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September 2016 - coolibri Ruhrgebiet

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M U S I K V O N H I E R

M U S I K V O N H I E R Sonne, Musik, Drinks mit Schirmchen und ganz viel Liebe – All About You aus Essen setzen in ihrem Musikvideo zur Single „She Smiles“ auf geradezu entwaffnende Allgemeinplätze der Glückseligkeit und untermalen das Ganze mit zuckersüßem Poprock. Mit ihrer EP „Dear Diary“ werden sie zwar nicht die Musikgeschichte revolutionieren, dafür aber ein breites Lächeln aufs Gesicht einer ganzen sommersüchtigen Generation zaubern. Nachdenklich wird’s mit Songs wie „Breathless“ – auch das funktioniert. facebook.com/aayband NiMa Lindner Rock mit weichen Worten NiMa Lindner ist Sängerin, Gitarristin, Drummerin, Komponistin und ihre eigene Produzentin. Beim Deutschen Rock & Pop Preis 2015 wurde sie zur besten Alternative-Sängerin gekürt. Inga Pöting sprach mit der Essenerin über ihr neues Album „Follow“. „Follow“ ist dein erstes Solo-Album mit Band – wie ist es entstanden? Grundsätzlich komponiere ich all meine Songs selbst, schreibe die Texte, kreiere die Gesangslinien und gebe das Grundgerüst vor. Zuerst hatte ich vor, alle Instrumente auch für „Follow“ selbst einzuspielen. Da ich mein Soloprojekt vor der Produktion des Albums aber bereits ausgebaut und dem Drummer und Basser bei den Proben erst mal freie Hand gelassen hatte, habe ich dann entschieden, dass ich diese Inspirationen auch ins Album mit einfließen lassen wollte. „Zuerst hatte ich vor, alle Instrumente selbst einzuspielen.“ Du hast dein Album zu großen Teilen auch selbst produziert. War das hier und da schwierig? Ja, absolut! Manchmal war es echt stressig, sowohl schöpferisch kreativ zu sein als auch die Rolle der Produzentin zu übernehmen. Aber es war für mich einfach der finanziell günstigere Weg, Gitarren und Bass zu Hause vorzuproduzieren. Und es hat mich natürlich gepusht, in Eigenregie aufzunehmen. Da ist man schon ehrgeizig – und am Ende besonders stolz auf das Ergebnis! Die Aufnahmen am Schlagzeug und für den Gesang habe ich dann gemeinsam mit Carsten Rehmann im CKB Recording Studio in Essen gemacht. Da tat es gut, entlastet zu sein. Welche Rolle spielen Texte in deiner Musik? Eine wichtige! Meine Texte erzählen unterschiedlichste Geschichten aus meinem Leben. Schöne, traurige, fröhliche oder düstere Momente. Oft werde ich gefragt, warum ich auf Englisch und nicht auf Deutsch singe. Das liegt daran, dass ich mich beim Singen in der englischen Sprache einfach heimischer fühle. Worte kann ich da einfach weicher betonen als in der deutschen Sprache. Live: 17.9. Kaffee Rebellen, Essen (Unplugged); nima-lindner.de Foto: NiMa Lindner Synthie-Sounds, Wave-Pop und Düsternis prägen auch das zweite Album von Rroyce. „Karoshi“ (zu deutsch etwa: „Tod durch Überarbeiten“) knüpft nahtlos an das 2014er-Debüt an, klingt hier und da noch eine Spur ausgefeilter und reifer. Das Dortmunder Trio will keine politische Band sein, dennoch setzt der Song „You don’t belong here“ ein klares Zeichen gegen Homophobie. Für die unermüdliche Spielfreude bedankt sich die Szene seit 2013 mit Preisen und Festivalgigs. rroyce.de Das Remy Filipovitch Ensemble zelebriert auf seinem Album „Good Times“ sorglosen Jazz mit Anspruch. Die siebenköpfige Band besteht aus internationalen studierten Musikern und Preisträgern der Szene. Alle Songs sind von Remy Filipovitch arrangiert, der Titelsong und weitere auch selbst komponiert. Das Album kommt in samtig-weichem Soundgewand daher, das Sängerin Mara Minjoli mit unaufgeregt-kraftvoller Stimme weiterträgt. remyfilipovitch.com Release-Konzert: 17.9. Philharmonie, Essen „Die Zeiten war’n hart, wir hatten ja nix“, singen Garage3 aus dem Ruhrpott und meinen damit die Abwesenheit von Laptop, Flachbildfernseher und Co. Stattdessen bauen sie „Gitarren aus Schrott“, singen vergnügliche Rocksongs über handgemachte Musik und finden: „...aber geil ist es auch“. Sänger Friedel Geratsch startete bei der 80er-Band Geier Sturzflug und baut seine Instrumente tatsächlich selbst: aus Zigarrenkisten, Zaunlatten und drei bis vier Gitarrensaiten. Mit Bottleneck gespielt ist da der Sprung zum Blues nicht weit. Manche Bands suchen verzweifelt einen Proberaum, andere gründen sich erst, weil sie einen übrig haben: Die fünf Mitglieder von Dr. Mulle aus Dortmund sind Nachbarn und hatten Platz im Keller. Die gemeinsame Leidenschaft für Punkrock legte den Stil fest, und ein bisschen Üben war auch drin. Das Ergebnis: 13 schnörkellose, unernste Songs, die sich durch hohes Tempo und klaren Sound auszeichnen. Die deutschen Texten bieten viel Quatsch und manchmal etwas Sinn. dr-mulle.de

