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November 2021 - coolibri

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INTERVIEW

INTERVIEW Revolverheld,das sind (v.l.) JakobSinn,Johannes Strate,Kris Hünecke undNiels Kristian Hansen. Foto: Olaf Heine Nachgeladen Direktmit ihremDebütalbum erlangte dieHamburger Band Revolverheld2005 eine Platinauszeichnung. 16 Jahrespäterist das Quartett nichtminder erfolgreichund veröffentlicht mit„Neu erzählen“ ihresechsteLP. In Zeiten vonCorona hatsichauchbei ihnen wasverändert, wieChristopher Filipecki Anfang Oktober erfuhr.Ersprach mit Gitarrist Kris HüneckeamVeröffentlichungstag über besonders persönlicheSongs,die Vorteile am eigenen Studio undDinge, dieman zumAlbumstart sonstnoch so tut. Kris,heute istRelease-Day!Wie hast du geschlafen? Ichhab‘ganzgut geschlafen.Wir haben nichtreingefeiert, sondernfeiern heute Abendein bisschen.Ich binsogar vor0Uhreingeschlafen,dafür aber aufgeregtheute Morgen aufgewacht.Normalerweise sagt mandann um 0Uhr „Happy Release-Day!“,aberesist ja denganzenTag über Release-Day wiebei einemGeburtstag, somitfeiernwir nunebenraus.Esist immer spannendzusehen,was dieLeute schon morgensinden Social- Media-Sachen schreiben. Manhat jetztüberzweieinhalb Jahreandem Albumgearbeitetund wenn es dann losgelassenwird, istman immeretwas nervös. Album Nummer 6hat heutedas Lichtder Welterblickt–wiebeschreibst du fastzweiJahrzehnte Revolverheld in einemSatzodereinem Stichwort? Wow, dasist tatsächlich schwierig.Als wir angefangen haben,war es undenkbar, dass wirnachsolangerZeitnochdabei sein werden.Wennich überlege,wie wir damals draufwaren unddiesengroßenTraum hatten, dieBandzueinem Plattenvertrag zu bringen, alles selber gemacht haben wieDemos undBooking undesnur unsviergab,und mannun vergleicht, wiegroßesheute ist, istdas einfachunglaublich. Wenn ichnur einWort hätte,wäredas wohl „Dankbarkeit“. Wir warenzwarfleißig, mankann zu demGlückalsoschon etwasbeitragen,aberwir sind wirklichsodankbar einfach. DasAlbum heißt„Neuerzählen“. Wasgenau istneu,was wolltihr erzählen? „Neu erzählen“ist in erster Linieder Titeltrack.Der istaberwiederum– unddas haben wir auch noch niegemacht –eineFortsetzungzudem Song „UnsereGeschichteist erzählt“vom vorigenAlbum,alsoein Part II. Im ersten Teil ging es um eine unglücklicheBeziehung,die ziemlich aus- 28

INTERVIEW sichtslosist.Johannes (Anm.d.Red.: Johannes Strate,Sängerder Band) undich haben häufigerdarüber geredet, warumdie Storyeigentlich so dunkel istund ob es nichtschöner wäre,sie in all ihrenFacettenzuzeigen. So entstand dieIdee,den Beiden eine neue Chanceineinem zweiten Teil zu geben, derjetzt „Neu erzählen“heißt.Als Albumtitel haben wir ihn gewählt, weil wirals Band keine Lust aufStillstand haben oder dasselbe Album immer wiederherauszubringen. Durch diePandemiehattenwir viel Zeit undkonnten Sachen ausprobieren, wasdas Gute an derSituationwar. Wirhaben Strukturenumgestelltund dasAlbum bisauf wenige Ausnahmeninunseren eigenen Studiosaufgenommen. Das hörtman beim zweitenoderdritten Durchlauf auch,dassdie Songsmehrere Ebenen haben. Ebenso passtder Titel, wenn mandas