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März 2018 - coolibri Oberhausen, Duisburg, Mülheim

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THEMA Imagewechsel durch

THEMA Imagewechsel durch neue Foto: Andreas Zabel Kochschule B O C H U M Das Gastgewerbe ist in Sorge. Innerhalb von nur acht Jahren ist die Zahl der Koch-Azubis, die an der IHK-Abschlussprüfung teilnahmen, von 12 000 auf 4900 gesunken. An den Kammer-Standorten im Ruhrgebiet lesen sich die Zahlen ähnlich besorgniserregend. Gerade noch 237 „Prüflinge“ gab es im Sommer 2017. „Der Mangel an Köchen im Ruhrgebiet macht sich dramatisch bemerkbar“, alarmiert der Bochumer Unternehmer Herwig Niggemann und will gemeinsam mit der Industrie- und Handelskammer sowie weiteren Gastro-Entrepreneuren des Reviers ganz besondere Anreize schaffen, um wieder mehr Fachkräfte an den Herd zu lotsen. Eine Exzellenz-Schule für Köche ist der Plan. Es wäre die erste ihrer Art in Deutschland. Miese Bezahlung, schlechte Arbeitszeiten, häufige Überstunden, wenig Dank für harte Arbeit. Einen guten Ruf hat der Job in der Gastro-Küche nicht. Auch wenn gern übertrieben wird und die Arbeitsbedingungen in vielen Betrieben weitaus besser sind als ihr Ruf, scheint die Ausbildung zum Koch bei nicht mehr vielen jungen Menschen auf der Wunschliste zu stehen. Das könnte dramatische Folgen haben, warnt der Essener Groß-Gastronom Hans-Hubert Imhoff: „Wenn uns nicht bald ein Imagewechsel gelingt, gibt es in zehn Jahren keine ausgebildeten Köche mehr.“ 16 Gemeinsam mit der IHK und Akteuren aus der Branche wurde beim 4. Gastronomie-Fachforum „dialog food&drink“ in der Bochumer Jahrhunderthalle angekündigt, schon 2019 die erste private Köche-Akademie in Deutschland zu eröffnen und damit die Ausbildung zum Koch attraktiver und inhaltsstärker zu gestalten. „Was wir brauchen, ist eine Spitzenausbildung für junge Köche, die sich nach der Lehre kreativ weiterentwickeln, ihr Wissen vertiefen und sich mit Gleichaltrigen austauschen können“, forderte der Dortmunder Michael Dyllong (30), einer der jüngsten Sterneköche Deutschlands. Forderung nach neuen Lehrplänen Einen „Strukturwandel in der gesamten Branche“ fordert sogar Berthold Bühler, ehemaliger, sterndekorierter Betreiber der Essener Résidence: „Es bedarf dringend einer Grundreinigung, um die Fehler der Vergangenheit zu beseitigen. Und zwar nicht nur in den Küchen. Auch die Lehrpläne müssen dringend überdacht werden.“ Die neue Köche-Akademie in Bochum soll die herkömmliche Koch-Ausbildung nicht ersetzen, sondern ergänzen. Koordiniert wird die Exzellenz-Initiative durch die IHK Mittleres Ruhrgebiet, bestätigt IHK-Kompetenzfeldmanager Stefan Postert. Unter v.l.:Hans-Hubert Imhoff undHerwigNiggemann seiner Federführung hat sich ein fachübergreifender Arbeitskreis zusammengefunden, zu dem neben regionalen Gastronomen wie Spitzenkoch Dyllong auch das Alice-Salomon-Berufskolleg in Bochum sowie der Bochumer Lebensmittel-Experte Herwig Niggemann gehören. Niggemann: „Die traditionellen Ausbildungswege in der Gastronomie sind für engagierte junge Menschen nicht attraktiv genug. Dabei gibt es genügend Nachwuchs, der für die hochanspruchsvolle Kochtätigkeit zu begeistern wäre. Wenn das gelingen soll, müssen wir jetzt gemeinsam handeln.“ Postert begrüßt die Initiative, insbesondere weil sie aus der Unternehmerschaft kommt. „Das nehmen wir besonders gern auf. Und natürlich müssen und werden wir prüfen, ob die Lehrpläne noch zeitgemäß sind.“ Um zeitraubende Entscheidungsprozesse zu vermeiden, soll die „Koch-Uni“ privat initiiert, finanziert und geführt werden. Analog zu privaten Hochschulen wie der EBZ Business School für Immobilienkaufleute sollen die Teilnehmer einen Monatsbeitrag zahlen. Stipendien, die von Ausbildungsbetrieben finanziert werden, sind ebenfalls denkbar. Gelernt werden soll in einem dreistufigen Kursmodell von jeweils sechs Monaten ganztags in kleinen Gruppen. Sterneköche und gestandene Gastromanager sollen für Vorträge und Kurse gewonnen werden. Nach bestandener Prüfung erhalten die Absolventen die Urkunde „IHK-zertifizierter Küchenmanager“. Marc Lorenz Foto: Andreas Muck

