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Februar 2018 - coolibri Oberhausen, Duisburg, Mülheim

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THEATER G E L S E N K I

THEATER G E L S E N K I R C H E N Stimmen aus der Unterwelt Henrik Wager als Jesus, Opernchor vom MiR Foto: Pedro Malinowski /MiR Jeder Rocksänger wird vor Neid erblassen, wenn er Henrik Wager in der Titelrolle von „Jesus Christ Superstar“ hört. Säuselnde tiefe Töne im Duett mit Judas-Darsteller Serkan Kaya stehen neben kraftvollen Soloparts, in denen er sich in höchste Höhen katapultiert. Das beeindruckt. Wager gestaltet den Abend mit musikalischem Gefühl und hundertprozentiger Energie. Die Band unter der Leitung von Heribert Feckler umspielt die Geschichte mit differenzierten Klängen, drängt, fokussiert, baut Spannungsbögen. Atemlos folgt man dem Heldenkult rund um die Jesusgestalt von Andrew Lloyd Webber/Tim Rice aus den frühen 70er Jahren, die Michael Schulz in seiner Inszenierung mühelos in die Gegenwart überträgt. Webbers Melodiegewitter ist bombastisch, wirkt modern, verbreitet gleichzeitig den Hauch der Hippie-Ära. Vor einer Innenhof-Kulisse startet das Spektakel zunächst leise, bald steigt mit dem Opernchor die Dynamik stetig an. Schulz zeigt den Chor als radikale Verehrergemeinschaft, die ihren Jesus zum Führer macht und später zum Märtyrer-Mob mutiert. Doch der Heilsbringer selbst ist unsicher, er hadert mit sich und der Welt, wirkt stellenweise ungehalten, zeigt sich als Suchender. Dann fährt ein Podest hoch und in einer Rotlichtszene flackert die tödliche Gefahr auf. Die Hohepriester, allen voran Joachim Gabriel Maaß als Kaiphas mit seinem markerschütternden diabolischen Bass, verhandeln in schwarzen Business-Anzügen über Jesus‘ Schicksal. Politische Machtkämpfe fächern sich auf, auch Maria Magdalena (bei Webber eine Prostituierte) gerät als Geliebte des Gottessohnes zwischen die Fronten. Die Darstellerin Theresa Weber zeichnet mit ihrer außergewöhnlichen Klangfarbe einen Kontrast zwischen die allesamt herausragenden Stimmen der herrschenden Männergesellschaft. Vielschichtig zeigt sich auch die Figur des Judas, der an seinem Verrat an Jesus verzweifelt. Ganz am Schluss wird es plötzlich ruhig, alles ist vorbei, aber die Zuschauer werden plötzlich mit dem historisch überlieferten Bild des Gekreuzigten konfrontiert, das so gar nichts mit dem bis dahin Gesehenen zu tun haben scheint. Der Erlöser als Projektionsfläche, da ist für jeden was dabei. Ariane Schön Jesus Christ Superstar: 18., 23.2., Musiktheater im Revier, Gelsenkirchen PREMIEREN IM FEBRUAR BOCHUM DORTMUND 2.2. Jugend ohne Gott nach Ödön von Horváth 9.2. Das Internat von Ersan Mondtag, Alexander Kerlin (R: E. Mondtag), Schauspielhaus; (R: Martina van Boxen), Kammerspiele; 3.2. Ende gut, alles gut von William Shakespeare 10.2. Alice von Mauro Bigonzetti nach Lewis (R: Robert Schuster), Schauspielhaus; 24.2. Carroll (Ch: M. Bigonzetti), Opernhaus; 11.2. Orlando nach Virginia Woolf (R: Laura N. Jung- Träum weiter von Nesrin Sam dereli (R: Selen Kara), Kammerspiele; 28.2. Club 2: Frühlings hanns), Studio; 23.2. Wertvoll – am besten Erwachen! von Nuran David Calis (R: Lisa Hetzel), Theater unten