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März 2018 - coolibri Recklinghausen, Gelsenkirchen, Herne

MUSIK VON HIER Moglebaum

MUSIK VON HIER Moglebaum „Grown Heart EP“ Moglebaum are back. So ganz verschwunden waren sie zwar nicht, doch ein wenig ruhig war es in letzter Zeit um die Düsseldorfer Formation geworden. Untätig waren sie nicht: Endlich erscheint die langersehnte EP. Dass, was länge währt am Ende mehr als gut wird, ist hiermit bewiesen. In jedem Beat steckt Vielschichtigkeit, die Balance von Elektronik und analogen Instrumenten ist nahezu perfekt – und über allem: Die unverwechselbare Stimme von Sängerin Franziska Geiss. Mit oft wenigen Worten schafft sie es mit Leichtigkeit, jedem einzelnen Song das Wesentliche einzuhauchen: das Herz. Schön. VÖ: 16.2. - About To Shine Foto: Tarik Badaoui Busy Beast Das süße Leben Ugur Kepenek alias Busy Beast singt auf seiner gleichnamigen neuen EP ein Loblied auf „La Dolce Vita“. Und genauso locker, schwelgend und poppig klingt das Hip Hop-Werk. Im Interview mit Nadine Beneke verriet der Rapper, warum die EP für ihn „ein gebündeltes Paket Liebe“ ist. Bereits das Titelstück stellt klar: Eindeutig festlegen lässt Busy Beast sich nicht. Rappt er im einen Moment noch breitschultrig davon, an die Hoffnung glaubend die „Glocken baumeln“ zu lassen, sprengt er spätestens mit der Beschreibung seines Gefährts alle Klischees: „Den Nissan Micra musste ich inzwischen für 200 Euro verkaufen“, erzählt er, „das hat richtig wehgetan.“ Doch bevor der TÜV ablief, hielt der Rapper sein Tourauto noch für die Ewigkeit fest – im Video zu „La Dolce Vita“. Entstanden ist die bebilderte Hommage an das süße Leben auf Sizilien. „Die Natur inspiriert mich am meisten“, erzählt der 28-Jährige. Fünf neue Tracks habe er nach der Reise einfach so heruntergeschrieben. Überhaupt schreibt er jeden Tag. „Am liebsten Lovesongs“, sagt er. Auf der EP sind diese meistens fiktiv, manchmal auch nicht. Und manchmal einfach eine Liebeserklärung an die Leichtigkeit des Seins. Sich auf die positiven Dinge zu konzentrieren, sei vor allem eine Entscheidung, meint Ugur Kepenek. Genau wie das Musizieren: „Ich habe einfach nicht locker gelassen.“ Schon in seiner Familie spielten Wohlklänge immer eine Rolle. Die große Schwester war Hip Hop- Fan, die Eltern hörten Musik in Dauerschleife. Alte türkische Lieder beispielsweise. Die haben den Rapper auch für die neue EP inspiriert: „Die Musik schafft Bilder im Kopf. Sie ist immer romantisch“, sagt er. Zusammen mit seinem Zwillingsbruder Onur und dem Produzenten Timo Ziegert stand Kepenek bereits vor zehn Jahren als Rap-Trio Mental Movement auf der Bühne. Sein Solo-Erstlingswerk, „Der böse Zwilling“, erschien 2015. Dass er alleine loslegte, lag vor allem daran, dass er schon damals mehr Songs schrieb als seine Bandkollegen. Busy Beast eben. Nachdem er mit der ersten EP eine Phase verarbeitete, in der „alles kacke“ war, ist sein neuestes Werk eine Wohlfühlscheibe: „Ich wollte mal etwas richtig Positives machen. Eine Platte, die die schönen Seiten beleuchtet.“ Vier Produzenten sowie Sängerin Tossia Corman sorgen für bouncende Beats und schwebende Melodien. Rund anderthalb Jahre hat die Entstehung gedauert. Die letzten Worte des finalen Songs „Ying und Yang“ hallen nach und bleiben sirenenartig im Ohr: „Die Zukunft ist groß.