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Januar 2019 - coolibri Essen

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MUSIK VON H IER

MUSIK VON H IER Spurensuche Düsseldorfhat eine vielfältigemusikalischeHistorie. Kraftwerk, Marius Müller-Westernhagen, Antilopen Gang:Die Listeder auch international erfolgreichenKünstleraus derLandeshauptstadtist lang.Ein Buch beschäftigt sich nunmit einerder bewegtestenZeitspannen in derDüsseldorfer Musiklandschaft. Mit„Keine Atempause“ betiteln dieAutoren MichaelWenzelund Sven-André Dreyerihre umfangreiche Rückschau. Gemeinsammit Fotograf Thomas Stelzmannrückensie diespäten1970er-Jahreinden Fokus, dieAnfangsundanschließende Hochzeit desPunk.Dreh- undAngelpunktdieserÄra war derfastschon legendäre Ratinger Hofinder Altstadt.„UnserTreffpunkt, unserWohnzimmer,unser Mittlepunkt warder Ratinger Hof“: schlägtman dasBuch auf, begrüßt einensofortdiesesZitat vonAndreas Frege.Inzwischen weltberühmt als Campino, Frontmannder ewigen Punk-PioniereDie TotenHosen,hat auch Fregeindem Club aufder Ratinger Straße seineerstenSchrittebeziehungsweise Töne alsMusiker gewagt.EineHommage an diesen Ort, dieseZeit, daswill „Keine Atempause“ sein.Und es gelingt demAutoren/Fotografen-Trio, sowohlinTextals in Bild denVibeauf Papier zu bannen,der damals vorherrschte. Erfrischendan derganzenSache:Kraftwerk, Neu! undCo.,die sonst(nebenden zugegebenermaßen schon erwähntenToten Hosen) ständigund fast monopolistischmit Düsseldorfs Musikszene und-entwicklunginVerbindunggebrachtwerden, sind nichtbis wenigpräsent.Warum dasgut ist? Weil es so vieleandere bemerkenswerte undgroßartige Künstlerinnen undKünstler in derLandes(musik)hauptstadt gibt, diegewöhnlich hinterdem großen Schatten derebengenanntenverschwinden. In dreiTeile istdas Buch gegliedert. Dererste stellt bekannte Düsseldorfer vor, diedie Musiklandschaftund derenEntwicklungmaßgeblichgeprägt haben.Zuallererst Carmen Knoebel, dieden Ratinger Hofund somitdas Herzstück derPunkszeneeröffnete. Aber auch Jürgen Engler und–natürlich –Campino kommen zu Wort,umihre Anekdotenaus demRatingerHof preiszugeben.Imzweiten Teil dann werden Orte beleuchtet,andenen Musik(auch abseitsdes Punk)zu Hauseist undwar:der Salon desAmateurs, dieBrauseund derUnique Club.DessenimFebruar 2018 plötzlich verstorbenenGründer undSeelengeber Henry Storchist dasBuch auch (völligzurecht) gewidmet.Der dritte undletzteTeilbeleuchtet dieaktuelleSzene, Stabil Elite unddie Broilers sind dieausgesuchtenBands,die laut denAutorenwohldie zukünftigen Wege bereiten für alle,die da noch kommen. Insgesamt fast schon eine Pflichtlektüre für allemusikliebhabenden Düsseldorfer–ach, füralle! toc „Keine Atempause“: Dreyer/Wenzel/Stelzmann /DrosteVerlag 44 Foto: Thoams Stelzmann /Droste Verlag Umse „Durch die Wolkendecke“ Umse,der „ewigreisendeMalocher-MC“aus Ratingen,hat einneuesAlbum am Start: „Durch dieWolkendecke“.Zwölf kleine Goldstücke in gutem, altenUmse-Sound. Unddas istsopositiv gemeintwie es nurgeht. Zwei Jahrehat sich derMittdreißigerZeitgenommen, um Songswie „Ich bereue nix“, „Wenn dieFerne