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Juni 2017 - coolibri Bochum

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AM 3.JUNI IST TAG DER

AM 3.JUNI IST TAG DER ORGANSPENDE Seit November 2012 gilt in Deutschland beimThemaOrganspendedie sogenannte Entscheidungslösung. Menschen ab 16 Jahrenkönnen einen Organspendeausweis ausfüllenund so festlegen,obund welche Organe sie im Falle eines Hirntodes spenden würden.Zum Tagder Organspende am 3. Juni wollen wirauf den folgenden Seiten gemeinsammit dem Essener BündnisfürOrganspendeund der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, dazu ermutigen,sichmit demThemazu beschäftigen. Rettung in letzer Minute DieEssenerin Judith Naumannlebtseit2001mit einerSpenderleber. Als Judith Naumann2001eineLebervenenthrombosebekam,wurde es eng –sehreng sogar. NureineLebertransplantationkonnteihr Lebennochretten. DieEssenerin erhieltrechtzeitig einSpenderorganund lebt,vielleichtabgesehenvon Medikamenten undregelmäßigen Check-Ups,heute einvöllignormalesLeben. Seit langer Zeit unterstütztsie Dr.StefanBecker.Der Nephrologe ist Transplantationsbeauftragterdes UniversitätsklinikumsEssen.Gemeinsamgehtesdarum,überdas ThemaOrganspendeals Voraussetzungfür eine Transplantation aufzuklärenund Menschen zu ermuntern, sich mitdem Organspendeausweis auseinanderzusetzen. „Mehrals 10 000 Menschen stehen in Deutschland jährlich aufder Warteliste für einOrgan – dagegenwerdennur etwa 2700 Organe gespendet“ sagt Dr.Becker.Das entspricht knapp900 Organspendernpro Jahr,denneskönnen häufig zwei oder drei Organe entnommenwerden. Patientenmit einerNieren- oder Herzschädigung können über einige Zeit noch aufUnterstützungssysteme wieder Dialysezurückgreifen. Wenn LeberoderLunge geschädigtsindoder garaussetzen,gibteskeine andere Möglichkeit als einneuesOrgan.Dank derVergabe durchdie unabhängige OrganisationEurotransplant, in dersichmehrere Länder zusammengeschlossenhaben,wirdder Spenderpoolüberdie Landesgrenzen hinaus erweitert. 8 „Ich habe das nieals eine Transplantation empfunden“ Dr.StefanBecker Im Falledes irreversiblenHirnfunktionsausfalls, früher Hirntodgenannt, einesOrganspenders, dernachdem Transplantationsgesetz (TPG) vonzweivoneinander unabhängigen Ärzten festgestellt werden muss, meldet dieDeutsche StiftungOrgantransplantation(DSO)an Eurotansplant denSpender.Die DSOorganisiert gemeinsammit demKrankenhaus dieOrganentnahme,Eurotransplant weistunabhängigvon all demdie SpenderorganePatienten aufder Listezu. So istgesetzlich gewährleistet,dass derjenigedas Spenderorgan erhält, deresam dringendsten benötig undgleichzeitigdie bestenErfolgsaussichtendamithat.Von derMeldung derDSO an Eurotransplant biszur Transplantation dauert es in derRegel9bis18Stunden. DieEntnahmeoperationenwerdeninden jeweiligenKrankenhäusern durchinder Transplantationsmedizin spezialisierteOperationsteamsdurchgeführt. „Ich habedas nieals eine Transplantationempfunden, sondernimmer als eine Operation, bei derich mein lebensrettendes Organbekommen habe“,sagtdie heute48-jährige Judoth Naumann.AmAnfanghättenvor allem dievielen MedikamenteeineUmstellungfür siebedeutet. Noch heutemussJudithNaumann täglich Immunsuppressiva nehmen,damitihr Körper das Fremdorgan nichtabstößt. Wenn alles gut läuft, kann siemit derneuenLeber ihr ganzes Leben leben. „Wir haben hier auch einentransplantiertenPatienten,der an einerOlympiade teilgenommen hat“, sagt Dr.Becker.EinegroßeHerausforderungstellen für TransplantationspatientenInfekte dar. Siesindanfälligerfür diese. BeivielenPatienten unterTherapiemit Immunsuppressiva reagiert derKörpernicht mitden typischenZeichen einerInfektion,wie Fieber oder Schüttelfrost.EineGrippe zumBeispiel, kann übersehenwerden, weil derPatient sich eben nurmüdefühlt. Abgesehendavon führt Judith Naumannheute einnormalesLeben.Sie geht einemBeruf nach undtreibtSport wiejeder andere auch.Ohnedie Organspendevor 16 Jahrenwäre dieEssenerin gestorben, dasist ihr sehr bewusst. Deshalb ist es für sieselbstverständlich, dass auch sieeinenOrganspendeausweis ausgefüllthat.

