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November 2016 - coolibri Düsseldorf

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I N T E R V I E W „ M

I N T E R V I E W „ M e i n e K i n d h e i t w a r e i n F u ß b a l l s p i e l “ Die Frank-Goosen-Verfilmung „Radio Heimat“ versammelt allerlei Schauspieler aus der Region. Es geht um die Achtziger, wilde Mixgetränke und das Erwachsenwerden im Ruhrgebiet. Mit dabei ist auch Uwe Lyko. Diesmal allerdings nicht in seiner Paraderolle als Herbert Knebel. Er spielt stattdessen den „Laberfürsten“. Was es mit selbigem auf sich hat und wie Lyko seine eigene Jugend im Pott erlebt hat, verriet er Nadine Beneke im Interview. Eigentlich logisch, dass Sie im Film „Radio Heimat“ mitspielen, bei so einer illustren Runde von Ruhrgebietlern wie Ingo Naujoks, Hans-Werner Olm oder Ralf Richter. Wie kam man auf Sie zu? Ich bin schon seit vielen Jahren mit einem der Produzenten des Films, Christian Becker, bekannt. Er hat mich angerufen und gefragt, ob ich nicht Lust hätte. Ich fand das Drehbuch ganz witzig und habe auf die Romanvorlage von Frank Goosen vertraut. Das waren jetzt meine ersten intensiveren Filmerfahrungen mit mehreren Drehtagen. Die Figur, die ich spiele – der Laberfürst – war zuerst als Herbert Knebel angelegt. Diese Figur passte für mich aber nicht so richtig zu Knebel. Dann habe ich etwas anderes für den Laberfürsten angeboten. Davon waren der Regisseur Matthias Kutschmann und Becker angetan. Der Laberfürst sieht Knebel allerdings schon sehr ähnlich? Ja, ich muss ja immer gucken, dass ich mein eigentliches Äußeres so ein bisschen kaschiere. Das geht am einfachsten mit einer Kappe und einer Brille. An der Stimmfärbung erkennt man natürlich sofort den Knebel. Aber er ist schon ein bisschen anders. Wo liegt der Unterschied zwischen den beiden Charakteren? Der Laberfürst ist so ein Typ, der im Prinzip alle nervt. So ist Knebel nicht. Der Knebel ist eher so ein Anführertyp. Und einer, der sich über solche „Ich muss immer gucken, dass ich mein eigentliches Äußeres ein bisschen kaschiere.“ Leute lustig macht. Nicht so eine Labertasche. Es gibt Leute, die texten einen zu. Wie der Laberfürst. Der kommt immer ungefragt mit irgendwelchen Ratschlägen um die Ecke. Eigentlich ein Loser-Typ. Wie begegnen Sie solchen Leuten privat? Ich guck, dat ich Land gewinn‘. Sie entwickeln immer neue Geschichten und Figuren. Wie gehen Sie dabei vor? Das ist manchmal schon harte Arbeit. Ich arbeite schon seit 20 Jahren mit zwei Co-Autoren zusammen. Wir treffen uns immer einmal in der Woche zu unserem regelmäßigen Autorentermin. Manchmal hat man dann eine Idee, weil sie einem zufliegt. Vor kurzem haben wir eine Nummer geschrieben über Pokémon Go. Das ist ein super Thema für den Knebel. Aber wenn man sich immer nur auf seine kreativen Einfälle verlässt, da kommt man nicht mit weiter. Kreativität muss man auch manchmal erzwingen. Es ist nicht so, dass ich mit Notizblock durch die Gegend laufe und sage: Da ist aber was Witziges. Und schon habe ich wieder zwei Nummern. Wie kann man sich den kreativen Prozess denn konkret vorstellen? Es war zum Beispiel gestern so: Irgendwann hatte jemand die Idee, eine Nummer über Roboter zu schreiben. Dann haben wir ein bisschen rumgesponnen. Wie wäre es, wenn der Knebel zu einem Kollegen kommt und der Kollege stellt seinen neuen Freund vor: einen Roboter in Form eines Staubsaugers. Der Knebel testet ihn dann. Lässt Brotkrümel und Papierschnipsel fallen, bis das Ding irgendwann kaputt ist. Noch einmal zurück zum Film: Wie würden Sie „Radio Heimat“ beschreiben? Natürlich ist es eine Hommage ans Ruhrgebiet. Der Film hat aber auch etwas mit Jugend zu tun. Man macht sich auf, um seine Identität zu finden, Frauen, Musik. Aber es ist ein sehr stark geprägter Ruhrgebietsfilm. 8 Vier Jungs und Whisky: Radio Heimat Die vier Hauptdarsteller experimentieren beim Erwachsenwerden beispielsweise mit kruden Mischgetränken wie Wodka-Wick Blau. Gab es solche Panschereien auch zu Ihrer Zeit? Nein. Aber ich bin ja auch älter. Das sind Jugendliche in den Achtzigerjah-

I N T E R V I E W Vorher Nachher Fotos: Just Publicity GmbH ren. Die Musik, die die hören, finde ich übrigens fürchterlich. Ganz schrecklich. In den Achtzigerjahren wurde die schlimmste Musik fabriziert. Ich bin ja in den Sechziger-, Siebzigerjahren großgeworden. Das heißt, wer waren Ihre Helden und welche ihre Lieblingsbands? Die Beatles, die Kinks, Neil Young und Bob Dylan. Wie sah Ihre Jugend im Ruhrgebiet aus? Super war die. (lacht) Ich habe früh angefangen, Musik zu machen. Ganz lange habe ich Fußball gespielt. Ich sage immer, meine Kindheit war ein einziges Fußballspiel. Ich bin ja noch zu einer Zeit groß geworden, in der noch nicht alles zubetoniert war. Da gab es viele Brachflächen und Wälder. Das war für Kinder damals super. Wir konnten rumstrobern und Verstecken spielen. Heute sitzen alle vorm Computer. „Ganz schrecklich. In den Achtzigerjahren wurde die schlimmste Musik fabriziert.“ Nicht nur Ihre Kindheit war ein einziges Fußballspiel, Sie haben Ihr Herz auch an einen Fußballverein verloren... Aber selbstverständlich. Wieso ausgerechnet der BVB? Entweder kriegt man das von den Eltern überliefert. Man wird praktisch indoktriniert. Bei mir war das aber einfach Zufall. Ich hab 1966 das Endspiel im Europapokal gesehen. Borussia Dortmund gegen den FC Liverpool. Dortmund hat in der Verlängerung 2:1 gewonnen. Das war ein so spannendes und tolles Spiel. Von da an war ich Borussia Dortmund-Fan. Neben dem Dortmunder Stadion: Haben Sie noch einen weiteren Lieblingsplatz im Ruhrgebiet? Das Gasometer. Dort gibt es immer tolle Ausstellungen. Ich finde das Gebäude einfach total faszinierend. Den Innenraum und die Aussicht, wenn man oben auf dem Dach steht. Dat is‘ wirklich mein Lieblingsort im Ruhrgebiet. „Radio Heimat“: Start 17.11, DEU 2016, R: Matthias Kutschmann D: David Hugo Schmitz, Jan Bülow, Hauke Petersen, Maximilian Mundt, Milena Tscharntke, Elke Heidenreich, Heinz Hoenig, Martin Semmelrogge, Willi Thomczyk coolibri verlost 3 x 2 Freikarten und 3 Jutebeutel auf coolibri.de 9

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