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Februar 2020 - coolibri Düsseldorf, Wuppertal

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BLICKPUNKT: LITERATUR

BLICKPUNKT: LITERATUR Lesestoff Ob Anthologie, Krimioder Kinderbuch: DieAutoren der Region habeneifrig in ihre Tastaturengehämmert undliefern jede Menge frischen Lesestoff. Einige lohnenswerte Neuerscheinungen stellen Nadine Sole und Lina Niermannvor. Foto: Kimberly Farmer Künstlermord BeiKommissarin FrederikeStier istder Name Programm:Immer stur mit demKopfdurch dieWand. DerChefwillsie in Renteschicken, derKardiologe ihr dasRauchen abgewöhnen,dochdie 61-Jährigehat Besseres zu tun. Schließlich istauf Zollvereingeradeein Mord passiert.Der KünstlerClaude Freistein, derfür seinemakabrenInstallationenaus Schweinehälften internationalenRuhmerlangt hat, wurde erdrosselt an derKohlenwäsche aufgefunden. Gemeinsammit ihremKollegenKowalczyk begibtsie sich aufTätersuche. „Kohlenwäsche“ istein konventionellgestrickteraberpackenderKrimi,der vonder starrsinnigen undvon Albträumen geplagtenHauptfigurgetragenwird. Kaliber: BellaBlock.Ambestenineinem Rutsch genießen –wie einenspannendenTatortamSonntagabend. LN Thomas Salzmann:Kohlenwäsche. Emons, Köln2019, 336Seiten, 11,90€ DancingwithMr. D–TodinPopmusikund Kunst DieDüsseldorferUni besitzteineriesige Grafiksammlungzum ThemaTod undTotentanz.Diese hatnun denAnstoßgegeben, sich mitder Musikhinterden Vergänglichkeitsmotivenzubeschäftigen.Herausgekommen ist eine spannendeAnthologie vonHistorikern, Kunsthistorikern, Literatur- , Sprach-und Musikwissenschaftlernsowie bildende Künstlern .Diese ziehtden Bogen vommittelalterlichen Totentanzbis zur Ästhetisierung derVanitasinder Postmoderne. So wirdetwader Dandyism undder Schöne Todmit denSmithsinBezug gebracht.Der „Club27“ darf ebenso wenigfehlenwie „Sympathyfor theDevil“ vonden Stones,die denTitel desBuches verantworten. Wieeinedüster-gutePlaylistvon Rock bisHip-Hop! SoN LuisaRitterhaus, Anna Schiller,JörgVögele, Kelly Gisela Waap (Hg.): Dancing with Mr.D.–TodinPopmusik und Kunst. Wienand, Köln2019, 352Seiten, 29,80€ Ekstase Als konfettiwerfenderStrahlemann istPatrick Salmen nunnicht bekannt. Doch auch im verschwurbeltstenWortwitzdes Autors,Slam-Poetenund Kabarettistenverstecktsicheineerhellende Portionfurztrockener Humor. Er seziertSätzeund Phänomene der Jetztzeitund beobachtet gnadenlos. Sich selbst undseinenBart nimmt er ebenso ungeschönt aufs Korn.Die wirklich lustigeTextesammlungbeinhaltetKurzgeschichten, Briefeund Ratschläge für alle Lebenslagen. Ob nunals letzterVerfechterder Kuhmilch oder als Britney-Spears-Fan:die Schreibe–„einfach nurwow!“ SoN PatrickSalmen: Ekstase–Istdoch auch malganzschön.Knaur,München 2019,256 Seiten,9,99€ 6 Mondsuche Eigentlich soll der kleine KönigMuckiden Mond Pit gutbewachen, denn Pitstelltin seiner Traumfabrik schöneTräumefür Kinderher. Doch als Muckieines Tagesdurch sein Fernrohr blickt,ist Pitverschwunden. MitGünther demWalross begibt er sich aufdie Suche. Das in Versform verfasste, zweisprachigeKinderbuch isteineGemeinschaftsarbeitder beiden Dortmunder Markus Trümperund WenzelHeckenkamp. Trümperschrieb dieTexte,die Illustrationen im Clipart-Design stammen vonHeckenkamp.Erhältlich istdas Buch im Dortmunder LadenU-Nikat sowie auf: plezurobuch.com LN Markus Trümper:König Mucki. Auf derSuche nach Pit. Plezuro, Dortmund2019, 52 Seiten,16,90 € Kielbrust-Komplexe Eine unerwarteteVaterschaft stellt dasLeben desBerufsschullehrers Fabian Weinertauf denKopf: Die16-jährigenZwillingeRonja undLeonie sind überzeugtdavon,inihm ihrenleiblichenVater gefundenzuhaben.Doch dasist eigentlich unmöglich,dennder schüchterne Mittdreißigerist noch Jungfrau –dachteerzumindest bislang. In seinem Debütroman „Vaterschaftstest“ stellt derEssener AutorMarkus Behr einenunbeholfenen aber grundsympathischenProtagonisteninden Mittelpunkt. Wegenseinerhervorstehenden Kielbrusthat WeinertKomplexe gegenüberFrauen, dieermittels Therapie unddem Besuch einerKuschelpartyzuüberwindensucht. Das Auftauchen derZwillinge reißtihn ausseinerengen und ofteinsamenKomfortzone.Eineturbulente Wahrheitssuchebei ehemaligenMitschülern, aufDachböden undbei derleiblichenMutterder Zwillinge beginnt. Derkompakt gehalteneRoman fesseltabder ersten Minute. BehrsErzählstilist locker-leicht, Alltagssituationenhälterinplastischen Bildern, mitvielFeingefühlund stetshumorvollem Blickfest. SeineBeschreibungensindnie plakativ-eindeutig,sondern wahren dieZwischentöne desmenschlichen Miteinanders.Als Leserfolgt mangerndem Wegdieseretwas ungeschickten Hauptfigur,die sich langsamindie Vaterrolle einfindet, neue Bindungenaufbaut unddie lernt, sich selbst undanderen stärker zu vertrauen. LN Markus Behr:Vaterschaftstest. Wagenbach, Berlin 2019,192 Seiten,12,90 €