“ Schritte nach vorne hat Kepenek in den vergangenen Jahren reichlich gemacht: Seinen Lebensunterhalt bestreitet er inzwischen durch Rap- und Graffiti-Workshops. Und fragt man ihn nach seinen Zukunftswünschen, soll auch seine Musik weite Kreise ziehen: „Ich will, dass alle wissen, wer ich bin.“ NaB; EP „La Dolce Vita“, VÖ: 16.2. - MusicMakingPeople; Release-Konzert: 17.3. zakk, Düsseldorf 52 Foto: Onur Kepenek Subway Jazz Orchestra & Tobias Wember „Richbeck Suite“ Diese Big Band ist DIE Jazz-Supergroup der Kölner Jazz-Szene. Mit viel Coolness und Leichtigkeit schafft es das 17-köpfige Ensemble, das etwas angestaubte Image der klassischen Big Band rauszuputzen. Regelmäßig lädt die Band, die ausschließlich eigene Kompositionen und Arrangements spielt, Gäste ein, in ihren Reihen mitzuwirken. Auf der neuen Platte „Richbeck Suite“ ist das Posaunist Tobias Wember. Sphärische, minimalistische Klangteppiche, die fast geloopt klingen, bilden den Nährboden für die Solisten des SJO. Sehr gelungene Symbiose von zeitgenössischem Jazz und Minimal Music. VÖ: 1.2. - Klaeng Records Foto:Nadine Targiel Evan Freyer „Klampfenklänge aus dem Kleiderschrank“ Der etwas sperrige Titel der EP verwundert erst mal. Genauso viele Wörter wie Songs auf der Platte – witzig. „Dank Autotune kann ich auch endlich singen“– ein gewagter Ausspruch im dritten Song „Ongida“. Offensichtlich im Zusammenhang als Kritik an der heutigen schnellen und anonymen Zeit gemeint, kommt man nicht umhin zu denken, dass ein bisschen Hilfe hier und da der Stimme des Wuppertaler Sängers nicht schlechtgetan hätte. Dieser Gedanke verschwindet aber wieder, hört man die mit sehr viel Inbrunst gesungenen Texte, begleitet ganz pur von einer, na ja, Klampfe. Tiefsinnig, kritisch und witzig – in den Worten liegt die Kraft von Evan Freyer, ganz klar. VÖ: 1.12.2017 Foto:Evan Freyer Kaleidoskop „Search for Beauty“ Mit einem Lachen beginnt die Platte – noch bevor der erste Ton erklingt, amüsiert sich jemand offensichtlich herzhaft. Ein schöner Einstieg. In ein schönes Stück Musik. Neun Lieder, wie im Jazz üblich eine Melange aus Eigenkompositionen und Standards, organisch und entspannt interpretiert. Das Quartett, besetzt mit Kontrabass, Drums, Gitarre und Saxophon, spielt gekonnt mit Elementen aus dem Modern Jazz und folkloristischer, orientalischer Musik. Besonders erwähnenswert: „Morenika“, das Schlusslied, eine traditionelle hebräische Weise. Hier zeigt sich das Kaleidoskop – die vielen Facetten der Musik kommen zum Strahlen. toc; VÖ: 19.11.2017 Unit Rec. Foto: Karl Rosenwald / VG Bildkunst

ALBEN A N N A V O N H A U S W O L F F J U D A S P R I E S T Y O L A T E N G O Dead Magic Eine Fürstin der Finsternis ist diese Sängerin aus Göteburg. Stimmlich zieht sie Kreise zwischen Siouxsie & The Banshees und P.J. Harvey - und diese musikalische Düsterreise klingt manchmal wie ein November-Requiem im Nebel. Wie auf einer moderne 4AD-Produktion umreißt die Chanteuse ein weites Feld: Esben & The Witch-Dramatik, Birthday Party-Blues und den Zuckerguss von This Mortail Coil. Dazu bleischwere Gitarren, Black Metal-Mystik und Post- Punk-Rhythmik. Alles wird kongenial zu einer tiefen Soundebene verwoben, die so schwierig zu erfassen ist, wie die Gesetzmäßigkeiten der theoretischen Physik an anderer Stelle. Produziert hat Randall Dunn.. City Slang/Universal Firepower Judas Priest greifen auf ihre alten Tage noch einmal an - und haben kurz vor der Rente noch einmal ein richtig dickes Album geschmiedet. Viele Musiker sind wie kleine Kinder: Sie wollen