A L B E N B E G I N N E R N I C K C A V E & T H E B A D S E E D S S O D O M Advanced Chemistry Mit dem Titel erinnern die Beginner an die Frühzeit des deutschen Hip-Hop und markieren mit diesem Werk eindrucksvoll ein Verschmelzen von heute, gestern und morgen. Die erste Single „Ahnma“ war ein Paukenschlag. Denyo und Jan Delay rappen mit Aufsteiger Gzuz und Altmeister Gentleman um die Wette, während DJ Mad ein fettes Korsett aus Melodien, Sounds und Beats zusammengestellt hat. Mit vielen Gastauftritten ist das Album von „Rambo No. 5“ bis „Thomas Anders“ lässig und elegant – und vermutlich das wichtigste Deutsch-Rap-Album des Jahres. Vertigo/Universal Skeleton Day Der britische New Musical Express wählte kürzlich die zehn besten Nick-Cave-Songs. Mit den ersten Platz wurde „There She Goes, My Beautiful World“ (2004) gekürt. Das war vielleicht die glücklichste Zeit von Cave, als er die düsteren Berliner Junkyard-Jahre hinter sich lassen konnte und mit großem Besteck das Leben feierte. Doch die Realität holt einen schneller ein, als man denkt. Unter Drogenkonsum stürzte sein 15-jähriger Sohn Arthur am 14. Juli 2015 an der Südküste Englands ab und starb kurz darauf. Diese Platte versucht den schmerzlichen Verlust musikalisch aufzuarbeiten. Es ist eine düstere Tragödie in Blues und Moll. Bad Seed Ltd./Rough Trade Decision Day Im 35. Jahr seit Bandgründung hauen Tom Angelripper, Bernemann und Makka mit „Decision Day“ eine der besten Platten ihrer Bandgeschichte raus. Textlich liefert der Postkartensammler und passionierte Jäger Tom einen historischen Abriss vom Juni 1944, an dem Truppen der alliierten Streitkräfte in der Normandie landeten, um Europa von der Geißel der NS-Zeit zu befreien. Angelripper jault, krächzt und schreit wie in seligen „Obsessed by Cruelty“-Zeiten, dazu hat das Trio ein hochmusikalisches Thrash-Feuerwerk mit vielen Facetten abgeliefert. Großartig! Steamhammer/SPV O F M O N T R E A L A T M O S P H E R E A P O L O G I E S I H A V E N O N E Innocence Reaches Verlottert, unbevölkert und von Arbeitslosigkeit aufgelöst – so steht eine Kleinstadt Athens in Georgia für ein Provinznest, was im Südosten der USA irgendwie abgehängt wurde. Hier lebt und wirkt der Musiker Kevin Barnes. Der gealterte College-Hipster mixt autobiografische Beschreibungen mit drogengeschwängerten Tagträumen, fast wie in einen musikalischen „Breaking Bad“-Soundtrack. Hier wird die Innensicht von Dance-Moves mit Pop und einem schrägen Humorverständnis vermengt. Polyvinyl/Ada Global Fishing Blues Die Welt hat bessere Antworten zu bieten, als einfach immer nur weiterzumachen und alles runterschlucken – das findet auch der Rapper Atmosphere. Trotzdem gilt auch für ihn: Wenn ihm das Essen nicht geschmeckt hat, zündet er nicht gleich das Restaurant an. Nein, er bemängelt nicht die falsch servierten Teller-Komplimente, sondern fahndet nach dem feinen Blues-Dessert mit Früchten – und das hat ganz tief sitzende Gründe. Seine musikalische Welt hat er aus einem fluffigen Beat-Konstrukt zusammengezimmert: es groovt, swingt und klinge-lingt im Staate Hip-Hop. Das ist leichte (aber nicht inhaltsleere) Sommermusik. Rhymesayers Ent./Warner Pharmacie Für dieses Album nahm die Band den Aufnahmeprozess selbst in die Hand. So ist die Platte in London entstanden. Am Mischpult saß dazu der Produzent Pete Miles, der schon mit Bands wie We Are The Ocean zusammengearbeitet hat. Musikalisch ist das verträumter Emo-Postrock mit punkigen Spitzen; und textlich beschreiben die Songs den raschen Verfall geistiger Gesundheit mit gefährlichen Auswirkungen auf ein fiktives Liebespaar. Jan Böhmermann und Olli Schulz betonten in einer ihrer letzten Radiosendungen, dass wir in einer defensiven Kackgesellschaft leben. Das würden diese Punkrockjungs sicher blind unterschreiben. Uncle M/Cargo 37

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