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März 2017 - coolibri Düsseldorf und Wuppertal

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K U L T U R N E W S

K U L T U R N E W S Claudia Rogge Foto: Claudia Rogge Horst Lichter KunstRaub Foto: Jerome Stöhr Foto: Schauplatz „Ich möchte die Welt interpretieren, indem ich fiktive Umgebungen schaffe“, sagt der belgische Künstler Hans Op de Beeck über seine Arbeit. Und taucht kurzerhand die Räume des Leverkusener Museum Morsbroich in die Atmosphäre eines barocken Wasserschlosses. Bis zum 30. April ist die Ausstellung mit dem geheimnisvollen Titel „The Silent Castle“ zu sehen. Die Verwandlung, bei der Op de Beeck sich fast aller künstlerischer Ausdrucksmittel bedient, gelingt: In Gips geformte, lebensgroße Figuren tauchen ebenso in den Ausstellungsräumen auf wie düstere Videoelemente und skulpturale Installationen. Ob als Moderator von „Bares für Rares“, TV-Koch oder Autor: Horst Lichter ist ein sympathischer Hans Dampf in allen Gassen. Und das nicht nur aufgrund seines witzigen Zwirbelbartes oder der offen ausgelebten Vorliebe für Butter und Sahne. Auch mit unangenehmen Wahrheiten hält der Mann mit dem rheinischen Zungenschlag nicht hinterm Berg. Nach seinem literarischen Erstlingswerk, in dem er seine persönlichen, gesundheitlichen Schicksalsschläge - wie zwei Schlaganfälle und einen Herzinfarkt, bevor er 30 war - mit den Lesern teilte, heißt sein zweites Buch nun „Keine Zeit für Arschlöcher“. Eine gute Devise. Generell, und auch am 12. März im Schauplatz Langenfeld. Dort liest der Sohn eines Bergmanns nämlich aus seiner Lektüre. Der riesige Bürokomplex rwi4 an der Völklinger Straße 4 sieht nicht nur von außen pompös aus. Im Inneren sorgt der Düsseldorfer Künstler e.V. seit geraumer Zeit für wechselnde Ausstellungen. Noch bis zum 31. März sind aktuell Graffiti-Sprüharbeiten hinter Plexiglas zu sehen. Verantwortlich zeichnet das Projekt KunstRaub, das aus den beiden besten Freunden Jerome Stöhr und Norman Schüler besteht. Schüler arbeitet als freischaffender Künstler. Stöhr hat unlängst ein Praxissemester hinter sich gebracht - bei keinem Geringeren als Emil Schult, Meisterschüler von Richter und Beuys sowie Cover- Gestalter für Kraftwerk. 82 Auch fünf Jahre nach den Verbrechen des so genannten Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) beschäftigt der Fall die Gemüter. Viele Fragen bleiben weiterhin ungeklärt. Auch medial findet der Fall noch immer Beachtung. Am 20.3 beleuchtet Referentin Edith Lunnebach, Nebenklägerin im NSU-Prozess, den Status quo und berichtet im zakk über den Stand des Verfahrens, ihre ursprüngliche Erwartung und ihre jetzige Einschätzung. Gleich an drei Standorten findet die Ausstellung „Metamorphosis“ statt, die am 4. März im Kai 10 startet. Fünf internationale Künstler aus fünf europäischen Ländern beschäftigen sich in Düsseldorf, Berlin und Prag nicht etwa mit der mythologischen Dichtung Ovids, sondern mit der Verwandlung von Formen, Materialien, Körpern, Ideen und Substanzen. Renaud Jerez beispielsweise ist dafür bekannt, merkwürdige Installationen und beunruhigende Skulpturen aus Metall, Draht, Bleirohren und anderem industriellem Material in Szene zu setzen.Seine Roboter und Figuren zeichnen das Bild einer dunklen Anti-Welt. Die Fotografien Claudia Rogges widmen sich zwei scheinbar paradoxen Phänomenen: dem Individuum und der Massengesellschaft. Betende Kinder (siehe Foto), Menschen mit Masken, beinahe pittoreske Ansammlungen auf dem Schlachtfeld oder eine Schaumparty inszeniert die Künstlerin auf feine wie verwirrende Weise. Denn der einzelne verschwimmt in der surreal wirkenden Masse. Gezeigt werden medial geklonte Menschen, der Mensch im Zeitalter seiner medialen Reproduzierbarkeit. Bis zum 18. März sind sie malerischen wie surrealen Fotografien der in Düsseldorf und der Provence ansässigen Künstlerin in der Galerie Voss ausgestellt. Titel der Werkschau: „Concentration“. Bibliotheken sind Orte, an den Menschen willkommen sind und zusammenkommen können. Sie stellen einen schützenswerten sozialen Raum dar, in dem Werte wie Toleranz, Meinungsfreiheit und ein Miteinander gelebt werden. Unter dem Motto „The Place to be“ finden am 10. März in ganz Nordrhein- Westfalen die Nacht der Bibliotheken statt. Informationen unter: nachtderbibliotheken.de. Nadine Beneke und Stefanie Roenneke

