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April 2018 - coolibri Essen

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c o o l i b r i p r ä s

c o o l i b r i p r ä s e n t i e r t INTERVIEW „ I c h b i n s e h r g e r n e e i n u n t e r s c h ä t z t e r L o s e r . D a s i s t a l r i g h t . “ Sie gelten als eine der besten Livebands Deutschlands, haben acht Studioalbenveröffentlicht und sammeln Auszeichnungen wie andere Strafzettel – nur nach Starallüren sucht man bei den Beatsteaks vergebens. „Wir sind keine Profimusiker“, so Arnim Teutoburg-Weiß, Sänger, Gitarrist und Frontman der Punkrockband, während er sich einen Keks in den Mund steckt. Larissa Schüler hat mit Arnim Kaffee getrunken und über das neue Album, Konzertbesuche und Loser gesprochen. Arnim, Hand aufs Herz: Wie gefällt es euch als Ur-Berliner im Pott? Wir lieben es hier! Von der Publikumsreaktion ist es hier meistens genauso, wie wenn wir bei uns zuhause in Berlin spielen. Köln, Dortmund und Düsseldorf sind immer unglaublich. Euer aktuelles Album trägt den Titel „Yours“. An wen richtet sich das? An alle. „Liebe ist für alle da“ war schon weg, von daher haben wir gedacht, dass kann man auch mit einem Wort auf den Punkt bringen. Das ist so ein Album, bei dem es keine Grenzen gab und wir uns selbst nicht limitiert haben, deswegen sind auch so viele Lieder drauf. Unter anderem auch ein Song mit Deichkind, was ja auf einem „normalen“ Beatsteaks-Album gar nicht zustande kommen würde. Und das war, glaube ich, einfach mal wichtig, dass wir auf der achten Platte so ein bisschen die Türen und Fenster aufmachen, um die Sachen auch mal wieder anders zu sehen. Bis es erschienen ist, war „Yours“ unsers, jetzt ist es für alle da. Ihr habt auf dem Album verschiedenste Genres einfließen und Künstler wirken lassen. Ist da eine neue Stilrichtung entstanden, an die ihr in Zukunft gerne anknüpfen würdet? Ich find gar nicht, dass wir so viele Stile ausprobiert haben. Man hört immer die Band. Die drei Platten davor haben wir immer live eingeprügelt und diesmal haben wir das mehr ausproduziert. Gut, das Deichkind-Ding sticht etwas heraus, alles andere hängt aber zusammen. Und auch ohne Deichkind haben wir diesen Track ja schon produziert. I don’t care as long as you sing, und so. Eher war das jetzt die Platte, bei der wir uns keinen roten Faden gesucht haben. Ich glaube, bei der nächsten Platte suchen wir wieder einen roten Faden. Unsere Platten sind immer Reaktionen auf die davor. Und die nächste Platte, wenn es denn eine gibt, wird ganz anders werden als die jetzige. 6 Gewisse Ska-Einflüsse haben euch ja schon immer begleitet. Schon immer! Wir haben immer Madness gehört und The Specials. Und wir fanden immer Rockbands gut, zu denen man tanzen kann. Wie kommen denn die deutschen Songs des Albums bei den Fans an? Das Deichkind-Lied spielen wir immer, wenn sie da sind und das kommt fantastisch an. Es ist krass, wenn Deichkind die Bühne betritt, was da so los ist (lacht). „Abbadu“ haben wir vielleicht ein bis zwei Mal gespielt. Aber es ist das Lieblingslied meiner Tochter, die findet es super. Wir machen immer Musik, weil sie uns gefällt und dann gehört das den Leuten. Entweder die finden das gut, oder total scheiße. Und das ist okay. Hauptsache man hat das aus vollem Herzen gemacht. Wenn es den Leuten egal wird, dann mache ich mir Sorgen. Oder wenn einer ruft: „Was ist das für eine Scheisse!“. Dann denk ich immer, mach doch besser! Foto: Paul Gärtner Spielt ihr die deutschen Songs auch im Ausland? Klar. Wenn wir in Polen „Frieda und die Bomben“ spielen, kommt das im Polnisch-Deutschen schwer zurück. Das geht gut! Auch wenn wir mal in Spanien spielen machen wir nichts anders. Ihr wirkt immer sehr harmonisch und freundschaftlich miteinander. Wie ist das denn wirklich? Das sage ich dir: Ein Wahnsinns-Kampf ist das wirklich. Wir sind eine sehr verschworene Gang und nach außen kommt auch nur, was muss. Aber mal aus dem Nähkästchen: Wir tragen Kämpfe aus! Wir lieben und hassen uns. Und wir müssen uns vor jeder Platte immer wieder finden. Uns verbindet eine tiefe Freundschaft. Das bedeutet aber nicht, dass wir ewig zusammen Musik machen. Die Freundschaft würde jetzt nicht kaputt gehen, wenn wir keine Songs mehr schreiben.