Album politischsehen möchte, mit dengeradegelaufenenWahlen, Digitalisierung,Klima, sozialeGerechtigkeit.Das sind großeThemen, dieneu erzählt werden müssen. Heißtaber,ihr habt durchCoronaSachengenerellauchandersmachen müssen alszuvor? Klar,wir warengezwungen,unsereArbeitsweiseumzustellen.Vorherhabenwir hauptsächlichmit einemProduzenten, PhilippSteinke, zusammengearbeitet, sind insgroße Studio gegangen,was sehr komfortabel war. Das hattesichkurzvor derPandemieetwas geändert,weilunsereeigenen Studiosdermaßenaufgerüstetwaren,dasswir vieles auch selbst machen konnten. Aber in derPandemiehaben wir unsalledie Fileshin-und hergeschickt,weilwir unsanfangs gar nicht sehen durften. So ist die Produktion gewachsen, wasaberauch eine schöneArbeitwar.Man muss keingroßesStudio buchen undMiete zahlen,sondern geht in sein eigenes undhat so viel Zeit,wie manbraucht. Dadurch haben wirauch neue Skills gelernt, so wieandereLeute,die normalerweiseim Bürositzen, mitdem Home-Office Neuesentdeckt haben. Dasneue Albumist sehr dynamisch, versprühtvielguteLaune undhat elektronischeSpielereien.Würdest du sagen, ihrhabt gradevielEnergie? Glaub schon. Unswar es wichtig, in derPandemienun nichtein super nachdenkliches,melancholisches Albumzuveröffentlichen.Unser State of Mind warAufbruch,man will raus ausder Situation, aufdie Bühne. Wir wollen,dassman sich einbisschenherausziehtund wenn manamEnde unterdem Albumeinen Strich macht,ein positivesGefühlhat.Esgibt zwar auch kritischeSachen, aber insgesamt istesein Album zum Aufstehenund mitHoffnung. Hast du denn für dichetwas,was dirauf demAlbum besonderswichtig ist? Ichmusssagen,dassmir derletzteSong, „Esbedeutetmir dieWelt“, besonders am Herzenliegt.Der istletztes Jahr am 23.12. an einemTag entstandenund gingineinem durch.Ich kann dieses Gefühl, wasbei unsan demTag herrschte,nochtotal spüren.Für mich einschöner Abschluss, vielleicht auch fürein baldiges Konzert. EinSong, derbestimmtjemandanderem besondersamHerzenliegt,ist wohl „Das Größte“, geschriebenfür Johannes‘Sohn. Wennman einenderartpersönlichen Song aufnimmt oder baldauch live spielt, fühlt sich das nochmalandersan? Ichweißnoch, dass Johannes mir denSongdas ersteMal aufeiner Festivalreisevor derPandemievorgespielthat.Ich hab noch keine Kinder, habe aber echt geheult. Ichhabedagesessen, konnte dassonachvollziehen undwar völlig fertig.Ich fand dieseentwaffnendeEhrlichkeit, mitder er denTextgeschrieben hat, so schön.Wir haben zwar vielepersönliche Songs, aber „Das Größte“ist einfachnochmal näherdran. Ichhabenoch nievon einemVater eine LiebeserklärunganseinKindauf Deutschmit Klar gibt es Momente, in denen man kämpfenund sich behaupten muss. Auf dem Musikmarkt wird einem nichtsgeschenkt. dieser Direktheit gehört.Auch einwirklich mutigerSong, wieich finde,da es etwasist,was bleibt. Vielleichtetwas,was derSohninzehnJahren dann nochmalhörtund wasdann immer noch existiert. Als ihrdamalsMitte der2000er durchgestartet seid,war die Deutsch- Pop-Szenenochvielkleiner alsheute.Wie beurteilestdudie Entwicklung? Es hatsichwahnsinnig viel verändert.Als wir angefangen haben,gab es Silbermond,Wir sind