INTERVIEW EinmalKelly, immerKelly Kann endlich auch solo zeigen,was siedrauf hat:PatriciaKelly Derberühmte, geplatzteKnoten:Eigentlich probiertsich Patricia Kellyschon seit über zehn Jahren solo ausund hatinden unterschiedlichstenProjekten mitgearbeitet. Doch seit demComeback mitihren Geschwisternund der Band The KellyFamilyimJahr 2017,scheint sich endlich harteArbeitauszuzahlen. Nach ihremErfolg mit dem Album „One More Year“steht nunder Nachfolger „Unbreakable“abdem 30.12.21inden Regalen. Christopher Filipecki erzähltesie,wie das Album entstand, wiesie mit zwei Corona-Infektionenumging und wiewichtig einLeben mitden richtigen Leuten ist. Dein neuesAlbum heißt„Unbreakable“. Daskönnteschon fast dein Lebensmottosein, oder?Duhattest zweimal Corona,vor Kurzem eine Fuß- OP und auch schonvor längererZeiteinige schwereKrankheiten. Wie gehstdumit so einemHaufen Pech um? Eine Sachehabeich guthinbekommen: IchdarfguteMenschenummich haben,auf dieich zurückgreifen kann.Menschen, diemichwirklich lieben undfür mich da sind.Ohnesie würde dasgar nichtfunktionieren.Ich wäre wahrscheinlich garnicht mehr da,weilman so viel nichtverkraftenkann. DiePsycheund Seelespielen ja auch eine großeRolle.Ich würdeauch nichtunbedingt Pech sagen, eher Schicksale.Aberauf deranderen Seite habeich dasgroße GlückmeinenGlauben undtolle Menschen, um mich zu haben,die mich hochziehen.Man kann sich nichtalles im Lebenaussuchen,aberunsereEinstellungkönnen wir steuern. Ichkann mich selbstbemitleiden oder mir dann vorAugen führen, wasich alles habeund dadurchrelativiertessichauch wieder. Wegender ganzen Hindernisse musstenleideraucheinigeKonzerteausfallen… Es istsehrschwierig.Wir haben noch zwei Showsausstehend, über die wiruns dieTageimTeamberaten.Besonders hart fürmichwar es,die Menschen zu enttäuschen. Endlichwarenwir aufTourund es lief mega undhat so viel Spaß gemacht unddann bekommeich Covid. Aber es ist, wieesist.Ich glaubeaberganzfestdaran,dasswir einenWeg finden, die Kultur wieder aufdie Bühnezubringen. Wirmüsseneinfach. Kultur braucheich als Künstlerin,aberauch wir alle. Ichbleibedapositiv undhoffnungsvoll. Dein Studioalbumaus 2019,„OneMoreYear“,ist sehr starkeingeschlagenund schafftesogar Platz3inden Albumcharts.Glaubstdu, dassdas großeKelly-Family-Comebackaus 2017 dirmit reingespielthat? Aufjeden Fall.Das Comeback hatjedem Soloprojekt geholfen. Mankann einenrichtigen Unterschiedzuden Hallen davorsehen.Auf einmal hatsich alles verdoppelt, weil wirsovielMedienpräsenzhaben.Geradewir als Künstler verdienenunseren Großteil durch Konzerte,weswegenesauch so wichtigist,dassman unswahrnimmt.Besonders aktuell,woeseben noch schwierigerist,als Künstler richtigarbeitenzukönnen. Deswegen sind wir auch allenur dankbar. Dassesaberauch beiKritikern so gut ankommt,hat mich einerseits stolzgemacht,mir aber andererseits auch einensostarken,inneren Push gegeben, weil ichschon so langegearbeitet habeund langenichtspassiertist.Man reistoft zigMaleimJahr zu Fernsehauftritten,viele glauben nicht, wievielArbeitauch hintereinem Album steckt –deswegenist daseinewunderbare Bestätigung, wenn es auch noch so gut ankommt.Bei demneuenAlbum wollte