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März 2017 - coolibri Düsseldorf und Wuppertal

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K U N S T M Ö N C H E N

K U N S T M Ö N C H E N G L A D B A C H W U P P E R T A L “Storm„, 2013 Aus dem Nähkästchen 2016 wurde das Museum Abteiberg vom Kunstkritikerverband AICA zum Museum des Jahres gewählt. Besondere Erwähnung fanden dabei die „hervorragenden Sammlungsbestände“. Außerdem nannte das Komitee das Abteiberg als „eine der führenden Adressen für Gegenwartskunst in Deutschland“. Und so geht es auch im März mit hervorragender wie zeitgenössischer Kunst weiter: „Stretch“, die Werkschau der Künstlerin Alexandra Bircken, vereint rund 60 Arbeiten rund um die Themen Mode, Körper und Maschine. Ursprünglich erlernte die Wahl-Kölnerin nämlich am St. Martins College in London den Beruf der Modedesignerin. Seit 2003 nutzt sie ihre modischen Fertigkeiten vorrangig für ihr künstlerisches Konzept. Im Museum Abteiberg sind erstmals frühe Objekte und Skizzen der Künstlerin zu sehen, die an der Schnittstelle zwischen Mode und Kunst entstanden. Namen wie „New Model Army“ oder „Bindegewebe“ kommen nicht nur humorvoll daher, sondern beziehen sowohl das Material als auch den Menschen in der Gesellschaft mit ein. Beide Themenkomplexe bilden den Ausgangspunkt von Birckens Arbeiten. Gipsmodellagen, Wachse, Fragmente von Schaufensterpuppen verbindet die Künstlerin mit Wolle und Stoffen und lässt neuartige, geheimnisvolle Objekte entstehen. Diese sind stets auf den jeweiligen Ort zugeschnitten. So tauchen über den Parcours des Museum Abteiberg verteilt diverse Skulpturen auf, die an menschliche Figuren erinnern. Bircken probt beispielsweise die künstlerische „Eskalation“, indem sie „deflated figures“ - sprich: entleerte Figuren aus lose herunterhängenden Kleidungsstücken, - an Leitern aufhängt. Ein schauriges wie interessantes Schauspiel. Innerhalb der Ausstellung wird außerdem immer wieder die direkte Beziehung des Menschen zu Maschinen hergestellt. Aus Motorradkleidung geformte Objekte zeigen genauso die Verletzlichkeit des Körpers wie diverse Waffen. Besonders eindrucksvoll gestaltet sich das Werk „Aparilia“, ein aufrecht stehendes Motorrad, das in der Mitte zerteilt wurde. Und wem das alles nicht genug ist, der kann gleich nach Düsseldorf weiterziehen. Dort ist bis Ende des Jahres die Bircken-Werkschau „Parallelgesellschaften“ im Künstlerhaus des K21 Ständehaus zu sehen. NaB Alexandra Bircken „Stretch“: 26.3.-25.6., Eröffnung 26.3. ,12 Uhr, Museum Abteiberg, Mönchengladbach 84 Foto: Raimund_Zakowski Eindruck aus Ägypten Die Macht der Worte Amerikanischen Rap kennt man zur Genüge, ebenso französischen, deutschen, vielleicht italienischen. Aber aus Kambodscha, Burma oder dem Südsudan, aus Senegal oder Brasilien? Von einem Fernsehbeitrag angeregt und der persönlichen Leidenschaft für Rapmusik angetrieben, besuchte der Essener Fotograf Sascha Kraus zwischen 2010 und 2016 insgesamt 43 Künstler in 13 Ländern auf vier Kontinenten. In den Arbeiten von Sascha Kraus steht ganz klar der Mensch im Mittelpunkt. Häufig lenkt er seine Aufmerksamkeit auf soziale Missstände, ohne dabei aggressiv die Moralkeule zu schwingen. Er untermauert das in seinem jüngst erschienenen Buch „Forthright - Stronger than a weapon“. Hierin porträtiert der Foto-Künstler Rapper, die sich der Macht der Worte bedienen, um anzuklagen und aufzuklären. Als Interpreten des Concious Rap gehen sie einen gewaltfreien Weg, um auf Missstände und Unterdrückung aufmerksam zu machen und Mut zu geben. Allen gemein ist die Beschäftigung mit der teils prekären politischen und menschenrechtlichen Situation in ihren Heimatländern. In Bildern und Interviews stellt Kraus sie vor. Einer von ihnen ist Zayar Thaw, der mit seiner Band Acid in Burma Bekanntheit erlangte. Wegen seines Einsatzes für die Demokratisierung hielt ihn das Regime über mehrere Jahre im Gefängnis fest. 2012 wurde er aber in das burmesische Parlament gewählt und gilt dort als Stimme der Jugend. Als eine von vier in Kraus‘ Buch betrachteten weiblichen Interpreten ist auch die Senegalesin Sister Fa nicht ausschließlich als Musikerin aktiv. Sie vertritt die Perspektive der Frauen in dem männlich dominierten Rapgenre und setzt sich für die Aufklärung über weibliche Genitalverstümmelung ein. Die Skizzierung dieser beiden Rapper verdeutlicht, dass es in ihren Liedern um Inhalte geht, deren Wert jenseits des rein Musikalischen liegt. Die Texte sind Spiegel und Medium des politischen Engagements, das von den porträtierten Künstlern ausgeht und im Rahmen des hochwertig produzierten Buches vorgestellt wird. Von den 1000 im Eigenverlag erschienenen Ausgaben des Bandes sind 150 Sondereditionen um eine Vinylplatte mit ausgewählten Titeln der behandelten Interpreten ergänzt. Sämtliche abgebildete Fotografien sind analog entwickelt und im Offsetdruckverfahren reproduziert worden. JDD 3.3. 18 Uhr Galerie Droste, Wuppertal (in Anwesenheit des Künstlers); die Show kann bis zum 12.3. besichtigt werden Foto: Sascha Kraus