AM3.JUNI IST TAG DER ORGANSPENDE N a c h g e f r a g t : Kati Schröder (24),Studentin „Ich binganzeindeutig proOrganspende,habe selber seit vielen Jahreneinen Organspendeausweis.InmeinenAugen istdas einziemlich kleinerBeitrag.Das sind zwei Minuten, dieesdauert, einenAusweis auszufüllen,mit denenman schonMenschenleben rettenkann.Ich kann diese Ängsteder GesellschaftinBezug aufdas Thema auch nichtnachvollziehen.Dassman von Ärztenschneller für toterklärtwird, damiteinem dieOrganeentnommen werden können,gehört für mich in denBereich derVerschwörungstheorien.Jeder sollte doch etwasVertrauen in unsere Ärzte undden Rechtsstaathaben.Essolltemehr Aufklärung betriebenwerdenund vorallem mit mehr Transparenz,umdiese Sorgen zu verringern.Esmussdeutlicher erklärt werden,wie Organspendeeigentlich funktioniertund in welch seltenen Fällen manüberhaupterstals Spender in Fragekommt.Letztendlichglaubeich,dass derumgekehrt Wegder besserewäre,alsodass maneinen Ausweiszum Widersprechenbraucht, stattzum Zustimmen. Gudrun Böhm (76) „Ich habeschon seit langer Zeit einen Organspendeausweis.MeinerMeinung nachist daseinfachdas Richtige.Viele wissendavon allerdings nichts oder beschäftigen sich zu wenigmit demThema.Daran etwaszu ändern istschwer, mehr Aufklärung würde sicherlich helfen.Manche Menschensindauch skeptisch, dass mit ihnen oder ihren OrganenSchindluder getriebenwird. Ichpersönlich glaube aber an dasGuteund vertraue darauf, dass dem nicht so ist.“ WolfgangRosenthal (66) „Ichdränge dasThema manchmal gerneweg,finde es aber trotzdem enormwichtig.Für mich istesunerträglich,dassMenschensterben müssen, weil andere einerSpendenicht zustimmen.Vor einpaarJahrenhabeich vonder Versicherung einenAusweis bekommen undunterschrieben.Ich finde aber,dass manlieberausdrücklich einerOrganspende widersprechen müssensollte, stattausdrücklich zustimmenzumüssen. DieseMethode istzweckmäßiger undrettetmehrLeben.Mir istauch aufgefallen,dassesdie Meinunggibt, es würde viel illegaler Handel mitOrganen getrieben, wodurchmanche Leutenicht spendenwollen. Das istfür mich aber derkomplettfalscheAnsatz, denn wenn mehr Menschen spendenwürden, gäbeesautomatisch wenigerIllegalität undder Schwarzmarktwürde letztendlich zusammenbrechen.“ Fotos[5]::Marco Wilms ManuelGallinat (25), Student „Ich finde,Organezu spendenist superwichtig. Viele Menschen sind einfachzufaulodervergessen es schlichtund ergreifend, denAusweis auszufüllen.Man nimmtessichimmer vor, aber es dann wirklich zu tun, istnochmal wasanderes.Deshalb binich derMeinung,dassman dasGanze umdrehen sollte. Das heißt, jedersolltevon vornhereinSpender sein undwennman nichtspenden will,sollteman dafür einenAusweis ausfüllen müssen. DieWerbung,die aktuell fürdie Organspende gemacht wird, isteinfachzupunktuell, um mehr Leutezum Spendenzubewegen“ Simon Hillnhütter(27), Student „Ich finde,esist total wichtig, einenOrganspendeausweis zu haben. Jederkann malin dieSituationkommen, aufeineSpendeangewiesen zu sein.Dassso wenige einenAusweis haben,liegt vermutlich vorallem an Faulheit. Deshalb sollte mehr Werbung gemacht werden,vielleichtsogar gezielt aufYoutube, um diejungenLeute zu erreichen. Wasich aber nichtrichtig finde,ist derumgekehrteWeg,alsoein Ausweisfür Leute, dienicht spendenwollen. Denn keinMenschsolltezuetwasgedrängt werden,worüber er sich noch gar keine Gedanken gemacht hat.“ SonjaWilms (31), Mediengestalterin „Ich binfür Organspende.Was meinem eigenenKörpernachdem Todpassiert, istmir ziemlich egal,solange ichnocheinem anderen Menschen dabeihelfen kann,etwas längerzu leben. Es gibtjadurchaus beimanchendie Sorge, dass manfälschlicherweisefür hirntot erklärt wird. Ichteile diese Sorgenicht.Unsere Ärzte werden dasschon richtigeinschätzenkönnen.SovielVertrauen sollte manhaben.Von denKrankenkassen darf aber gernenochetwas mehr Initiativeergriffen werden, damitman schnelleranOrganspendeausweise kommt.“ 9

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