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Juli 2016 - coolibri Ruhrgebiet

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M U S I K V O N H I E R

M U S I K V O N H I E R Auf seinem „Regentanz Mixtape“ präsentiert der Hertener Rapper Tizzle, der just zum Sieger des S-Clubraum-Contests gekürt wurde, einen wilden Mix aus alternativem Rap, Hip- Hop, Reggaeton und Blues. Die findigen Texte erzählen vom ersten Rapper auf dem Mond, Kontrollverlust mit Kippe und Facebook-Bitches und sind garniert mit einer gewitzten Portion Genrereflexion und Poesie à la „Du musst dein Ändern leben“. Diese spannende Mischung kommt wie aus einem Guss und könnte auch Rap-Verweigerer überzeugen. tizzle.de Adriano Batolba Rock’n’Roll ohne Retro Adriano Batolba aus Mülheim hat die Band Dick Brave & the Backbeats mitgegründet, stand mit Lena Meyer-Landrut auf der Bühne und war gerade mit Peter Kraus auf Tour. Der größte Teil seines Herzbluts geht aber für seine eigene Band drauf – das Adriano Batolba Orchestra. Das Debütalbum der Bigband heißt „13 Renegades“ und kombiniert Eigenkompositionen mit selbstarrangierten Cover-Versionen. Das Ergebnis ist temporeich, unbedingt tanzbar, harmonisch vielschichtig – und trotz hörbarer Rock’n’Roll-Tradition kein bisschen angestaubt. Inga Pöting sprach mit dem Frontmann über die Hintergründe. Ihr spielt seit Jahren live – wieso kommt euer erstes Album erst jetzt? Es ist unser Debüt-Studioalbum. Ein Live-Album gab es schon Ende 2012. Aber diese CD ist jetzt die Visitenkarte der Band. Die Aufnahmen waren aufwendig, weil wir eine Bigband sind. Sämtliche Arrangements sind original von uns – auch bei gecoverten coolibri verlost eine Bo Diddley Signature Gitarre (Firma Gretsch) im Batolba- Style auf coolibri.de Songs. Dabei hat jeder der 13 Musiker eine eigene Stimme. Daher kommt auch der Titel „13 Renegades“. Wie funktioniert der Rock’n’Roll- Sound in 2016? Ich empfinde uns überhaupt nicht als Retro-Act! Da gibt’s ganz andere, etwa Leute, die nur so verstärkt spielen, wie das in den Fünfzigern möglich war. Bei uns dagegen gibt’s viel, was damals nie geschrieben worden wäre, rein harmonisch. Da ist zum Beispiel auch Jimi Hendrix mit drin, von der Klangfarbe her. Und wir mischen auch Jazz- und Swing-Elemente mit rein, und auch Pop. So gesehen, sind wir sehr modern, vielleicht Rock’n’Roll 2.0. Manchen Szeneleuten ist das sogar zu modern. Wir verlosen in deinem Namen eine Bo Diddley Signature Gitarre – wieso ausgerechnet das Modell, das der Rock’n’Roll-Pionier gespielt hat? Ich spiele Gretsch-Gitarren als Endorser, es gibt also eine Kooperation. Die Bo-Diddley-Gitarre ist ein Gretsch-Modell und einfach eine witzige Gitarre, die ich auch schon im Studio gespielt habe. Die Saxofonistin aus meinem Orchester hat dieses Exemplar designed, es ist also ein Unikat. 9.7. W.Ü.R.G., Wülfrath, weitere NRW-Termine sind in Planung; adrianobatolbaorchestra.de Foto: Karsten Nierhaus / Q-rious music The Magic Flip aus Oberhausen gibt Punkrock-Fans mit ihrem neuen Album „Surprise“ „prügelschnelle Songs“ und „Mid-Tempo-Mitsing-Songs“ an die Hand. Nach klassischem Rezept ist hier energetische Musik entstanden, die von der ersten bis zur letzten Minute Spaß macht. Der Anspruch ist dabei nicht, das Rad neu zu erfinden, sondern allen, die dem Genre ohnehin verfallen sind, mit neuem Stoff das Herz zu wärmen. Klappt hervorragend – besser geht’s nur live. facebook.com/themagicflip Der Essener Gitarrist Jan Bierther lädt seit 15 Jahren Jazzmusiker aus NRW und international umtriebige Gäste in die Oberhausener Fabrik K14 ein. Bei gut 175 Konzerten haben über 100 Musiker mitgewirkt. Ein Best-of der Live-Mitschnitte ist jetzt auf der CD jazz in der fabrik vol 2 erschienen. Die neun Songs sind durch die Live-Bedingungen frei von jeder Studio-Sterilität und trotzdem von höchster musikalischer Qualität. Zu den Gästen gehören Thomas Hufschmidt (keys), Gregor Hilden (git) und Inez Timmer (voc). janbierther.de Wem die Neunziger noch in den Ohren klingen, kann sich über neues Futter aus der Ecke Grunge-Rock freuen: Die Band Reverse aus Dorsten hat sich ganz dem Sound alter Meister verschrieben, erinnert hier und da an Wegbereiter wie die Pixies, Nirvana und Co. – laut, dynamisch, unbequem. Drei Songs der EP „Burning Spring“ nahm das Quartett mit Produzent Kurt Ebelhäuser (Beatsteaks, Blackmail, Guano Apes) in Koblenz auf, für’s Mastering sorgte der Berliner Andi Jung (Beatsteacks, Seeed). facebook.com/Reverse2004 Ein Musik-von-hier-Best-of legt das Essener Label Roll The Bones Records mit dem Sampler Virus World Radio vor – und beweist damit, dass viele lokale Bands locker mit den ganz Großen mithalten können. Die Tracklist ist durchweg (hard-)rockig, spannend und professionell und versammelt vielversprechende regionale Bands wie Dead Memory, Greydon Fields, Mayze und Crazy Black Sunday. Virus World Radio ist auch ein Internet-Radiosender, der rockigen Newcomern eine Plattform gibt.

