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Mai 2019 - coolibri Oberhausen, Duisburg, Mülheim

THEMA R E G I O N

THEMA R E G I O N DieBochumer Filialeder Atlantis-Megamax-VideothekamBahnhof istjetzt dicht. Ende einer Branche Einehemaliges Erfolgsmodell hateinenPlatten:Streaming-Dienste wieNetflix oderAmazonPrime und dieFilmpiraterieimNetz haben den stationärenVideoverleiherninden vergangenen Jahrenschwer zugesetzt. Videotheken in der Region sind auf dem Rückzug undschonlängst istdas Vermietenvon Filmen undSerienbei den verbliebenenAnbietern nichtmehrKerngeschäft. DieHochzeitder Videotheken warendie 80er- Jahre. An jederEckeeröffneten kleine undgroße Läden,die VHS-,Betamax-oderVideo-2000- Kasetten gegeneinemehroderminderhohe Gebühr vermieteten.SelbstinSupermärkten, beim TV-FachhändleroderinFahrschulen richtetendie BetreiberFlächenfür einenVideoverleih ein. Deutschlandweitgab es bis1991rund 8000 Videotheken.Gut dieHälfte davonmachtenGeschäfteinNordrhein-Westfalenaus. Neben Büdchenund Frittenbude gehörten Videothekenzum Stadtbildzwischen Rheinund Ruhr.Von dereinstigen Goldgräberstimmungist in derBranche heute nichtmehrvielübrig geblieben. „In denvergangenen Jahrenhaben immermehrKollegendas Handtuch geworfen“, sagt SusanneHorstmann,Betreiberin desOdeon-Video-Centers in Bottrop.Ihr Geschäft istdas 6 letzte seiner Artinder Stadt. Undnur vomVerleih undVerkauf vonBlu Ray, DVDs undVideo Gamesinden Regalenlässt sich dasalleinauch nichtmehrwirtschaftlich zufriedenstellendführen. „Wir haben längstGames-Workshop-Produktewie dasRollenspiel Warhammer mitin denVerkauf genommen“, so Horstmann.Momentan überlege sieauch,als DHL-Vertragspartnerin einenPaket-Shopzusätzlichindie Videothek zu integrieren.„Sowasläuftjaquasi vonallein.“Dassdas Verleihgeschäft trotzdem weiterhinaufrechterhaltenwerdenkann, läge an denStammkunden, dieseitJahrund Tagder Videothek dieTreue halten.Darüber hinaus habe derRückzug vonMitbewerbern in derRegionzudemdafür gesorgt, dass Neukundenvermehrt nach Bottrop kämen. „Gladbach,Velbert,Mülheim –dagibteskeine Videotheken mehr“,erklärtdie Frau,die seit 26 Jahreninder Branche aktiv ist. „Und da hängt mein Herz auch dran“, fügt Horstmann hinzu.Herzblut undIdeenreichtumsindfür dieletzten Mohikaner derVideotheken-Branche unverzichtbar, wieauch Jörg Weinrich,Geschäftsführerdes Interessenverbandes desVideo-und MedienfachhandelsinDeutschland e.V. (IVD) bestätigt: „Ein Teil derVideothekenbetreiben Nebengeschäfte, diejedoch von unsals Verbandnicht gesonderterfasst werden.“ExplizitesZahlenwerkhingegenhältder Verbandbereit, wasUmsatz- undStandortrückgängedes stationärenVideoverleihs angeht. Krisebegann mitneuen Medien So gabesbundesweitimJahr 2000 noch 4591 Videotheken, 2010 warenesdann 2795.Die Ursachen für diesen frappierendenRückgangan Standortensindvielfältiger Art. Es lässt sich nachzeichnen, dass um dasJahr2000 herum,