im Mittelpunkt stehen und buhlen um Applaus – das gilt natürlich auch für Judas Priest. Einen hohen Klatschfaktor haben sie verdient. Das vorhandene Songmaterial ist okay, doch hier und da hapert es: Manche Riffs stammen zu sehr aus dem Klischee-Notenbuch und wichtige Details hätten von Produzent Andy Sneap mit mehr Sorgfalt abgemischt werden können. Aber Frontmann Rob Halford ist in der Form seines Lebens: Seine Stimme ist rasiermesserscharf und wie gewohnt ein echtes Folterinstrument. Richtig: Heavy Metal Is The Law! Sony There Is A Riot Going On Georgia Hubley, Ira Kaplan und James McNew haben bei diesem Album alles selbst im Proberaum aufgenommen und abgemischt, ohne Produzenten oder Techniker. Es ist seit dem Gründungsjahr 1984 schon das 15. Studiowerk. Aus langen improvisierten Parts wurden hier Songs, innig und warm wie ein Frühlingswind. Aber mit anderem Antrieb: Das Trio bietet zwischen Indie Rock und nerdigem Country eine Alternative zur allgemeinen Verzweiflung. Ein Ausdruck des Friedens und vielen weit gefächerten Emotionen. Denn Musik öffnet nicht umsonst die Herzen des Publikums – sie ist eine persönliche Erklärung der allgemeinen Menschlichkeit. Und in gottlosen Zeiten kommen die christlichen Grundwerte oft zu kurz. Matador/Rough Trade A X E L R U D I P E L L N A D A S U R F V I Z E D I K T A T O R Knights Call Das Schlagwort „Keine Experimente“ prägte Adenauer in den 50er Jahren, Axel Rudi Pell hat es mit viel Beflissenheit in den Hardrock gebracht. Kaum ein Ruhrgebietsmusiker vertritt Werte, die auch in der Politik federführend sein sollten: Er ist beständig, sein Songwriting ist verlässlich. Punkte, die der SPD abhanden gekommen sind. Aber: Pell hat seine teuflische Seele nicht Gerhard Schröder verschrieben, sondern dem harten Rock. Zwischen Epik und straightem Rock pendelt die Scheibe: Bei „Wildest Dreams“ gibt es sattes Rainbow-Feeling, „Truth & Lies“ ist eine wunderschöne Thin Lizzy-Referenz, „Follow The Sun“ ein ölverschmierter Sleaze-Rocker. Sauber! Steamhammer/SPV Standing At The Gates Nada Surf sind eine tolle Band. Sie singen über Beziehungen, Fruchtfliegenschwärme oder das Leben in kleinen Verhältnissen. Dabei werfen sie eine Vielfalt an subtil verführerischen Haken aus. Die Band schafft es immer wieder, sich in ein Pop-Wunder zu verwandeln, noch bevor man sich dessen als Zuhörer bewusst ist. Anlässlich des 15. Jubiläums ihres Albums „Let Go“, veröffentlicht die Band nun ein Charity Album, an dem eine bunt gemischte Zahl an Künstlern beteiligt ist: Aimee Mann, aber auch Rogue Wave oder Charly Bliss. Mit diesem Album werden zudem die Organisationen ACLU und The Pablove Foundation unterstützt. Schöne Sache! Mardev Records/Broken Silence Kinder der Revolution Die Helden dieser Band sind Ton Steine Scherben, The Clash und Turbostaat, und manchmal schwimmen sie verdächtig nah in den Gewässern der Donots und Feine Sahne Fischfilet. Mit Anleihen aus Powerpop und NDW gelingt hier eine gelungene Platte in klischeefreier Muttersprache. Hin und wieder wirkt es noch wie die schlecht sitzende Kunstlederjacke von C&A: Ein bisschen echte Coolness hätte gut getan. Doch der Vibe ist kraftvoll, punkig und wird ohne viel Firlefanz dargeboten. Die Jungs wollen sich beweisen – vielleicht gelingt (trotz Abzügen in der B-Note) doch der ganz große Wurf. Wünschen wir ihnen Glück dazu. Sportklub Rotter Damm/Indigo 53

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