BLICKPUNKT: LITERATUR Ein Märchen für Große D O R T M U N D Als alleinerziehende Mutterfand Susanne Bohnekeine Stelleinihrem alten Beruf als Mediengestalterin.Alsofing dieDortmunderin an,zubloggenund Lerngeschichtenim Selbstverlag zu publizieren.„Dasschräge Haus“ ist ihr ersterRoman. Im Gespräch mit Lina Niermannerzählt sie, warum ihreGeschichte in einemSchrebergartenspielt, wie vielsie mitihrer Protagonistin gemein hatund wassie sich als Alleinerziehende vonPolitik undGesellschaftwünscht. AutorinSusanne Bohne fühlt sichmanchmaletwas schräg. Foto: Susanne Bohne SusanneBohne,ist das einPseudonym? Nein,das istmeinrichtiger Name.Abernachdem Heinz Strunk 2009 in demRoman „Fleckenteufel“ zufälligerweise seineProtagonistinauch SusanneBohne getauft hat, habeich öfteranzüglicheFanpost bekommen. Das war schonlustig. Warumhastdudichjetztentschieden,einen Romanzuschreiben? DieIdee für dieimRuhrpott angesiedelte Geschichte hatteich schonganz lange. DerZuspruch vonanderen,den ichübermeinenBlogund über Social Mediabekommen habe, hatmir denSchubsgegebenzusagen: Gut, jetztsetzt du dich hinund schreibstdas Ding! drückt für mich gut dasGefühlvon Geborgenheitaus.ImRoman verwende ichjaauch denBegriffder „Käseglocke“. DerSchrebergartenist einOrt,an demsichEllatotal geschütztfühlenkann.Außerdemsieht manvon dort aus keineIndustrie.EsgibthiervielGrün,die Amselzwitschert–der Schrebergartendient als Kontrast zumGrauund Schmutzder Stadt. Womitkämpfst du alsalleinerziehendeMutter? Diegrößte Herausforderungist,dassman wirklich24/7imEinsatz ist. Du musst dich um allesselbstkümmern undhastdie volleVerantwortung Zeit zumDurchschnaufenbleibtkaum. Ichbin ja nichtnur Mama,sondern auch Frau undwürde gernemal weggehen,aberdas istmeist nichtdrin. DeineGeschichteenthält vielemärchenhafteElemente. DieSeelendeiner Figurenähnelnzum Beispiel Häusern, dieschräge Giebel oder Fensterlädenaus Mimosenblättern haben.Wie kamstduauf dieseIdee? Ichwollteein Wohlfühlbuch schreiben,eineArt Märchen für Große. So etwasgibtesheute kaum noch undich finde,das fehltein bisschen.Wie ichauf dasBildgekommen bin? Das istmir einfachsoeingefallen.Ich fand es passend, dass Seelen wie Häuser sind,die deneigenen Gemütszustand widerspiegeln unddie mansichsoeinrichtet, wieman es gern hat. DeineHauptfigurEllaist einfantasievollesMädchen, das oftdas Gefühl hat, nichtindiese Weltzupassen. WievielEllastecktindir? Ella undich stehen unssehrnah.Ich weiß, wieesist,sichein bisschen schräg zu fühlen.Genausokenne ichdas Gefühl, dass dieWeltmanchmal zu groß undzukompliziert für einenist.Ich habelange gebraucht, um meinen PlatzimLeben zu findenund hättezum Beispiel niegedacht,dass ichdas Schreiben zumBeruf machenkönnte. 1986,imSchrebergarten vonEllas Oma, istdie WeltnochinOrdnung.Da werden Frikadellengebratenund Festegefeiert. Warumhastduden Kleingartenals zentralen Schauplatzgewählt? GartenfestesindeineKindheitserinnerungvon mir. Eine solche Szene „Ich wollte ein Wohlfühlbuch schreiben“ Welchegesellschaftlichen Veränderungenwürdest du dirwünschen? Ichwürde mir mehr Halbtagsstellenfür Mütterwünschenund eine bessere undgünstigereKinderbetreuung. In meinem Job als Mediengestalterin wäre halbtags garnicht gegangen. Da arbeitet manmeist in Werbeagenturenund mussDeadlines einhalten. Da kannst du nichtnach vier Stundenaufstehen,deine Sachen packen undgehen.Bei derArbeitssuchehabeich vielenegativeErfahrungen gemacht.Die Chance, dass dich überhauptjemandeinstellt, wenn er weiß,dassdua)Mutterund b) alleinerziehend bist, istgering. Und wenn mandann irgendwann beim Jobcenter landet,dann istman in einerMühledrin,aus derman nurschwerwiederherauskommt. Im Februarsteht deineerste Lesungan, schonnervös? Ja!Vor demVorlesepart nichtsosehr, weil ichdadurch meineTochter mittlerweile fast sieben Jahre Übunghabe. Nurdie Aussicht,durch den Abendführenzumüssen, flößtmir doch großen Respektein.Aberich werde schonnicht ohnmächtig vomStuhl kippen –hoffe ich. DieLesungist im Nicolaihaus in Unna,übrigensauch einschräges kleinesFachwerkhaus.Das passtwie dieFaust aufs Auge! „Das schrägeHaus“ –Buchpremieremit SusanneBohne:21.2. (19.30 Uhr),Nicolaihaus,Unna; Susannes Blog:halloliebewolke.com 7

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