A L B E N M U S I C A S E Q U E N Z A B I F F Y C L Y R O V O N W E G E N L I S B E T H Sampling Baroque/ Händel Klassische Bestandteile mit Elektronica zu einer untrennbaren Melange zu verweben, ist ein Abenteuer. Kopf dieses Projekts ist Burak Özdemir, der den barocken Klang von Georg Friedrich Händel in den „Sound of Berghain“ ummünzt: mal klassisch und dub-techig, mal in purer Minimal-Techno-Manie und mal, als säße Giorgio Moroder hinter dem Mischpult. „Die elektronische Musik wirk im Gegensatz zu den Arien sehr kühl“, sagt Burak. Er wollte beide Genres in ihren Extremen halten. Die verträumten klassischen Elogen treffen hier auf die kalte Ästhetik der modernen Welt. Cool umgesetzt und atemberaubend arrangiert. Sony Music Ellipsis Philipp Lahm macht als Fußballer ja wenig Fehler auf dem Platz, aber irgendwie glänzt er auch nie so richtig. Genauso verhält es sich mit der Karriere von Biffy Clyro: Sie sind ein defensives Bollwerk und gleichzeitig vielseitig einsetzbar, aber magische, einzigartige Spielzüge darf man leider von ihnen nicht erwarten. Das ist hier Designer-Rock mit dicker Produktion. Viele Ergebnisklischees, die mit virtuellen Soundeffekten Eindruck machen sollen und genau so langweilig wirken wie ein Interview mit Lahm am Spielfeldrand direkt nach Spielende: Es kommen leicht berechenbare Allerweltsfloskeln ans Tageslicht, aber keine wirkliche Substanz. Warner Grande Popmusik in Deutschland funktioniert mittlerweile viel zu oft nach der „Bohlen & der Club of Gore“-Methode: Bist du nicht im Handumdrehen ein Superstar, landest du schon morgen wieder auf dem blutigen Schrottplatz der Musikgeschichte. Und übermorgen kennt dich nun wirklich niemand mehr. Die Indie-Pop-Berliner von Von wegen Lisbeth versuchen ihre Welt da etwas anders zusammenzuzimmern. Die kopflastige Stimme von Matthias Rode bringt die Texte sehr chillig rüber. Irgendwas ist hier immer anders im Takt, aber stets sehr musikalisch austariert. Das hier ist kleiner Bubi-Pop mit einem großen Kopf: sehr facettenreich und sehr easy das Ganze. Columbia/Sony Music T H E S W A N S C O O G A N S B L U F F T H E L O W A N T H E M The Glowing Man In Industrial-Kreisen sind The Swans eine Art Guru. In frühen Zeiten setzten sie zwischen der No-Wave-Bewegung, etwas Art-Folk, sowie orchestralen Einflüssen und zähflüssiger Avantgarde wichtige Duftmarken. Ihr aktuelles Werk enthält wieder vermehrt Anleihen aus dem Noise Rock: hier sprudeln die Gitarren wie auf frühen Sonic-Youth-Alben zu einem eruptivem Gesamtkunstwerk. Michael Gira mimt gerne den Neurosen-Kavalier, der wie von einer post-traumatischen Belastungsstörung betroffen, sich als Prediger in einem düsteren Nachtschatten- Reich inszeniert. Das ist harte Kost, aber im richtigen Moment erschließt sich dieses Werk wie eine Wunderwaffe. Mute/Goodtogo Flying To The Stars Das Ensemble serviert saucoole Psychedelic- Songs mit swingenden Bläsereinsätzen und einer Vielzahl an fein ausgewählten Referenz- Schlenkern. Das Gift der Gefährlichkeit liegt dazu in der Luft. Schon die erste Nummer klingt, als hätte sich Klaus Doldinger mit Rocket From The Crypt zu einer Session verabredet. Wilder Saxophon-Punk ist dieser Bluff – ganz so, als würde James Chance eine ganze Nacht lang im Kettenhemd tanzen. Die Band zelebriert ein bösartiges Spiel mit der Provokation, sie nutzt es als Arbeits- und Werbeprinzip: Hier ist der Jazz nicht anders, sondern wie ein wildes Handgemenge in einer Bahnhofskneipe. Noisolution/Indigo Eyeland Manchmal sind junge Menschen nicht mehr zu retten. Die drängende Anschlussfrage bleibt dann unbeantwortet: Soll man es deshalb gar nicht mehr erst versuchen? The Low Anthem musizieren ganz einfach und überlegen dazu nicht lange. Diese Band wurde im Jahr 2007 von zwei Freunden gegründet, mit dem Ziel ein musikalisches Werk zu kreieren, das zeitgenössische Sounds mit traditioneller Musik vereint. Hier drehen sie alles durch den Fleischwolf, was ihnen lieb und heilig ist: John Cale, frühe Pink Floyd, elektronische Spielereien, Filmmusik, Drone und den Blues. Eine sehr individuelle Soundreise mit viel Platz zum Träumen. PH Washington Square/Rough Trade 41

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