THEMA einMedienwechsel in denVerleihbetrieben stattfand. Damaligverdrängten dieimmer günstigerwerdendenDVD-Playerdie Video-Rekorder ausden deutschen Wohnzimmern.Umweiterhin am Markt bestehen zu können,warendie Videothekare darauf angewiesen,ihr komplettes Verleihprogramm aufDVD umzustellen, dieNeuheiten zugleich für dieKundenauf Video-Kassetteund demneuenMediumanzubieten. Vor Foto: Fabian Paffendorf allem kleinere,inhabergeführteLäden,die nicht dengroßenEinkaufsgemeinschaften zugehörig waren, wurdensovor finanzielle Probleme gestellt. Durch dieMarkteinführungder High-Definition-FormateBlu-Ray undHD-DVDverschärfte sich dieSituationum2010 abermals. Neben derUmstellung aufneue Speichermedien kamenweitere Probleme aufdie Videotheken zu.ImGeschäftsbericht 2017 listetder IDVnur noch 601Videotheken.Auf Nordrhein-Westfalen fallen davon108 Verleiher, geschätzt einDrittel davonimRuhrgebietbeheimatet.2017habedie Branche nurnoch81Millionen Euro Umsatz gemacht,halb so viel wieimVorjahr. AlsUrsache für denerneutenmassivenRückgangsieht Jörg Weinrich dieFilmpiraterieimInternet undverweistauf Marktforschungsstudien. Bereits2014hätten607 Millionen illegaleStreams und Downloads 123Millionen stationärenVermietvorgängengegenübergestanden. Digitale Angebote seienindem Zeitraum nur50,7 Millionen MalinAnspruchgenommenworden. „Seit2002haben wir im Filmbereich dasillegale AngebotimNetz. Dieses betrifft Spielfilmeund Pornos.Die Bundesländertun seit Jahren nichts gegenPornografieangebote, dieauch Kindern undJugendlichenzugänglich sind“, sagt Weinrich.Netflix&Co. seienMitbewerber,die aber Nachteilegegenüber Videotheken hätten: „Netflixhat keineaktuellen Spielfilme.Bei Amazon kann manSpielfilme erhalten,aberdie Preise liegenüberdenen einerVideothek.“ Nurnoch eine Videothek in Bochum Daniel Mohrlang, Geschäftsführerder Atlantis- MegaMax-Videothek in Bochum,stimmt ihm zu. „Solche Konkurrenzproduktefahrenmassiv „Die bisherige Entwicklung istalles andere als gut.“ Werbung, aber stationäre Videotheken haben eingrößeres Programm undsindgünstiger“, sagt Mohrlang.Nachdem dieBochumerVideo- Planet-Filialeander EssenerStraßeAnfang März geschlossen wurde, istMohrlangnunmehr dereinzige Videothekenbetreibermit StandortBochum. Aufgrunddes baldigen Abrissesdes Parkhauses am Südringmacht er seine FilialeinBahnhofsnäheEnde Aprilzuund betreibt ab sofort nurnochdie Videothekander HernerStraße. „Als zusätzliches Standbeinist dieVideothek miteinem Candy-Shop kombiniert.EineUPS-Paketannahmestellegehört ebenfalls dazu“.Die fetten Jahre seienvorbei, aber durch denRückgang vonVideotheken seienneue Chancen gegeben, meintder Bochumer.Prognosen fürdie Zukunft willman beider Videobuster-Filiale in Oberhausen nichtabgeben.„Die bisherigeEntwicklung istalles andere als gut“, sagt einMitarbeiter derVideothek. Und beim Kölner Franchise-Unternehmen Videotaxi GmbH, willman sich nichtzur Situationäußern.Mit den92Filialen, dieder Firmaangeschlossensind(u.a. in Dortmund)und demVideo-Bringdiensterreichtman immernochmehr Kunden als dieVermieter,die voreinigenJahren aufdas System „Automatenvideothek“setzten. „Automatenvideotheken hatten einenBoomum 2005 undwurdenvon Franchise-Unternehmen vorangetrieben.Vom Kundenwurdensie nicht angenommen.Sie sind heute fast verschwunden“, sagt IVD-ChefWeinrich. Bisher noch nicht ganz wegsindVideotheken in Hagen,Dortmund undDuisburg.Während in Düsseldorfimvergangenen Jahr Schluss war.Wokeinermehr Ausleihenwollte, hattedas Geschäftsmodell keine Zukunftmehr. Fabian Paffendorf Europasgrößtes Fest für Menschenmit und ohne Behinderung 20. TAGDER BEGEGNUNG 25.MAI 2019 Rheinpark Köln,11–20Uhr Eintrittfrei! POP NIGHTS FEAT. CULCHA CANDELA, LESLIE CLIO UND JOCHEN DISTELMEYER Fotos: Nola Bunke, HeikeFischer/LVR #Inklusionerleben #TdB2019 DRUCKLUFT, TANCAGLAR u.v. a. www.inklusion-erleben.lvr.de www.facebook.com/tagderbegegnung 7

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