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Februar 2018 - coolibri Düsseldorf und Wuppertal

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THEMA S O L I N G E N

THEMA S O L I N G E N Schließt Ende Februar: das Getaway in Solingen Goodbye, Foto: Nadine Beneke „In der Gastronomie landet man immer durch Zufall“, weiß Jürgen Ries. Anfang der Achtziger verschlug es ihn als Wirtschaftswissenschafts-Student ins Solinger Getaway, damals noch im Stadtteil Glüder gelegen. Ursprünglich als Nebenjob gedacht, übernahm er 1981 die Leitung. Geblieben ist er bis heute. Ende Februar schließt das „Get“ nach fast 40 Jahren. Nadine Beneke war noch einmal vor Ort. Als Ries im Get anheuerte, gab es vor allem „Spiegeldiscos“, erzählt er. Der gebürtige Solinger wohnte seinerzeit in einer WG. „Ich will jetzt nicht sagen Kommune…“, lacht der 60-Jährige und schnell kommt wieder auf die Discolandschaft der 80er Jahre zu sprechen: „Das war alles nix für Langhaarige.“ Das Get jedoch etablierte sich als Rock-Schuppen, zog alternative Musikfreunde an. Zehn Jahre blieb der Laden in den „alten“ Räumlichkeiten in Glüder. Dort lernte Ries auch seine Lebensgefährtin Annette Zahn kennen. Nachdem Anfang der Neunziger der Mietvertrag auslief, eröffnete der Club 1992 in Ohligs neu. 800 Quadratmeter wurden seither bespielt. „Das alte Get war gerade mal ein Viertel davon“, erzählt Ries. Es lief dennoch gut, fünf Mal in der Woche, von mittwochs bis einschließlich sonntags, fanden Partys statt. Ein Reißer 18 waren unter anderem die Herz beißt Haifisch- Partys, für die coolibri-Gründer Roland Scherer verantwortlich zeichnete. Bei bis zu zehn Partys im Monat suchten und fanden sich Paare in den Neunzigern bei dieser Gelegenheit. Auch Konzertgänger kamen auf ihre Kosten: Als Highlight nennt Ries den Auftritt der Fantastischen Vier. „Es hat relativ lange funktioniert“, sagt der Solinger im Hinblick auf die Schließung des Clubs Ende Februar. Anfang der 2000er kam der erste Umschwung: Die Ein-Euro-Partys veränderten das Clubleben. Die junge Klientel ließ sich von den günstigen Getränkepreisen in andere Locations locken. Hinzu kam: „Man merkte das Internet“, so Ries. Heute gebe es derart viele Angebote, „da kann man analog nicht mithalten.“ Bei den jungen Leuten fehle außerdem die Bindung. Heute hier, morgen da. Nach und nach fiel deshalb ein Tag nach dem anderen weg. Zuletzt öffnete das Get noch freitags und samstags. Ende Februar läuft der Pachtvertrag aus und Ries möchte nicht mehr verlängern. „Jetzt rennen sie uns natürlich die Bude ein“, erzählt er lachend. Ein bisschen Erleichterung über das baldige Ende des Get ist ihm anzumerken. Papierkram, Reparaturen, Organisatorisches vor und während der Öffnungszeiten. „Gastronomie ist immer zeitaufwändig“, sagt er. Ries freut sich auf das neue Kapitel, Branchenwechsel erwünscht. Im Februar soll der Betrieb noch mindestens drei Wochen lang normal weitergehen. Was aus den Räumlichkeiten wird, weiß der Clubbetreiber und Gastronom bislang noch nicht. Und auch das Programm für den finalen Abend steht noch nicht fest. Nach seinen Wünschen gefragt, antwortet Ries: „Knackevoll soll es werden.“ Seine Lebensgefährtin fügt hinzu: „Rock’n’Roll!“ Die beiden werden an diesem Abend, wie so oft in den vergangenen Jahren, hinter dem Tresen stehen. Personal zu finden, sei schwieriger geworden. „Manche sind aber schon 20 Jahre dabei“, erzählt Ries. Noch ein Aspekt der veränderten Clubkultur: „Früher war um ein Uhr Schluss, heute braucht man vor elf, zwölf gar nicht aufmachen.“ Fotos aus der Anfangszeit gibt es fast keine. „Früher war es verpönt, Fotos in der Disco zu machen. Jeder wollte unerkannt bleiben“, berichtet der 60-Jährige. Selfies werden im letzten Get-Monat garantiert dazugehören. Und wer noch ein besonderes Souvenir haben möchte: Das Interieur kommt an jedem Donnerstag im Februar beim Kneipentrödel unter den Hammer. Ein Schild mit der Aufschrift „Treppe bitte freihalten! Keine Staus durch Gaffer“ ist schon verkauft. „Uns fallen diese Kleinigkeiten gar nicht mehr auf“, berichtet das Paar. Die allererste, orangefarbene Außenwerbung des Clubs aus den Achtzigern ist allerdings nicht verkäuflich. Zahn witzelt: „Das schalten wir ein, wenn wir das Fass anschlagen für die Nachbarn.“ getaway-online.de