Foto: Larissa Schüler „Wenn es den Leuten egal wird, dann mache ich mir Sorgen.“ Arnim Teutoburg-Weiß: „Wer keine Manieren hat, dem begegne ich auch nicht mit Manieren.“ Wie löst ihr es, wenn ein Bandmitglied sich bei einem Song unsicher ist oder sich dagegen ausspricht? Das kommt vor. Dann kommt es stark darauf an, was die anderen Vier sagen. Wenn die sagen, sie finden es richtig geil, dann gibt der Einzelne meist nach. So überzeugen wir uns manchmal gegenseitig und relativieren uns. Es sei denn, derjenige findet das konsequent scheiße. Dann wird’s nicht gemacht. Wir sind eine Ostler-Demokratie-Band. Ihr seid schon – mit Verlaub – alte Hasen was das Touren angeht. Was hat sich im Vergleich zu euren Anfängen verändert? Nicht so viel, ehrlich gesagt. Die Touren damals gingen länger. Wir passen jetzt auf, dass wir nicht zu lange unterwegs sind, weil wir dann unsere Familien vermissen. Aber wenn der Bus mal rollt, kann ich keine Unterschiede feststellen. Geht ihr euch auch mal auf den Sack? Ja! Wir gehen uns ganz doll auf den Sack. Und wir knutschen uns aber auch. Gehst du selber gerne auf Konzerte oder wirst du dann unangenehm angesprochen? Ja, auf jeden Fall gehe ich. Ich finde das relativ entspannt. Wenn Leute auf mich zukommen und ein Foto machen wollen, dann finden die uns meistens geil und man bekommt immer ein Kompliment mit auf den Weg. Dann nimmt man sich diese Minuten und macht jemanden total glücklich. Die Zeit würde ich mir immer nehmen. Ich werde erkannt, aber das ist im Rahmen. Ich renne nicht mit Bodyguard rum. Haben die Menschen denn Respekt vor deiner Privatsphäre oder sind die auch mal ungehalten? Ganz einfach: Wer keine Manieren hat, dem begegne ich auch nicht mit Manieren. Wenn mir einer blöd kommt beim Konzert und mir dann noch das Bier übers T-Shirt schiebt, dann sage ich auch: Keule, guck jetzt das Konzert und Abmarsch! Apropos Loser: Im Song „L auf der Stirn“ heißt es unter anderem „Ich bin ein Loser, der ganz leise spricht“. Überraschend von jemandem zu hören, der vor einem riesigen Publikum spielt. Hast du wirklich manchmal Selbstzweifel? Ich habe die Zeile nicht geschrieben, aber ich konnte mich sofort damit identifizieren. Ich saß daneben, als Deichkind den Text geschrieben haben. Dieses „Ding“, dass man manchmal nichts gebacken bekommt, kennt ja jeder. Über diesen Moment wollten wir ein Lied machen. Ich finde es fantastisch getextet. Als es dann so passierte, wusste ich warum wir Deichkind gefragt haben, ein Lied mit uns zu machen. Was findest du denn besser: Ein Loser zu sein oder ein Held zu sein? Ich bin sehr gerne ein unterschätzter Loser. Das ist alright. Dann ist die Erwartung nicht so hoch und man kann besser überraschen. Held bin ich gerne für meine Tochter und für meine Frau – hoffentlich. Für meine Tochter immer, für meine Frau ab und zu mal. Bist du zuhause ein Pantoffelheld oder hast du die Hosen an? Ich bin der Künstlerpapa, der immer zu viel unterwegs ist und nie richtig zuhört, weil er schon wieder zu viel nachdenkt. Die beiden sind eher damit beschäftigt, mich daran zu erinnern, das Handy wegzulegen. Wie sehr nimmst du die Arbeit mit nach Hause? Es gibt gar kein richtiges Privatleben, weil mein Beruf meine größte Leidenschaft ist. Ich mache gerne Musik und bin total gerne in der Band. Das ist nicht so einfach zu trennen, das läuft pausenlos. Wenn ich irgendwo reinkomme und da läuft Katy Perry im Radio, dann höre ich mal was die so macht, weil ich das sonst nicht tun würde. Also dreht sich immer alles um Musik. Auch wenn wir uns unterhalten. Da muss man die richtige Frau finden. Beatsteaks: 14.4. Westfalenhalle, Dortmund coolibri verlost 3x2 Tickets für das Konzert auf coolibri.de 7

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