Helden, Juli.Davor gabesdie HamburgerSchule mit Tocotronic, KettcaroderNationalgalerie.Um2004hat manmit demRadio diskutiert,obesnicht eine Deutschquote gebenmuss, weil so wenigdeutsche Musiklief. Dann istdas nach undnachfastschon –auch wenn ich dasWorthasse –inflationär geworden,aberplötzlich war jederunter Vertrag.Das reguliert sich aber durch dasÜberangebot gerade wieder etwas, finde ich, wasauch etwasSchönes ist. Manmussnun aufDeutsch eher etwasBesonderesmachen, da einkopiertes Schema Fnicht mehr reicht. Wirhaben probiert in unseremRahmenimmer etwasanderes zu machen. Aber insgesamt sind dasWellen. Gerade wirdeswiederweniger.Man sieht, wienatürlichesmittlerweileist,Deutsch zu singen,sogar im Hip- Hopja, wasich superspannendfinde,besonders wenn Acts mitHaltung auch beiJüngerenwas auslösen. Du sammelst mitRevolverheldLieblingsmomente, aber bestimmt auch Momente, aufdie du verzichten könntest... Viele Lieblingsmomente sind an Livegekoppelt. Zum Beispieldie ersten ausverkauften ShowshierinHamburg vor1700Leutenund mandachte, wassollda noch kommen?Ein paar Jahre später stehen wirinder BarclaycardArena undspielen einMTV Unplugged. DassindMomente,die ichmeinLeben lang nievergessen werde. Klar gibtesMomente, in denen mankämpfen undsichbehaupten muss. Aufdem Musikmarkt wirdeinem nichts geschenkt.Man mussabersagen,dasswir wahnsinnig viel Glück hatten.Und dass wir in derBandsogut befreundet sind,macht vieleSachen wenigerschlimm.Man kann Erfolgeund Misserfolgeimmer miteinanderteilen. Wenn mandas alleinaushalten müsste, kann mandaeher dran kaputtgehen, denkeich. Du hast auch malein Soloalbumaufgenommen.Hättest du Lust,soetwasnochmal zu machen,wenndie Zeit es zulässt? Ichschreibeauch Songs, dienicht zu Revolverheld passen unddie dann jemand anderesbekommt oder schreibedirekt mitjemandanderem,was mir auch Spaß macht.Revolverheld istnatürlichder Mittelpunkt meines Universums,aberich mages, mich auch malandersauszuleben. Johanneshat auch einSoloalbum gemacht. Es warfür unsbeidewichtig,malvondem wegzukommen, wasman sonstmit Revolverheld macht undbesonders fürmichinteressant,mal alleine aufder Bühnezustehenund zu singen,war dann aber auch froh,als ichwiedernur Gitarre spielendurfte. Du findestesalsoauchok, wenn derFokus nichtauf dirliegt? Du musstals Frontmann geboren sein.Mir hatmeinSoloprojekt geholfen, Johannes da auch besser zu verstehen. Manche Dinge passierennur,weil du derSängerbist. ZumBeispiel,wennwir in derProbe aufhörenzuspielenund dann alle aufden Sängergucken.Das Druckgefühlist einganzanderes, wenn du derMittelpunktbist. Ichweißnoch, wievielAngst ichhatte,als ichbei einerRadioshow mitmeinemSoloprojektvor 10.000 Leuten spielen sollte,was ichzwar vonRevolverheld schongewohntwar,aber dann so nervös warund nichtwusste, ob ichdas überhauptschaffe.Du stehst in derMitte,alleAnsagen müssensitzen. Dasist wirklich anders, wenn du sonstindeinerKomfortzone Gitarre spielstund dasjahrelang schongemacht hast.Esist nichtausgeschlossen, dass ichein ProjektdieserArt nochmalwiederhole, aber es warschon echt anstrengend. 29

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