Klaus Fehling (R: J. bist du als du selbst von Johanna Weißert, Weißert) 42 DUISBURG 2.2. Ballett am Rhein – b.34 (Ch: Martin Schläpfer, Marco Goecke, Kurt Jooss/Claudio Schellino), Theater Duisburg 22.2. Don Pasquale von Gaetano Donizetti (R: Rolando Villazón), Theater Duisburg 25.2. Der Opernbaukasten – Folge 3 (R: Christoph Stöcker), Theater Duisburg 26.2. SEINS.fiction von Toboso (R: Fabian Sattler), Foyer III ESSEN 3.2. Die erstaunlichen Abenteuer der Maulina Schmitt nach Finn-Ole Heinrich (R: Tobias Dömer), Box 17.2. Der Prinz, der Bettelknabe und das Kapital nach Mark Twain (R: Volker Lösch), Grillo-Theater23.2. Metropolis nach Thea von Harbou, Fritz Lang (R: Nils Voges), Casa 24.2. Hans Heiling von Heinrich Marschner (R: Andreas Baesler), Aalto-Theater 27.2. Kleinemenschenlachen von Esther Aust, Miriam Michel, Marguerite Windblut, Heldenbar

THEATER D Ü S S E L D O R F Ohne Worte Regisseurin Wera Mahne hat für ihr Stück „FLIRT“ schon zum zweiten Mal hörende und taube Darsteller zusammengeführt. In der entstandenen Performance geht es ums Flirten– und um die Verschränkung von Laut- und Gebärdensprache. Ist Körpersprache universal? Was sagen wir, wenn wir nichts sagen? „Die Idee war, ein Stück über nonverbale Kommunikation zu entwickeln“, erzählt Mahne, die 2016 mit dem Kinderjury-Preis beim Westwind-Festival ausgezeichnet wurde. „In den Darsteller in „FLIRT“ Proben zum Vorgängerstück ‚Wach?‘, in dem auch schon hörende und taube Menschen gemeinsam auf der Bühne standen, haben wir festgestellt, dass durch die besondere Konstellation in der Gruppe eine andere Art der Kommunikation begonnen hatte“, berichtet sie. Teilweise seien nur durch Blicke oder Bewegungen Absprachen getroffen worden. Durch ein Projekt in Portugal an einer Schule für gehörlose Kinder kam sie zum Thema Gebärdensprache: „Ziemlich schnell war für mich klar, dass mich dieses Thema interessiert, künstlerisch und politisch.“ Danach fing sie an, aktiv Kontakt zu Organisationen zu suchen und die Gebärdensprache zu lernen. In „FLIRT“ geht es um jenen kleinen Tanz umeinander, der so aufregend, so bittersüß sein kann. Gerade für junge Menschen, die zum ersten Mal Erfahrungen in diese Richtung sammeln. Durch eine Online-Recherche näherten sich Mahne und ihr Ensemble dem Thema an. Jeder, der auf die gemeinsam entwickelte Homepage ging, konnte Flirtgeschichten als Material beisteuern. Die Hoffnung, dass sich viele Teilnehmer über die Plattform finden würden, hat sich erfüllt: „Durch diese Offenheit finden Geschichten und Erfahrungen den Weg ins Theater, die sonst möglicherweise schwer ankommen würden“, so die Regisseurin. So kann das Ensemble über den Tellerrand gucken. Mahne: „Das ist essentiell für meine künstlerische Arbeitsweise.“ Auf der Bühne werden diese Geschichten von den jugendlichen Protagonisten in Laut- und Gebärdensprache erzählt. Durch das Übersetzen in beide Richtungen tauche man noch intensiver in die Marterie ein, erzählt die Regisseurin. Gestik und Mimik bekommen eine viel intensivere Bedeutung, „Zwischentöne“ werden hör- und sichtbar gemacht. Das Ziel der ambitionierten Theatermacherin? „Wenn taube und hörende Menschen gemeinsam in die Inszenierung gehen, in Austausch kommen und die unterschiedlichen Wahrnehmungsweisen als Gewinn betrachten. Das wäre wunderbar.