INTERVIEW B O C H U M Wehmut & ein wenig Wut AnselmWeber verlässtnach12Jahren das Ruhrgebiet. Der1963 geborene Münchner Theatermacher warzunächst IntendantinEssenamGrillo-Theater (2005-2010),dann am Bochumer Schauspielhaus.Jetzt gehternachFrankfurt. Ein Gespräch mit Tom Thelen zum Abschied – Wehmut und ein bisschen Wut. Herr Weber,verlassen Siedas Haus besenrein? Es istgar nichtsobesonders.OlafKröckhat zwölf Jahre mitmir gearbeitet, er wirddie nächste SpielzeitinBochumimSinneder gemeinsamenArbeit gestalten. Eine optimale Lösung. KommtWehmutauf? Ja,jetzt so langsam. Ichnehme Abschied.Etwavon denKammerspielen. DieBochumerKammerspiele sind für mich deridealeTheaterraum.Das Verhältnis derGrößeder Bühne zumZuschauerraum,die Steigungdes Zuschauerraums,alles istideal undermöglichteineunbeschreiblicheIntimität. IstIhr Abschied vonBochum mitdem ausEssen zu vergleichen? Nein, nichtzuvergleichen.Damals erschien es unsals einUmzug.Nur eine halbeStunde weiter.Der Abschied nunist einBruch,ein Schnitt,etwas geht zu Ende,was sich zwölf Jahre entwickelthat.Frankfurt istein Neuanfang. Siehaben in Bochum 14 Inszenierungen alsRegisseur gemacht,welche warendie wichtigsten? Vorallem Hauptmanns „Vor Sonnenaufgang“wegender Arbeitauf dergroßen Bühne unddes Raumes,der mitvielEmotionalität gefülltwar,die Lutz-Hübner-Abende wegendes Arbeitsprozessesund „Kabale undLiebe“, weil wir mitdiesemAbend sehr weit gekommen sind.Die sind mir besonderswichtig. Waswaren die großen Ereignisse ihrerZeit im Ruhrgebiet? Natürlichdas Kulturhauptstadtjahr 2010, dasFestival Theaterder Welt, dieOpel-Krise unddas Detroit-Projekt. DieEichbaum- Oper nichtzuvergessen. Und an Inszenierungen?Oft werden ja die fehlenden Einladungenzum Berliner Theatertreffen bekrittelt? Das istdas Einzige, dasich mir vorwerfe. Aber die„Wasihr wollt“-Inszenierungvon RogerVontobelhätte eingeladen werden müssen. Mansollteauch malsehen,dass wir über dieJahre in Esseninsgesamt 500 000 Zuschauerhatten, in Bochum 1,4 Millionen.Das istunfassbar eigentlich. 12 Anselm Weber Wiehaben siedas Ruhrgebiet erlebt? Damals?Mit großer Begeisterung.Wir haben jede Form derKooperation gesucht. DieRealität istaberauch dasKirchturmdenken derRegion. Rivalität bestimmt dasGeschäft.Daran hatauch dieKulturhauptstadt 2010 nichts geändert.InEssen warenwir erfolgreich, ichwar dann so naiv mehr Geld zu fordern, habedas lautgesagt im Feuilleton. Da hieß es schnell: so nicht. In Bochum wurde mir irgendwann klar,oderauch klar gemacht:Wir sind eigentlich Konkurs.Dagehtdann auch der innerbetriebliche Kampflos,jeder hatAngst.Dabraucht manunglaublich viel Kraft. Trotzdem haben wir gutes Theatergemacht undich kann jedem Mitarbeiterindie Augenschauen. Wieist das Theaterpublikum im Ruhrgebiet? Das Bochumer Publikum istdas unabhängigste Publikum,das ichkenne. Es istfreivon jederBeeinflussung. Unabhängigauch vonjeder Eitelkeit. Erfolg kann nichtvorhergesagtwerden. Ichhabemichnochimmer verwettet,was einenauch fertigmachenkann.Esist stark über dieSchauspielerdefiniert, denenspendet es viel Wärme; Regisseurengegenüber ist es eher kritisch, da gibtesvielGegenwind, derMaßstab istsehrhoch. Bestimmte– sagenwir malpostdramatische–Formen desTheatershaben es schwer. Foto: Diana Küster „Ichwar dann so naiv,mehrGeld zu fordern“ In Ihre Intendanzfielnun auch die Eröffnung desumstrittenenMusikforums in Bochum. EinwunderbarerOrt.Und dieGedanken, wieman nunzweisoGebäude unterhält, mussich mir ja nichtmehrmachen. EinWortzuihrem Nachfolger JohanSimons? Er ist20Jahre älterals ichund ichkann vonihm lernen.Wennich dann einmal so altbin,weiß ich, wasman alles kriegen kann. Premiere:Allemeine Söhne, vonArthur Miller,Regie:AnselmWeber.: 20.5., 19.30Uhr,Schauspielhaus. Weitere Vorstellungen26.+31.5. Eine langeFassung desInterviews gibt‘sauf coolibri.de
INTERVIEW B O C H U M Komisches unter Verdacht HeinzStrunkist wieder da.Nachdem „GoldenenHandschuh“ kommtmit „Jürgen“ einalter BekannteraufsParkett.Und derist aufFrauensuche. TomThelensprachmit demAutor über Missverständnisse und Weiterentwicklungen und Massentauglichkeit. Nach demErfolgvon „Der GoldeneHandschuh“ gabesfür „Jürgen“ auch schon deutliche Verrisse. Erklärbar? Das stimmt.Inder „Welt“ undinder“Süddeutschen“ warenteils bösartige Kritiken.Dawurde einigesmissverstanden. „Jürgen“ sollte garnicht so explizit „literarisch“sein, kann es in seiner Ich-Form auch garnicht.Ich wertedas schonals Versuch,böses zu wollen.InDeutschland stehtaber vonjeher Komisches immer unterVerdacht. Mich fichtdas nichtan, ich habelängstbewiesen, dass icheskann.Ich kann dasverknusen,ich bin nichtsowahnsinnigempfindlich. Das Buch wirdjaauch ganz gut verkauft. Bemängelt wirdauchdie die Verwendung alterTextstellen.OffenbarkennenvielmehrMenschenals gedacht die Hauptfigur desRomans, Jürgen Dose, aus alten Texten?! Ja,esgibtJürgenDoseschon sehr lange, ichhabedie Figur aber seit vielen Jahrenimmer weiter entwickelt. Es istseltsam.Gefühlt hattesichaberdas Hörspiel„Trittschall im Kriechkeller“ 300 Malverkauft.Ich hattegedacht, dass vielleicht fünf biszehnProzent dasüberhauptwiedererkennenwürden. Undsichwiederumvielleicht fünf biszehnProzent daranstören würden. Das Once Festival der Jahrmon up w nächste Buch istdann wieder literarischer,ein Erzählband, so eher in Richtung Botho Strauß. Siemachensichsehrausgiebig undunterhaltsam über die Ratgeber-LiteraturinSachen Partnersuche und-findung lustig.KönntenSie nichtbesserselber etwasdazu aufden Marktbringen? MeineKolumne„Das Strunk- Prinzip“ in derTitanicspieltja schonformaldamit. Aber ich kann da auch nichthelfen,es gibt, soweit ichweiß, keine zuverlässigenRatgeber, dieimmer helfen. HeinzStrunkwirdnun massentauglich,jeder kenntSie.Mussman da mehr aufpassen, wasman schreibt undsagt? Ichbin nichtbekannt. Ichfinde zumBeispielimBoulevardgar nichtstatt. Null.Ich stehenicht in derGalaoderinder Bild.Ineiner Fußgängerzonein Osnabrückerkennt mich niemand. Icharbeite immer noch in einerNische mitmeinemHumor. Waserwartetuns aufder Jürgen-Tour live? Natürlichdie Lesung aus demBuch,dazu sechsMusiktitel aus demAlbum undeineDia-Showmit 90 Bildernvon derPolen-Reise. Lesung:10.5.,Bahnhof Langendreer,Bochum Das ganze Interview gibt‘s auf coolibri.de a time arktkultur & Strassenkunst Foto: Dennis Dirksen Das Familienspektakel! MitNostalgie-Kirmes... ...Steampunk, Feuerspuckern &Scharlatanen VOM 03. BIS 05. JUNI AUF ZECHE ZOLLERN DORTMUND! Täglich von 11 –20Uhr 13
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