K U N S T W U P P E R T A L A b s u r d e M a g i e In der Ausstellung „Dislocation 2017“ sind sehr unterschiedliche Arbeiten versammelt, die von Entwurzelung, von Verfremdung, von Zerstörung, in gleicher Weise aber auch von neuartigen Idolisierungen oder Sakralisierungen handeln. Bezeichnet das Wort Dislocation zunächst einmal einen Defekt, eine Unordnung in einer Molekularstruktur, wird doch schnell eine weitere Ebene deutlich: Wenn nämlich die Ordnung oder der Kontext für Dinge oder Menschen verloren geht, dann brechen Vertrautheiten zusammen, dann kann man den Dingen oder auch den Menschen keine bestimmten Eigenschaften mehr zurechnen und es wird immer schwieriger, feste Erwartungen zu entwickeln. Ganz unterschiedlich transportieren diese Thematik die Arbeiten von Peter Bösenberg, Dirk Eicken, Luis Gordillo, Alex Hanimann, Susanne Kutter, Axel Lieber, Christopher Muller, Björn Siebert und Markus Willeke. Während es also grundsätzlich um beispielsweise eine Fehlstelle in einer Gitterstruktur oder das Eindringen einer fehlerhaften Reihe in einer Ordnung geht, kommen hier andere Aspekte zum Tragen: Natürliche Kontexte können zunehmend gestört werden, Ordnungen können durcheinander geraten, fremde Dinge oder Menschen können in bestehende Ordnungen hineingeraten oder aus bestehenden vertrieben werden. Wenn Dinge oder Menschen entwurzelt werden, dann können sie zu Anderen werden, man erkennt sie nicht wieder, sie können absterben oder sich auflösen, oder sie Monotype von Luis Gordillo können zu einer Fiktion oder zu einem Traum werden, für den es keinen realen Bezug mehr gibt. Bei der Zunahme von Unbestimmtheiten kann man wohl auch vor dem Hintergrund aktueller gesellschaftlicher Prozesse fragen, ob Ordnungen noch möglich und ob für die großen wichtigen Bereiche des Lebens Eindeutigkeit und Orientierungen überhaupt noch erreichbar sind. Da wo Zweifel daran wachsen, was eigentlich sinnvoll, was der Kern eines gut geführten Lebens sein könnte, da erlebt man Gegenbewegungen, die irrationale neue Haltepunkte anbieten, die eine zunächst absurde Magie oder Heiligkeit entwickeln. kanimi Dislocation 2017: 6. März - 9. April, Eröffnung:5.3. 11.30 Uhr, Hengesbach Gallery, Wuppertal Foto: Hengesbach Gallery 85

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