“ toc; FLIRT: 22.+23.2. 19 Uhr, 26.2. 10 Uhr, FFT Juta, Düsseldorf; fft-duesseldorf.de GELSENKIRCHEN 9.2. Der Vetter aus Dingsda von Eduard Künneke (R: Rahel Thiel), Musiktheater im Revier; 17.2. Romeo und Julia nach William Shakespeare (Ch: Bridget Breiner), Musiktheater im Revier; 23.2. Mission: Possible 2018 (R: Carsten Kirchmeier), Musiktheater im Revier HAGEN 3.2. Ritter Roland von Joseph Haydn (R: Dominik Wilgenbus), Theater Hagen MOERS 23.2. Der Ring. Rheingold im Königssee (R: Ulrich Greb), Schlosstheater, Wallzentrum MÜLHEIM 15.2. Die Marquise von O. von Heinrich von Kleist (R: E. Hattenbach), Theater an der Ruhr OBERHAUSEN 2.2. Der futurologische Kongress von Stanislaw Lem (R: Tomas Schweigen), Theater Oberhausen; 3.2. Die Tiefe von Jón Atli Jónasson (R: Josef Zschornack), Theater Oberhausen Foto: Declan Hurley D O R T M U N D Abschiedsrolle: Hannes Brock als Prinz Sternschnuppe Mondsüchtig in Dortmund Frau Luna lädt zum Ball – Kometen eilen herbei und Planeten machen sich fein. Auch Pluto – aber der darf ja nicht mehr. Die Berliner Operette glitzert und funkelt sich durch den Premierenabend in Dortmund. Mittendrin drei Typen aus einem Berliner Hinterhof, die es mit ihrem Express- Ballon hinauf zum Erdtrabanten geschafft haben. Eigentlich, um ihrer Vermieterin, Frau Pusebach, zu entkommen, aber die hing leider am Seil hinten dran. Logisch ist das alles nicht – ist aber auch nicht Sinn der Sache. Fritz Steppke (Bonko Karadjov) will mit seinem Express-Ballon zum Mond. Da kommen Lämmermeier (Morgan Moody) und Pannecke (Marvin Zobel)lieber mit, bevor sie der Pusebach (Johanna Schoppa) in die Hände fallen. Was sie dort – nach einem Schwarz-Weiß-Video ihrer abenteuerlichen Fahrt – erwartet, ist allerdings nicht der schnöde Mann im Mond, sondern die glamouröse Frau Luna und ihr Gefolge. Und schon ist der Zuschauer mittendrin in einer wunderbaren Revue mit 20er-Jahre-Kostümen, versteckten Scherzen und viel, viel, viel Glitzer. Die Ausstattungsoperette „Frau Luna“ lebt zunächst vom Kontrast zwischen verrotztem Berliner Hinterhof und prunkvollem Mondpalast, sie lebt vom Witz und Charme, der sich aus diesem Zusammenspiel ergibt; sie lebt aber vor allem von den Musikstücken, allen voran „Das ist die Berliner Luft“. Die Dortmunder Fassung beinhaltet zusätzlich zu Paul Linckes Original (uraufgeführt 1899) noch die Stücke „Glühwürmchen“ aus Lysistrata, „bis morgen früh um fünfe“ aus der gleichnamigen Revue und „Es war einmal“ aus Im Reich der Indra. Letzteres ist Hannes Brocks letztes großes Solo. Auch die Sängerin Emily Newton verabschiedet sich bald aus Dortmund. Sie glänzt als Frau Luna, nicht nur in ihren Glitzerkostümen, sondern auch als Luftballettakrobatin. Ihr Einsatz und Erik Petersens (Regie) Mut, die Gute im Vertikaltuch hängend singen zu lassen, werden belohnt: Minutenlange Standing Ovations verabschieden die Darsteller nach rund drei Stunden von der Bühne. Irmine Estermann Frau Luna: 4., 9., 11. u. 24.2. Oper Dortmund Emily Newton (Mitte) 43 Foto [2]: Fotografie Bjoern Hickmann

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