ruft“ oder „Jederzeit“ zu schreiben. Einwenig düsterer vielleicht als dieVorgänger-Releases, nachdenklicher, aber trotzdem mitpositivem Vibe unddurchaus guterLaune versprühendenBoombap-Beats.Immer im Vordergrund(natürlich):die Texte. Im schon erwähnten„Jederzeit“ (Lieblingslied!) rapptUmsevom innerenKonflikteines jedenKunstschaffenden: Manwillund mussvon seiner KunstLeben,sichdafür aber nicht verstellen.Grandios! VÖ:28.9. /Jakarta Records DerOle „In Grundund Boden“ Einsehrpersönliches Album, dasist „In Grundund Boden“. DerOle,langjähriger Frontsängerder Punkrock-Lokalmatadoren Massendefekt,hat nachseinemAusscheiden aus derBand2009erstmal eine Schaffenspauseeingelegt.Now he’s back!Und wie! Mit einigenGästenund altenWeggefährtenan derSaite (kleiner Musiker-Wortwitz...)spielt sich dersymphatischeKünstlerdurch zwölf Songs, derSound istpoppigerals erwartet, wasdem Ganzenabermitnichteneinen Abbruch tut. Ohrwurmpotenzial haben dieLiederfastalle, vorallem „Zweiineinem Boot“, fast Hymnenhaft im Refrain, hatman beim HörensofortLust, sich mitguten Freunden in irgendeinem PubspätamEndeeines Abends in denArmen zu liegenund sich ewige Treue zu schwören. VÖ:17.8. /Motor Music FlorianFranke„Mond“ Neverchangearunningsystem: Florian Frankenimmt sich diesen Leitsatz offenbar zu Herzen. Und dasist gut!Der Wuppertaler weiß, waserkann,und dasmacht er:Schöne Texte, gefällige Melodien,bewährte Harmonien,solides Songwritinghalt. Dazu eine wirklich fantastische Band,einehochwertige Produktion–fertig istdas vielversprechendePop-Album.Titel wie„Bleibe hier“, „Ich halt dich fest“und „Abschiedslied“geben vermeintlich tiefen Einblick in dasGefühlslebendes sehr charmantenSängers.Und vordergründigscheintes, als wäre da einigeslos geweseninletzter Zeit.Sehr balladenlastigist dasWerk, passendzuJahreszeit, in derman am schönstenamFenster sitzen undmelancholisch insneblige Grau da draußen starrenkann. VÖ:16.11./Motor Music TimNeuhaus „Pose III +IV“ Wenn mansichselberremixed,hat man’sgeschafft, oder?Tim Neuhaus kann sich also demzufolgequasizur Ruhe setzen,dennder sich seit Jahren konstant in action befindende Musikeraus Hagen hatgleichein ganzes Album mitReworks undOuttakesseinesaktuellenAlbums„PahseI+II“released. Dasser sich zur Ruhe setzen kann,ist natürölichnur ein(vielleicht nichtsehrgelungener) Scherz derAutorin.Hoffentlich hörtNeuhaus NIEMALS auf, Musikzumachen. Vielzuschön,beruhigendund zauberhaft sindseine Ergüsse,egalobimOriginal oder im Remix. VÖ:30.11 /Grand Hotelvan Cleef TossiaCorman

ALBEN D E N D E M A N N S W E R V E D R I V E R T U R B O S T A A T Da nich für Kaum einGenre istinDeutschland so groß und soziokulturell so bedeutsam wieHip-Hop.