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Februar 2017 - coolibri Recklinghausen, Gelsenkirchen, Herne

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T H E M A

T H E M A coolibri-Redakteurin Nadine Beneke und Pdot Foto: Christof Wolff B e g e i s t e r u n g Auf dem Display des Redaktionstelefons sind Sternchen zu sehen. Der Gesprächsteilnehmer will unerkannt bleiben. Am anderen Ende der Leitung spricht Pdot. Der Mann, der die Stadt mit bunten Geistern verschönert. Nadine Beneke hat den Street Art-Künstler zum Interview getroffen. Große Aufregung macht sich breit. Stadtbekannt sind seine Werke. Er selbst bleibt ein Phantom. Und damit sich das nicht ändert, bittet Pdot vorab: „Häng’ unser Treffen bitte nicht an die große Glocke.“ Gesagt, getan. Heimlich, still und leise betritt der Mann um die 30 die Redaktionsräume. Er beginnt zu erzählen, wie es mit den Geistern losging: Als er vor über sieben Jahren „aus gegebenem Anlass“, wie er grinsend zu Protokoll gibt, mit dem Sprayen aufhörte, kam die Klebefolie ins Spiel. Die brachte ein Freund mit in Pdots favorisierten Kunst- und Kulturverein, der selbstverständlich nicht genannt werden soll. Als an selber Stelle ein Konsolenabend stattfand, war dank Pacman das Motiv gefunden. „Ich mag das Spiel einfach“, 12 sagt er. Die Lust am Rausgehen, am Unerlaubten ist groß. Der „Trieb, die Stadt kontinuierlich zu verändern“ noch größer. Schon immer war Pdot Street-Art-begeistert, informierte sich durch Bücher oder Foren. Heute ist er selbst eine Ikone. Seine Werke erscheinen auf Blogs, in Berichten und hängen in ganz Düsseldorf und darüber hinaus. Rund 3500 Geister sind in der Stadt und Umgebung zu finden. Um die 6000 in ganz Deutschland. „Unbefleckte Stellen“ Als der Künstler 2010 loslegt, macht er schnell seine bevorzugten Klebeorte aus: „unbefleckte Stellen“. Rückseiten von Schildern und graue Wände. „Das gab es vorher nicht in Düsseldorf“, sagt er. Diese Flächen macht er sich zu eigen, ohne dabei Verkehrsschilder oder dergleichen einzunehmen. Wie seine Geister, hält auch er sich versteckt. Pdot ist niemand, der sich in den Vordergrund drängt. Was auch daran liegt, dass er nicht nur Fans in der Stadt hat. „Ich würde es vielleicht öffentlich machen, wenn es anerkannt wäre.“ Vor der Polizei weggelaufen ist der Künstler schon oft. In Köln wurde er allerdings auch einmal von einem Polizisten nach einem Aufkleber gefragt. Den reichte er über den leeren Beifahrersitz ins Streifenauto und kam mit einer Verwarnung davon. In Eigenproduktion und Handarbeit schneidet er jeden Geist selbst aus. Vom Plotten, dem com-

T H E M A putergesteuerten Zuschnitt, ist Pdot nicht begeistert: „Davon halte ich mich fern.“ Die zum Teil acht Meter hohen Klebeziele erreicht er dank körperlicher Fitness und anderer Utensilien. „Ich klettere sehr viel, habe mich aber auch schon ein paar Mal auf die Nuss gelegt“, sagt er. (Davon-)Laufen gehört selbstredend ebenfalls dazu. Generell gilt die Devise: „Je höher, desto besser.“ Neben seinem bürgerlichen Leben nutzt er fast jede freie Minute für seine Leidenschaft. Entworfen, geschnitten und geklebt wird, „wenn ich mal eine Stunde Zeit habe – oder vor dem Schlafengehen“. Geister hat er immer im Rucksack. „Ich mache Düsseldorf bunt“ Das positive Feedback innerhalb der Stadt bekommt er mit, und freut sich „innerlich“. In sehr seltenen Fällen gibt er sich zu erkennen und schenkt begeisterten Kindern seine bunten Klebebilder. Die Freude ist dann riesig, und Pdot verschwindet schnell wieder. Düsseldorf kann Buntes gebrauchen: „Es ist wichtig, das Stadtbild zu verändern. In der Bahn gucken immer alle wie fünf Tage nicht geschlafen.“ Die Akzeptanz für Street-Art in der Stadt ist – im Gegensatz zu anderen Großstädten – nicht immer groß. Ein bisschen „spießig“ geht es zu, findet er: „Berlin und Hamburg sind kunterbunt. In Düsseldorf ist es ein Trauerspiel.“ In Urban-Art-Kreisen funktioniert das Netzwerk glücklicherweise. Die Kreativen in der Szene tauschen sich regelmäßig aus. Pdot kooperiert gerne, unter anderem mit L.E.T. hat er schon ein paar Mal zusammengearbeitet. Während die Gattungen Street-Art und Graffiti oftmals als Gegensatz betrachtet werden, sagt der Künstler gelassen: „Ich mag eigentlich jedes Medium.“ Eine Ausstellung im Pretty Portal hat er gerade hinter sich gebracht. Seine Edition war nach kurzer Zeit ausverkauft, dennoch sagt er: „Ich habe keine Dollarzeichen in den Augen.“ Die Hälfte der Einnahmen spendet der Künstler an einen gemeinnützigen Verein. Mit der anderen Hälfte deckt er den Großteil seiner Ausgaben. Wichtig ist ihm vor allem eines: „Die Toleranz sollte wachsen.“ Auch Nachwuchsförderung liegt ihm am Herzen. Bis es soweit ist – und hoffentlich noch länger – gilt: „Ich mache Düsseldorf bunt.“ Foto: Pdot

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