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März 2017 - coolibri Düsseldorf und Wuppertal

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coolibri präsentiert NEW MODEL ARMY 18.3. FZW, DORTMUND Foto:nidge sanders;trustafoxphoto Angst vor der Zukunft Schon immer saßen New Model Army zwischen allen möglichen Genre-Stühlen und haben Einflüsse von Folk über New Wave bis Pagan-Metal in ihren Sound einfließen lassen. Sie vertreten eine ideologisch starke Punk- Haltung und stehen in Tradition von politischen Bands wie zum Beispiel Crass aus England. Der Bandleader von New Model Army ist Justin Sullivan. Er ist ein bescheidener Mensch. „Ich brauche nicht viel“, sagt der Musiker und zählt dann auf: „Natürlich etwas zum Anziehen, eine warme Schlafstelle und was zu Essen.“ Das klingt mehr nach Hobo als nach Rockstar. Im letzten Jahr ist er 60 Jahre alt geworden. Jahrelang hatte er einen fehlenden Schneidezahn, nun blitzt und blinkt dort ein Implantat. Auf das britische Gesundheitssystem ist er nicht gut zu sprechen, noch mehr nervt ihn das gesellschaftliche Leben nach dem Brexit: „Als uns im Herbst 2008 bedingt durch die Lehman-Brothers-Katastrophe eine weltweite Finanzkrise erreichte, hätten wir die Weichen für eine neue Welt stellen müssen, die fairer ist. Aber das Gegenteil davon ist eingetreten. Wenn alle Briten, die seit Jahren vom System abgehängt sind, sich irgendwann zu einem wütenden Mob zusammenschließen, dann wird das bitterböse 30 Folgen haben.“ Gerade seit Donald Trump zum US-Präsidenten gewählt wurde, sind die Fragezeichen in der globalisierten Welt noch größer geworden. Justin bestätigt: „Ich fühle mich im Moment echt nicht wohl und habe eine tief sitzende Angst vor dem, was da noch kommen mag. Überall in Europa gibt es derzeit rechte Rattenfänger, die für ihre Zwecke die Sorgen und Nöte der Menschen ausnutzen wollen. Das ist einfach nur ekelhaft.“ Im letzten Sommer veröffentlichte die Band ihr Album „Winter“ – und das war mal wieder typisch für sie: Zum richtigen Zeitpunkt auf den Umkehrschluss zu setzen. Das macht die Band schon seit ihrer Gründung im Jahr 1980 so. Geht es Ihnen zu gut, singen sie den Blues. Und wenn es mal nicht so rosig läuft, dann zelebrieren sie das gute Leben. Sie spielen auf Folk-, Hippie-, Gothic- oder Metal-Festivals – und mit ihrer Aufrichtigkeit sind sie überall willkommen. „Die Leute haben derzeit viel mehr Fragen als zu anderen Zeiten. Sie brauchen etwas, was sie nicht alleine auf weiter Flur stehen lässt.“ New Model Army möchten Antworten geben und natürlich auch anecken. Ihr Song „51st State“ aus dem Jahr 1986 war ein großer Hit mit politischer Tragweite, der heute noch im Programm von Ü-40-Discos läuft. „Die Leute verlangen immer wieder nach den alten Sachen“, sagt Justin. „Aber wenn du sie spielst, musst du als Musiker auch spüren, dass die Songs noch ‚echt‘ sind und noch zu den anderen in der Setlist passen.“ Haben sie sich in den Anfangstagen noch an der neoliberalen Politik von Maggie Thatcher und am nuklearen Rüstungswahn abgearbeitet, so ist die Protesthaltung bis heute der rote Faden in ihrem Wirken gewesen. „Im Prinzip liebe ich das sehr, was wir mit der Band machen. Ich möchte nur nicht abgehoben oder zu gekünstelt rüberkommen, sondern immer so gut wie es uns gegenwärtig möglich ist.“ Peter Hesse

M U S I K 25.3. LANXESSARENA, KÖLN COSMO Robert Eikelpoth Gruppenbild mit Dame Mit sieben Studioalben im Rücken sind die Broilers aus Düsseldorf eine eigene Marke geworden. Längst spielen sie nicht mehr in verstaubten Kellerclubs, sondern auf den großen Bühnen. Seit 2011 leben alle Mitglieder nur noch von der und für die Band. Sänger Sammy Amara positioniert sich gerne eindeutig. Was er sagt, hat Hand und Fuß. Vor ihrem neuen Album „Sic!“ stand ein Labelwechsel. Sammy erklärt, wie es dazu kam: „Unser Vertrag mit dem Label ‚People Like You‘ ist ausgelaufen und wir standen an dem Punkt, wie wir jetzt weitermachen. Gehen wir zu einer Major-Firma oder machen wir mit einem Indie-Label weiter. Wir haben mit Labels gesprochen und es waren auch tolle Sachen dabei.“ Doch am Ende kam es anders, wie der gelernte Grafik-Designer erklärt: „Der Traum von der kompletten Unabhängigkeit, den gab es immer schon, und den haben wir jetzt mit unserem Label ‚Skull & Palm Recordings‘ verwirklicht. Obwohl es mehr Arbeit ist, so ist es am Ende des Tages doch bequemer.“ Zu politischen Themen hat der Frontmann eine sehr klare Meinung: „Wir hatten bislang bei den Rechten immer Glück, dass die keine herausragend charismatische Person in ihren Reihen hatten. Jetzt ist es aber so: Bernd Höcke oder Frauke Petry von der AfD – die steuern sich sehr bewusst.“ Man könne es nicht verbinden: Rassismus und Intelligenz – das gehe vielleicht noch zusammen, „aber du kannst dann nicht noch empathisch und ein guter Mensch sein.“ Die Spaltung innerhalb der Gesellschaft durch die Flüchtlingskrise sei durch viele Faktoren geebnet worden. „Thilo Sarrazin wird einer der Leute gewesen sein, die da eine große Rolle gespielt haben.“ Menschen können komische Ansichten haben. Anders als hinter der Bühne Das findet Sammy auch: „Ich kenne so viele Musiker, die im regulären Leben gar nichts sagen, aber auf der Bühne dann explodieren. Wenn du deine Kunst machst und du dich darin auch wohlfühlst, dann ist das auch ein Schutz. Dann kannst du da anders sein als hinter der Bühne.“ Der Broilers-Sänger ist auch jemand, der sich gern schick anzieht. Gibt es für ihn einen Unterschied zwischen Eitelkeit und Selbstliebe? „Eitelkeit ist ein negativ besetzter Begriff. Aber wenn du dich als Mensch besser fühlst, indem du dir etwas Schönes anziehst, dann ist das völlig in Ordnung. Jeder hat Klamotten im Schrank, die wie eine Art Rüstung funktionieren. Für den einen ist das ein T-Shirt und ´ne Jeans – für den anderen ist das ein Anzug. Wichtig ist, das zu tragen, womit du dich wohlfühlst. Ein schlechtes Zeichen ist immer; wenn du an dir rumzuckelst. Dann merkst du, du bist in irgendetwas reingesteckt und das ist dir unangenehm.“ PH

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