„Eigentlich müsstedie Zeit nebenWirtschaft, Feuilleton oder Politik mal ein wöchentliches Hip-Hop-Dossieranlegen, weil es dazu so viel zu sagengibt“, sagtekürzlichmal JanBöhmermann in seinem Fest &Flauschig-Podcast. Dendemann könnte dieses Ressortleiten. Er isteinerder wichtigstenRapperbei uns. Mitseinem neuenAlbum setztergefälligeMarken zwischenBeats undSoundkulissen. MitvielReimkunstund fetten Bässen stößterdas neue Jahr gleich miteinem Fußtritt an.GlänzendePlatte! Vertigo/Universal Future Ruins DieseBritenkönnenviel: dies istkeine Konsensmusik für Langweiler,sondern Oxfords Shoegaze undPsych-RockLegenden drehenordentlich auf. Swervedriver klingen sehr nach denfrühen1990er-Jahren.Ihr endlos fiependerGitarrren-Wall-of-Sound vermischt sich sehr gutmit denschwebendenund engelsgleichen Gesangs-Melodien.Passt perfektzwischenDinosaurJr. undMyBloodyValentine. DasVideo zum Track„DroneLover“schaltetdazu dasKopfkinoan: unscharfePolaroids und körnige Film Visuals mischen sich hier mitverlassenenund zerbombten Gebäuden. Spooky! Rock Action/PIAS Nachtbrot Wieimmer bauenTurbostaatmit diesem Live-AlbumnarrativeWeltenzum Anfassen.Esgeht um Verlorensein undDurchhalten.Ihr Bühnen- Soundist offen, aufgebrochen undroh,dochder Grundtenor bleibt stabil.Sie klauen beiDackelblut undJoy Division, beiEA80und denToten Hosen. Mitdem Ankerplatzimnordfriesischen Husumbleiben Küste,steifeBriseund salziges Meer in ihrenSongs jederzeitgreifbar: siehaben einGefühlfür Fischbuden,Weite undHorizont. Ihre unprätentiöseProsa verbindetTheodor Stormmit Toxoplasma.Dennsie sind Assismit Niveau undhörenDeutschpunk aufdem Klo. PIAS/Rough Trade J O N S P E N C E R W O L F & M O O N S P I D E R G A W D Spencer Sings The Hits DerMaestro desGaragenpunk istzurück. Jon Spencerpräsentierteinen Zaubertrank aus Rhythm undBlues,Noiserock,subversiven Dance-Grooves undSci-Fi-Skills.Hießesbei PussyGalorenoch, dieursprünglicheIdeevon Rock’n’Rollin10000 Einzelteilezuzerbomben, so gabersichmit Boss Hoggemäßigter.Mit der großen BluesExplosion sollte JonSpencer nochmals einSpielmit ganz feinen Zutatenbeginnen –und mitdiesemAlbum ziehtereine Revueshowab, dieseinlangesWerkzitiert.Er kann auch in derGegenwartdem Kaputtnick- Rock immernochganzvielSeele verleihen. Halleluja! In TheRed Records/Shove Records Before ItGets Dark Wolf &Moonsindzweimoderne Storytelling-Nomaden,privatein Paarund aufder Bühnesoetwaswie Abiund Esther Ofariminder 2.0-Version. Ihre Musik lebt vonknisternderAtmosphäre unddem Zusammenspiel ihrerStimmen.Diese verträumten Indie-Folk-Reisenwerdenontop mittreibendenund elektronischen Elementen angereichert.Für dieses Album hatdas Duo sein komplettes Lebeninein Auto gepacktund einenganzenSommerinSchwedenverbracht. In Stockholmtrafensie aufden Produzenten John Andersson, dereinen perfektenSound dafür gefundenhat. AdPRecords/Alive V Eine perfekte Platte!Schon derzweiteSong„Ritual Supernatural“macht klar,was hier Sache ist: Spidergawd schreibenSongs,umdie sie selbst dieFoo Fighters beneiden würden. Nein, siemachendem Rock nichtnur alle Ehre,sie hauchen ihm eine ÜberdosisLeben ein. Diese Skandinavier verbannen jeglichesüberflüssiges Mainstream-Gewaber, ziehen ihre Sichtder Dinge aufscharfund zeigen,dassder Arsch in der Hose zu denwichtigsten Körperteilengehört. DerTrack „Knights of CGR“ bietet abstraktes Headbangen fürMelvins-Fansund „Whirlwind“ istekstatischerVintage-Hardrock. CrispinGlover Records /Soulfood 45

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