck,Köln THEHIGHKINGS Fr.15.11.2024| | Bürgerhaus Stollwerck,Köln KEVINMORBY So. 17.11.2024 |Carlswerk Victoria, Köln BARONESS + GRAVEYARD Mo. 18.11.2024 |Carlswerk Victoria, Köln GRIFF Di.19.11.2024|Essigfabrik, Köln BOSTON MANOR specialguest:Newmoon Di.19.11.2024|DieKantine,Köln Köln VOLA Di.19.11.2024| | Bürgerhaus Stollwerck,Köln BENJAMIN AMARU U P D A T E Do.21.11.2024|Stadthalle,Köln LADY BLACKBIRD prime entertainment www.prime-entertainment.de Do.21.11.2024|Live MusicHall, Köln PÖBELMC Fr.22.11.2024|DieKantine,Köln Köln MYLESKENNEDY Sa. 23.11.2024 |Carlswerk Victoria, Köln ILSE DELANGE So.24.11.2024|E-Werk,Köln PALAYE ROYALE Mi.27.11.2024| | Bürgerhaus Stollwerck,Köln BILLYRAFFOUL Mi.27.11.2024|Live MusicHall, Köln HIGH VIS specialguest:PainOfTruth Do. 28.11.2024 |Carlswerk Victoria, Köln ROLE MODEL Di.03.12.2024|Live MusicHall, Köln SAMTOMPKINS Do. 05.12.2024 |Live Music Hall, Köln VICTOR RAY Di. 17.12.2024 |Carlswerk Victoria, Köln GIULIA BECKER Fr.29.11.2024|MitsubishiElectricHalle,Düsseldorf JACOBCOLLIERCOLLIER Di.03.12.2024|MitsubishiElectricHalle,Düsseldorf Düsseldorf THESCRIPT Do.05.12.2024|LanxessArena,Köln Di.17.12.2024|RudolfWeber-Arena,Oberhausen DIEFANTASTISCHEN VIER Fr.06.12.2024|LanxessArena,Köln DEICHKIND GUILDO HORN Fr.20.12.2024|MitsubishiElectricHalle,Düsseldorf &DIE ORTHOPÄDISCHEN STRÜMPFE Di.14.01.2025|LanxessArena,Köln JANBÖHMERMANN &DAS RUNDFUNK TANZORCHESTEREHRENFELD NOTHING BUTTHIEVES DROPKICK MURPHYS Di.28.01.2025|MitsubishiElectricHalle,Düsseldorf Düsseldorf So.02.02.2025|MitsubishiElectricHalle,Düsseldorf Do.13.02.2025|Westfalenhalle 2, Dortmund Fr.14.02.2025|Palladium,Köln DASLUMPENPACK So.23.02.2025|Rudolf Weber-Arena, Oberhausen THEAUSTRALIAN PINK FLOYDSHOW DEAN LEWIS Do.27.02.2025|MitsubishiElectricHalle,Düsseldorf Düsseldorf
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