ichessogar noch bessermachen. Am Ende bewertet aber dasPublikum. Zwischen demletztenregulären Kelly-Family-Album aus2004und dem Comeback 2017 warendie Bühnen beidir kleinerund es gabetwas Ruhe. Hast du das genossen? Das war genaurichtig zu demZeitpunkt.Ich war fürgroße Bühnenüberhauptnicht bereit.Ich bineigentlich einscheuer Mensch, dasglaubtman mir oftnicht. Wenn manmichprivatkennt,weißman,dassich überhaupt nichtgerne im Mittelpunkt stehe. VonNatur ausbin ichnicht extrovertiert, weswegenesimmer einKampf fürmichwar –ich liebedie Musikund ich liebees, dieMenschenmit meiner Musikzuberühren. Aber derMittelpunkt wareigentlich immer Stress.Selbstheute noch zittereich,bevor ich aufdie Bühnegehe. Also konnte ichmichohnemeine Geschwisterund ohne ihrenSchutz langsamandas Neue gewöhnen.EineShowalleinzu spielen,ist etwasganzanderes undbedeutetvielVerantwortung, weil manmöchte, dass dieLeute glücklich nach Hausegehen.Damussman schonsehrvielvon sich geben, selbst wenn es einemandem Tagnicht gut geht. Mirist schonimmer dieQualität derMusik wichtig, weswegen ichamAnfangauch viel Jazz gemacht habe, aber irgendwann habeich mich darin nichtmehrgesehen,auch wenn ichdie Musikliebe.Sobin ich langsamzurückzumeinenWurzeln gekehrt. 28
INTERVIEW Wiewaren dieArbeitenzum neuenAlbum?WelcheThemensindeingeflossen–auch Corona? Ja,natürlich. DieCorona-Situationhat unsalleextremverändert undjeder hatdavon gelernt, positivwie negativ. Ichhabedas Album genauindiesemZeitraumgeschrieben.Der Prozess war somitwie eine ArtTherapie. Wenn ichdas nichtgehabthätte,weißich auch nicht, wasich dann gemacht hätte. Aber generell wareseinsder schwierigstenund herausforderndstenJahre überhaupt, mitvielenschwierigen Themen.Genau diese Intensität kann mandem Albumauch anmerken,auch dass es polarisiert undunterschiedlicheStimmungeneinfängtund sehr emotionalist.Umso stärker binich aber nunund spüre einneuesLeben.Wie einErwachenvollerLust. Diemeisten Songssindper Zoom-Meetingsmit meinen Teams aus London undLos Angelesentstanden, teilweisewegender Zeitverschiebungdann sogarbis 3Uhr morgens, wassehranstrengend war. „Doll“ istdas ersteLied, dasich mitmeinemSohnIggi geschriebenhabe. Eigentlich haben wir bisher nichtmiteinander geschrieben,auch wenn ich häufigerschon darangedacht habe. Seit zwei Jahrenschreibt er fürriesige Dance-Künstler, vondenen ichteilweise nicht maldie Namenkenne,weilesnicht ganz mein persönlicher Geschmackist.Aberhierhaben wir erstmaliggemeinsam was gemacht,dabei dachte ichzuvor,wir wären musikalisch zu unterschiedlich. Aber genaudiese Gegensätze sind manchmal gutfür Kreativität.Wir hatten so viel Spaß undeshat so gut funktioniert. Nunsindsogar vier Songsmit ihm aufdem Album. Ichkomme generell beim Songschreiben, egal mitwem,immer mit vielen eigenen Ideenund tauschemichdann mitanderenaus,damitesetwaspoppigerund moderner wird, weil ichetwas „Old School“und folkig bin. Außerdem gibt es einenDuettpartner! Genau,Daniel Powter.Wir kennen unsauch vomZoom-Songwriting, weil wirbeide als Songwriterbei BMGunter Vertragsind. Ichwolltegerne neue Zusammenarbeitenausprobierenund er wurde mir empfohlen. Dann habenwir denSong„Brave“ geschriebenund sinddanachimKontakt geblieben. Mirwurde außerdem vorgeschlagen, dass einFeature aufdem Album gut wäre.Ich hatteihn dann im Kopf underhat zugesagt. ImletztenJahr hast du wassehrVerrücktesgemacht –duwarst alsAdele verkleideteKandidatinbei „Big Performance“. Richtig. Ichwurde vondem Sender eingeladen.RTL hatsichbei mir gemeldetund gesagt,esgibtein Projekt, beidem siesichmichgut vorstellen können.Vieleslehne ichnämlich ab,weilich mich darin nichtsehe. Alsich „Esgibt immerwiederMomente, in denen ich lieber in einer Spießerfamilie groß geworden wäre.“ dann aber gehört habe, um wasesgingund ichauch noch Adeleimitieren sollte,bin ichhochgesprungenund habesofort„Ja“gesagt. Daswar eine richtige Ehre,weilAdele-Songs schwer zu singen sind undRTL meinte,sie könnten sich nurmich dafür vorstellen. Ich liebe Adele – „Easy on me“ lief auch,als ichimKrankenhaus war, hoch undrunter. Deswegenwar ich auch sehr nervös,abereswar am Ende eine tolleGeschichte. Kelly-Family-News gibtesauchnoch. Eine neue Weihnachts-EP,nächstes Jahr einWeihnachtsalbum und eine Tour,allerdingsohneAngelo. Istdie oftwechselnde Besetzunganstrengend oder schonRoutine? Mittlerweile hatman sich dran gewöhnt.Ich binvon Anfang an immer dabeigewesenund werdeesauch immer bleiben,wennmeine Gesundheit es erlaubt. Es istimmer einbisschenanders undman musssichein bisschen umstellen, aber manmussauch einfachrespektieren, wenn jemand eine Auszeitbraucht oder einanderes Projektmachenmöchte. Das Gute daranist nämlich,dasswir überhauptdie Freiheit haben,soetwas machen zu können.Der Fokusliegt nichtnur aufeiner Person. Wenn Chris Martin vonColdplayfehlt, istesnicht mehr Coldplay.Das istbei unsals Familienband anders undein Vorteil. Gibt es Momente, in denendudir einkonventionelleresLeben gewünschthättest? Klar,esgab Momenteund gibtsie auch immer wieder,indenenich lieber in einerSpießerfamiliegroßgeworden wäre. Dann denkeich,wie crazydiese Familieist unddassdie mich allemal können,aberdas sind kleine Momenteund ichwürde niemals tauschen. UmgekehrtwünschensichkonventionellereFamilien ja vielleicht auch mal etwasmehrVerrücktheit. MeinMann isteherbodenständig, wasich dann auch mitihm totalgenieße undbrauche. Du bist nunAnfang50–hast du noch Träume? Immer. Ichhabedas Gefühl, dass ichmichjetzt viel besser kenne,besser weiß, wasich willund wasnicht undmichbesseräußernkann.Ich bin selbstdefinierter.Wichtig istfür mich,dassmeinMann undmeine Kinder glücklich undgesundsind. Solang habeich Zeit für mein Soloprojekt,Kelly Familyläuft ja schon, darauf freue ichmichauch weiterhin.Mit meiner Solomusik würde ichgerne noch mehr Menschenerreichen, weil es mich so viel Arbeit kostet.Das wäre toll.„OneMoreYear“ war 2019 daserste Album, beidem ichauch wirklich sagenkann,das binich.Alsowünsche ich mir,dassdas nunmit „Unbreakable“soweitergeht. Ansonstenwünsche ichmir für2022nur Gesundheit,Gesundheitund Gesundheit,daich zwar wieder arbeite,abernochnicht auf100 Prozentbin. Mitihren Geschwistern undder Band TheKelly Familygehörte Patricia zu dengrößten musikalischenPhänomenen der90er. Fotos (2): Sandra Ludewig 29
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