M U S I K Rapper Porkyist seit 2005 ein Deichkind: „Wir sind nicht solche Klischee-Leute“ Foto: Studio Schramm Im Musikjahr 2015 ist „Niveau, Weshalb, Warum“ eines der wichtigsten Alben. Sie haben was zu sagen und sind die Garantie für eine feucht-fröhliche Party. Keine zwei- Deichkind: Leben mit Wendepunkten 48 Seit 2005 ist Rapper Porky festes Mitglied bei Deichkind. „Mit Addi und Malte hatte ich meine erste Punkband, die dann auseinander gegangen ist, weil sich Deichkind gegründet hatten. Ich war schon immer in ihrem Dunstkreis.“ Ob der Eintritt in die Band ein entscheidender Abschnitt war, relativiert Porky: „Das ganze Leben besteht aus Wendepunkten. Ich war irgendwann arbeitslos und da stand die Tür auf zum Neunsitzer. Ich hatte nichts vor an dem Wochenende, also bin ich einfach eingestiegen und mit auf Tour gegangen. Und bin jetzt immer noch dabei.“ Nach dem Ende der Schule schwebte ein großes Nichts über ihm. Eine Lehre als Elektriker hat er abgebrochen, später studierte der MC Musik in Holland: „Die Elektrikerlehre ist auf Druck von meinen Eltern passiert. Die sagten: ,entweder du machst das oder fliegst zu Hause raus.‘ Ich hab das einfach aus Angst gemacht.“ Es folgte ein kurzer Abschnitt an der Musikhochschule: „Ich hab' dann so lange geübt, bis die mich genommen haben. Ich hatte tierische Zukunftsängste und hab immer gedacht, dass ich in der Gosse lande. Irgendwas in mir war stärker, das hat mich geleitet. Irgendwie bin ich den schwierigen Weg gegangen. Ich hab dann oft von der Hand in den Mund gelebt. Gerade in Amsterdam waren die Mieten sehr hoch und der ganze theoretische Überbau war jetzt auch nicht unbedingt so sehr mein Zugang zur Musik.“ Aber handwerklich hat er dort schon wichtiges Basis-Wissen gelernt: „Ich hatte kürzlich einen Studiojob, wo ich für einen Jazzsänger aus Chicago den Bass eingespielt hab. Das finde ich auch sehr abwechslungsreich, wenn ich mal als Bassist arbeiten kann.“ Auch bei Deichkind ist seine Vielseitigkeit gefragt: „Ich hab keine Berührungsängste, was Instrumente angeht. Für das letzte Album hab ich ein paar E-Drums eingespielt. Das groovt immer geil und ist auch besser, als wenn man das mit den Fingern auf der Tastatur eintippt.“ Porky ist ein offener Mensch, in dessen persönlichen Top-Ten-Listen auch schon mal AC/DC oder Pantera auftauchen: „Wir sind nicht so solche Klischee-Leute, die jetzt nur an einem Stil hängen – sonst hätten wir uns jetzt auch nicht von einem reinen Hip- Hop-Ding lösen können. Auch unser Produzent hat verschiedene Ecken in sich. Ich bin jetzt auch nicht nur Rocker. Ich mag auch Jazz sehr und Afrikanische Musik.“ Vor unserem Interview hat er hinterm Haus noch Holz aufgestapelt. „Ich hab dazu den Soundtrack von ‚Taxi Driver‘ gehört. Starke Platte, das ist die geilste Mucke.“ Live: 28.01. Grugahalle, Essen; 29./30.07. Juicy Beats Festival, Dortmund Peter Hesse
M U S I K 1 4. UND 15.1. JAHRHUNDERTHALLE, BOCHUM 28.01. LIVE MUSIC HALL, KÖLN Steven Wilson Der Tausendsassa Steven Wilson macht alles und scheint Tag und Nacht beschäftigt zu sein. Ob im Studio, auf Interview-Reise oder auf Tour. Er ist ständig in Action und spielt diverse Instrumente. Er gehört zu den Workaholics unter den Musikern. Seine Tage müssen wohl 36 Stunden lang sein. Dazu ist er autodidaktisch erlernter Produzent, Toningenieur, Sänger, Gitarrist, Keyboarder und noch vieles mehr. Songs schreibt er auch scheinbar wie am laufenden Band. Mit dem Album „Hand.Cannot.Erase“ gastiert er nun an zwei Tagen hintereinander in der Bochumer Jahrhunderthalle. Inspiriert zu diesem Werk wurde Wilson vom Dokumentarfilm „Dreams Of A Life“. Der Handlungsstrang erzählt von einer Frau, die fast drei Jahre tot in ihrer Wohnung lag. Keine alte und einsame Schachtel wohlgemerkt, sondern eine junge, attraktive Frau, die aber trotzdem von niemandem vermisst wurde. Über sein Metier spricht er dennoch mit gesundem Abstand: „Rockmusik ist in den letzten 15 Jahren sehr vom Mainstream absorbiert worden. Manchmal glaubt man fast, dass es keine Szene mehr gibt, wo etwas mit einer starken Handschrift und einer klaren Kante zelebriert wird.