K U N S T B O N N Serienheldin Katharina Sieverding, Deutschland wird deutscher XLI-92, 1992 Copyright: Katharina Sieverding, VG Bild-Kunst; © studio111a, VG Bild-Kunst Sie ist die Grande Dame der Fotokunst: Katharina Sieverding begann schon früh, das künstlerische Potenzial der Fotografie auszuloten und permanent zu erweitern. In Bonn zeigt nun die Bundeskunsthalle einen Überblick ihrer seriellen Arbeiten aus den letzten fünf Dekaden. Großformatige Fotokunst ist heute so allgegenwärtig und selbstverständlich, dass man gern vergisst, wer eigentlich damit angefangen hat. Katharina Sieverding, 1944 in Prag geboren, provozierte schon vor 50 Jahren die Öffentlichkeit mit monumentalen Arbeiten, die vor allem eines zeigten – ihr eigenes Porträt. Vielfach manipuliert, teils durch Farben verändert, oft extrem vergrößert; für das damalige bundesdeutsche Kunstverständnis eine schwere Kost. Finger in die Wunde Doch nicht Selbstbespiegelung war und ist Intention der Künstlerin, die durch die konsequente Fortsetzung ihrer fotografischen und filmischen „Selfies“ Berühmtheit erlangte. Sieverding ist eine Forscherin, deren Arbeiten gesellschaftliche und politische Themen kritisch hinterfragen und den Status quo der jeweiligen Zeit dokumentieren.Ihr „Stauffenberg-Block I–XVI“ (1969) warf die Frage auf nach Moral und politischer Verantwortung, „Schlachtfeld Deutschland“ (1978) nahm Bezug auf die RAF-Debatte. Mit der Plakat-Aktion „Deutschland wird deutscher“ (1993), die auf den wieder erstarkten Rechtsradikalismus abzielte, legte sie den Finger in die noch offene Wunde der Wiedervereinigung, was heftige Proteste auslöste. Visuelle Botschaften Vom 11. März bis 16. Juli sind Katharina Sieverdings serielle Fotoarbeiten in der Bonner Bundeskunsthalle zu sehen. „Kunst und Kapital. Werke von 1967 bis 2017“ lautet der Titel der retrospektiven Ausstellung, die 42 Werkgruppen und raumhohe Projektionen umfasst. Vom Bühnenbild kommend, weiß die Beuys-Meisterschülerin und mehrfache documenta-Teilnehmerin um die Macht ihrer visuellen Botschaften, die den Betrachter immer wieder auf den eigenen Standpunkt zurückwerfen. Sieverding stellt aber auch grundsätzliche Fragen zur Kunst und den Bedingungen ihrer Produktion und Rezeption. Unter anderem dafür erhält die Künstlerin im Juli den mit 12.000 Euro dotierten Käthe-Kollwitz-Preis 2017 der Berliner Akademie der Künste. Berit Kriegs Katharina Sieverding – Kunst und Kapital. Werke von 1967 bis 2017: 11.3.–16.7., Bundeskunsthalle Bonn bundeskunsthalle.de 83

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