THEMA B O C H U M Ist der Hype vorbei? Natürlich will auch das Ruhrgebiet ein bisschen Berlin sein. Also raunt man sich über bestimmte Stadtviertel zu, sie seien jetzt cool oder alternativ, hip und angesagt. Vor ein paar Jahren traf es das Ehrenfeld rund um das Bochumer Schauspielhaus. Dort stehen allerdings auch seit langem Ladenlokale in guter Lage leer und mit dem Orlando schloss jüngst eine weitere Szene-Gastronomie. Was nun? Verbringt maneinen Donnerstagmittag auf demHans-Ehrenberg- PlatzimHerzendes Ehrenfeldes,mussman zu derÜberzeugungkommen: Nein, dasViertel hatsichrichtig gut entwickelt, hier istechtwas los. DieButterbrotbar floriertgenau wiedie Eisdiele „I Am Love“mit dem großen veganenAngebot.„DerGastronom“von „Pizza“erzählt, dass er einweiteresLadenlokal in derNachbarschaft gemietet hat, um einnoch nichtspruchreifes Konzeptauszuprobieren. Undmittenimgeschäftigen Treibenstehenein paar Markthändlerund verkaufen Gemüse, Käse undFisch.Nur einpaarSchritteweiterstehenallerdingsgroße Ladenflächeninguter Lage leer:Die Schwulen-KneipeCoxxschon seit vielen Jahren, direkt danebendie ehemalige GalerieChrom –und schräggegenüber dieGastronomieFreibad.Zusammen mitdem Orlando, dasMitte FebruarAbschiedsparty feierte,bildetenCoxxund Freibaddie ersteGeneration desalternativen AusgehviertelsEhrenfeld,beliebtvor allem in der schwul-lesbischenSzene. „Den Aufbruch in dieser Szenegibtesnicht mehr so wiedamals“, sagt Barbara Jessel,die als Grünen-Politikerin im Viertel aktiv ist unddas Orlandobis 2013 betriebenhat.„DemCoxxhaben dieOnline-Dating-Portaledas Genick gebrochen. Manmussnicht mehr rausgehen, um jemanden kennenzulernen.“ EinEndedes Ehrenfeld-Hypes macht siedeshalb noch nichtaus.„Aber manmuss auch etwasfür dieAußenwirkungtun.Esfehlt eingemeinsamer Impuls.Früher gabesmehr Zusammenhalt, mehr VeranstaltungenimKiez wieden Nachtflohmarkt unterTage.“ „Das Viertel vorscheint mir nachwie vorattraktivzusein“,sagtauch Tobias Pfaff. Er istVorstandimVerein, dermit derGoldkante dieletzte auch nachtsgeöffneteSzene-Gastronomie vor Ortbetreibt: „Ich habeden Eindruck,dassesfür dievorhandenen Leerstände genügendNachfragegibtund werdehäufig vonMiet-Interessenten nachdem Kontakt zu denHausverwaltungen gefragt.“ DieneuenBesitzerder Orlando-Immobilie, dieLivingroomGastronomieGmbH, möchtedortsoschnell wiemöglich eine neue Restauration mit„guter Geschichte,guter Kücheund gutem Ambiente“ eröffnen –odereinen Pächter mitentsprechendemKonzept finden, wieGeschäftsführerLukas Rügererklärt: „Der Charmedes Ladens istgut underhaltenswert, da mussman nichtmit demBaggerreinfahren.“ Er glaubtandas Potenzialdes Viertels. Das Problem derlangenLeerstände scheintalsoeher aufseitender Vermieter zu liegen. Das ehemalige Coxx unddie Chrom-RäumegehörenGrand City Property mitSitzinZypernund Niederlassung in Berlin.Sprecherin Katrin Petersen informiertknapp: „Unser erfahrenesVermietungsteam generiertmithilfe vonzielgerichteten Vermietungsaktivitäten kontinuierlich Nachfrage vonMietinteressenten für dieFlächen. Auch aktuellsindwir in Gesprächenmit möglichen Neumieternaus verschiedenenBereichen.“ Kurz nachder Anfrage descoolibri istdas Coxx- Lokaldann plötzlich wieder im Portal Immoscout24zufinden. Ob es wirklich in so schlechtemZustand ist, wiekolportiert wird, will dieFirma offenbarnicht kommentieren.Ein anderes Problemoffenbart sich im Gesprächmit Timurs Melamudsvon Haus &Grundeigentümer Bochum,die dasseit2002leerstehendeLadenlokaldes RestaurantsAlt Nürnbergverwalten. „Wir hatten es zuletztvermietet,aberder Mieter gibtjetzt auch deshalb auf, weil dieGenehmigungsverfahrenfür Gastronomiebei derStadt Bochum so schwierigsind. DieHürdensindeinfach zu hoch.“ Über neue Interessentenfreue er sich jederzeitund verspricht Entgegenkommen beiUmbaumaßnahmen. MaxFlorian Kühlem 17 Fotos (3): Lukas Vehring

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