“ Ob er seine Aussage an U2 oder Bruce Springsteen adressiert, lässt er im Unklaren. „Trotzdem ist der klassische Rock ja für ganz viele Menschen eine sehr spezielle Form der Musik-Darbietung. Es besteht derzeit nicht die Gefahr, dass Rock mal wie der Jazz in einer Nische landen wird. Für mich die letzte große Band, die mich wie auf einer Welle getragen hat, das war Marillion. Auch die Grunge-Welle mit Nirvana und den vielen anderen Bands war genau das, was mich zum Staunen brachte. Eine Welt, die sich scheinbar immer schneller dreht und wo jeder sein iPhone mit Internet für die beste Erfindung hält, da ist es gut zu wissen, dass der Rock hier einen Gegenpol bieten kann.“ „Vieles, was mich in den Bann gezogen hat.“ Wilson ist ein Arbeitstier. Mit der Band Porcupine Tree, seinen Solo-Alben und unzähligen Gastbeiträgen kommt er auf über 50 Alben, wo er als Musiker zu hören ist. Dazu Produzenten-Tätigkeiten mit so unterschiedlichen Acts wie Opeth, Orphaned Land, Anja Garbarek, King Crimson oder Emerson Lake & Palmer. Wer oder was hat ihn am meisten beeinflusst? „Mein Vater hatte eine sehr große Platten-Sammlung, da habe ich vieles gefunden, was mich in den Bann gezogen hat.“ Dann zählt er auf: „Mike Oldfield mit ,Tubular Bells‘ zum Beispiel, oder ,Dark Side Of The Moon‘ von Pink Floyd oder „War Of The Worlds“ von Jeff Wayne. Das waren für mich Reisen in eine andere Welt. Diese Platten waren eigentlich nicht mit kommerziellen Pop-Liedchen ausgestattet, haben sich aber trotzdem millionenfach verkauft. Mein Vater hat immer wieder aufgelegt. Das hat sich, ähnlich einer Gehirnwäsche, sehr in meinem Bewusstsein fest gesetzt.“ Foto:Naki Kouyioumtzis Fraktus Das Wunder von Bernd Auf Zelluloid sind sie bereits unsterblich. „Fraktus – Das letzte Kapitel der Musikgeschichte“ ist als filmische Dokumentation ein hellsichtiger Einblick in das Innenleben einer Band zwischen Schuld, Sühne und Streusalz. Sie kultivieren ein Humor-Verständnis zwischen Fips Asmussen, Spinal Tap und Monty Python. Torsten Bage, Bernd Wand und Dickie Schubert zum Interview in Hamburg zu treffen, zeigt, das Freunde mehr sind als einfach nur Friends. Fraktus ist eine Band mit drei Charakterköpfen. Viele Trios haben die Geschichte der Rock- und Pop-Musik geprägt. The Police oder Hüsker Dü, Cream oder Motörhead, Trio oder Tic Tac Toe. Häufig haben gerade Dreierbesetzungen ein Ungleichgewicht zwischen Häuptlingen und Indianern. Besteht bei Fraktus eine Art Gleichberechtigung? „Wir haben eine Freundschaft von damals, die unkaputtbar ist. Wir bemühen die Freundschaft nicht, denn sie funktioniert wie ein flacher Teppich. Der ganze Überbau steht oben drüber“, so erläutert Dickie das System dahinter. „Wir haben eine Art virtuellen Kokon. Für unsere Tour werden wir per Skype proben“, sagt Torsten Bage. Fraktus sind Stützpfeiler des Techno, aber die Geschichte der elektronischen Musik ist in Deutschland vor allem auf zwei Säulen gebaut. Giorgio Moroder erfand in München den Disco-Sound am Synthesizer und Kraftwerk waren in Düsseldorf die Beatles der elektronischen Klangerzeugung. Ob zwischen diesen Mogulen die Pionierarbeit von Fraktus zu kurz gerät? „Ich hab das Gefühl, dass wir auch den Platz haben, der uns gut gefällt“ sagt Bernd Wand und ergänzt: „Man kennt uns, man bezieht sich auf uns – aber wir sind nicht so groß wie Kraftwerk, die sich übrigens auch nicht auf uns beziehen. Wir sind Kollegen.“ Dickie Schubert sieht die musikalische Prägung noch etwas diffiziler: „Wir kommen eindeutig aus der Schule von Harold Faltermeyer, der ja auch viel in der Richtung mitgewirkt hat. Aber durch den einprägsamen Sound von ‚Miami Vice‘ hat er ein ganz neues Soundbild geprägt. Auch George Kranz ist für uns wichtig gewesen. Unser Einflussbereich ist aber breiter als das Nil-Delta. Verschiedene Flüsse fließen rein, anderes fließt wieder raus.“ Es beginnt eine Diskussion, wer noch wichtiger war. „Es ist bei uns wie immer: drei Stühle eine Meinung“, sagt Torsten Bage, dessen Erscheinungsbild an den großen Hamburger Poeten Heinz Strunk erinnert. Etwas später ist er erschöpft und steht in einer Pose auf, wie man sie von Axl Rose kennt. Er lockert seine Springerstiefel, legt sich auf das Sofa nebenan und durchwischt sein Smartphone nach Neuigkeiten. Dickie und Bernd bleiben am Ball. Ob sie gerne mal den Soundtrack für einen Film komponieren würden? „Wenn es einen James-Bond-Stoff gäbe, der wie ein deutscher Autorenfilm gedreht ist, würde ich das interessant finden.“ Richtig. Humor und Nonsens sind bei Fraktus ein unzertrennliches Zwillingspärchen. PH 49 Foto: JFEhlfarben
Foto: Bernd Brundert Thomas Quastho
Foto: Stage Entertainment/Morris Ma
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