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März 2016 - coolibri Ruhrgebiet

I N T E R V I E W Es ist

I N T E R V I E W Es ist mächtig was los im Songwriterstaat von Annenmaykantereit. Neuerdings sind sie mit Malte Huck am Bass vom Trio zum Quartett gewachsen. Ihr neues Album „Alles Nix Konkretes“ steht in den Startlöchern und ihre Tour ist weit im Vorfeld ausverkauft. Drummer Severin Kantereit schaut nervös auf sein Handy. Später will er noch zum Geburtstag seiner Oma und die Zeit rennt. Es ist nach 17 Uhr und ein langer Tag mit vielen Interviews liegt hinter ihm. Seine drei Bandkollegen streunen noch wild im Büro ihrer Kölner Booking-Agentur umher. Dann gehen wir mit der kompletten Band über eine schmale Eisentreppe ins Obergeschoss und reden über Erwartungen, Eltern und Element Of Crime. Live in Dortmund: 30.3. & 5.5. FZW, 30.7. Juicy Beats coolibri verlost 2 x 2 Tickets für den 30.3. auf coolibri.de Debüt-Album: „Alles Nix Konkretes“ , VÖ: 18. März Welcher Faktor nervt euch in unserer Zeit am meisten? Malte Huck: Puh, das ist eine ganz schön schwere Frage … Henning May: Mir geht es total auf den Sack, dass Leute zu unpolitisch sind und sich nicht mit den aktuellen Geschehnissen auseinandersetzen. Aber generell gesagt, kann man das nicht auf nur eine Sache herunterbrechen. Das Leben ist schon viel konkreter. Gutes Stichwort: Warum habt ihr als Albumtitel „Alles Nichts Konkretes“ gewählt? Christopher Annen: Der Titel ist über ein Ausschlussverfahren zustande gekommen. Wir wollten keinen Songtitel, unseren Bandnamen oder etwas Artfremdes haben. Der Titel ist eine Zeile aus unseren Texten und repräsentiert das Album stellvertretend. Henning May: Ein Album ist immer Henning May: „Ein Album ist immer ein bisschen wie ein Foto“ noch nicht wissen, wohin uns die Zukunft führen wird. ein bisschen wie ein Foto, was wir von uns selbst geschossen haben und dann fest in der Hand halten. Und der Titel für dieses Foto ist jetzt „Alles Nichts Konkretes“, weil wir Den Song „Oft gefragt“ hast du ganz speziell für deinen Vater geschrieben, Henning. Wie nah sind eure Eltern an eurem Leben dran? Henning May: Mir ist seine Meinung sehr wichtig und ich weiß die auch sehr zu schätzen. Aber wenn mein Vater sagt, dass er einen Text blöd findet, ist mir das egal. Man darf niemanden in seinem Leben haben, dessen Meinung einen so sehr beeinflusst, dass man sich davon irritieren lässt. Wir haben schon viel Glück gehabt, dass wir Eltern haben, die sich mit ihren Korrekturen und Einflussnahmen auch zurückhalten können. Habt ihr denn musikalische Elternhäuser gehabt? Henning May: Ich würde jetzt nicht sagen, dass ich in einem intensiv-musikalischen Haushalt groß geworden bin. Mit meinem Vater zusammen habe ich schon mal „Heute hier, morgen dort“ von Hannes Wader auf der Gitarre gespielt. Aber das war es dann auch schon. Severin Kantereit: Keiner von uns hat im Alter von vier Jahren angefangen Klavier zu spielen, weil er das musste. Sondern wir sind alle schon sehr ähnlich zur Musik gekommen. Ich habe auch die Plattensammlung von meinem Vater durchstöbert und mir die Cover angeschaut, reingehört und manches im Kindesalter vielleicht auch nicht direkt verstanden. Musik ist mir zumindest schon überall begegnet. Wir haben das locker genommen und uns irgendwann selber ausgesucht, dass wir spielen. Welche Musik habt ihr über eure Väter kennengelernt? Severin Kantereit: The Police zum Beispiel. Gerade als ich mit meinen Schulkumpels das erste Mal auf einem Anti-Flag-Konzert war, passte das für mich musikalisch gut zusammen. Ich wollte aber auch meinen eigenen 8 Weg finden. Mein erstes Konzert war eine Show von Kraftwerk – und das habe ich zusammen mit meinem Vater besucht. Das war schon prägend, weil ich auch viel Musik aus dem elektronischen Bereich gehört habe. Auf dem neuen Album hat der Song „Bitte bleib“ durch den Bläsersatz eine Art Element-of-Crime-Stimmung. War das beabsichtigt? Christopher Annen: Die Bläser waren lange geplant, die wollten wir unbedingt haben. Wir haben Ferdinand Schwarz an der Trompete und Julia Gruber mit Posaune nach Berlin kommen lassen – und dann haben die das eingespielt. Aber bis zu dem Zeitpunkt war dieser Einsatz noch nicht geschrieben. Wir hatten eine Struktur und wir wollten es dann so machen, wie es sich einfach für uns am geilsten anfühlt. Das klingt toll … Severin Kantereit: Gerade im Studio redet man sehr viel über die Gefühle, die die Musik transportieren soll. Wenn man selber viel Musik hört, entwickelt man auch ein Vokabular zusammen, was es bedeutet, wenn ich sage: spiel die Stelle XY jetzt mal ein bisschen ‘nasser. Oder das Solo wie auf dem Beatles-Album, aber arabisch angehaucht. Wenn man jetzt mit den Gastmusikern befreundet ist und die Zugriff auf diesen Sprechcode haben, klappt die Zusammenarbeit sehr gut. Für „Alles Nix Konkretes“ habt ihr als Produzenten Moses Schneider ausgewählt, der mit Kreator, Tocotronic oder den Beatsteaks schon sehr erfolgreich zusammengearbeitet hat. Warum ausgerechnet er? Christopher Annen: Moses war für uns eine sehr bewusste Entscheidung, denn wir wollten das Album komplett live aufnehmen, das war für uns das wichtigste Kriterium. Nach dem ersten Treffen mit ihm war klar, dass wir das zusammen auf die Beine stellen. Severin Kantereit: „Der Begriff Studio war für uns sehr abstrakt belegt.“ Severin Kantereit: Im Vorfeld kannten wir ihn nicht persönlich. Der Begriff ,Studio’ war für uns immer sehr abstrakt belegt. Wir kommen ja von der Straßenmusik, haben danach viele Konzerte gespielt. Aber vor der technischen Arbeit in einem Aufnahmestudio haben wir sehr viel Respekt gehabt, weil das Neuland war. Moses hat uns den Respekt davor genommen, weil er gesagt hat, dass er nur live aufnimmt. Menschlich ist er zudem ein Typ, der direkt bei uns reingepasst hat. Der war eher wie ein Freund oder wie ein Meister Yoda für uns. Einer der ganz viel weiß und auf seinem Feld sehr viel Ahnung hat. Ihr habt im Berliner Hansa Studio aufgenommen. Wart ihr eingeschüchtert, weil da schon David Bowie, Nick Cave oder Depeche Mode aufgenommen haben? Severin Kantereit: Och, ne. Wir sind da reingekommen und da sieht alles nach Musik aus, das ist einfach das Tolle. Wenn es jetzt die Beatles gewesen wären, dann hätte ich schon eher mal gestaunt.

ANNENMAYKANTEREIT: Kein Klavierunterricht mit vier Foto: Daniel Sadrowski

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