SZENE D O R T M U N D / W U P P E R T A L Werk aus der Mosaikbauschule Zurechtgeklopft Mosaik - bei diesem Wort denkt man an Portugal, an Italien – nicht unbedingt an Dortmund. Doch in der Pottstadt befindet sich die erste und einzige Handwerksschule der Republik, die sich mit dem traditionellen Handwerk der Steinlegerei auseinandersetzt. In elf Modulen wird man hier innerhalb eines Jahres zum zertifizierten Mosaizisten ausgebildet. „Dieses facettenreiche Traditionshandwerk übt eine ganz besondere Faszination aus“, so Susanne Hornbach. Die gelernte Betriebswirtin stieß vor drei Jahren auf das Mosaiklegen. „ Ich habe eine Ausstellung des Künstlers Robert Kaller besucht und war sofort angetan.“ Hornbach kam mit dem Künstler ins Gespräch. Kaller hatte gerade ein Konzept für eine Ausbildung zum Mosaikleger geschrieben, was von der als Partner angedachten Hochschule allerdings abgelehnt wurde. „Da haben wir dann spontan beschlossen: Wir realisieren das jetzt.“ Noch im selben Jahr zog die neu gegründete Mosaik-Bauschule in Kallers Atelier, ein ehemaliges Einkaufszentrum, ein. Die ersten von inzwischen 15 Studenten starteten 2015 die deutschlandweit einzigartige Ausbildung. „Das Besondere an unserem Ansatz ist, dass wir alle Bereiche dieses Handwerks lehren“, so Hornbach, die im Zweiergespann mit Kaller eher für die wirtschaftliche Seite des Unterfangens zuständig ist. „Wir arbeiten mit Naturstein, mit Glas, mit verschiedensten Materialien.“ Die unterschiedlichen Verfahren sind zum Beispiel das ganz simple „Sandsetzen“, bei dem man die Steine erstmal zur Probe legen kann, bevor sie in Beton gegossen werden. Schon komplizierter ist das sogenannte Umkehrverfahren, bei dem im zweiten Schritt noch flüsssiger Ton dazukommt. Auch gibt es Bereiche, in denen sich der passende Stein erst „zurechtgeklopft“ werden muss - da wird die Verbindung zwischen Kunst und Handwerk deutlich. Die Module werden immer anspruchsvoller, bis hin zur selber konzipierten Abschlussarbeit. Die Verkleidung eines Brunnens, die Gestaltung einer Treppe — den Ideen sind kaum Grenzen gesetzt. „Mosaik ist auf vielen Ebenen toll.“ Zeigen wollen Kaller und Hornbach, dass Mosaik eine „alltagstaugliche“ Kunst sei. So haben sie in Wuppertal-Oberbarmen einen ganzen Fußgängerweg gestaltet. Der Weg durch das Viertel sollte aufgewertet werden, unter fünf Bewerbern wurde Robert Kaller für die Gestaltung ausgewählt. Gemeinsam mit zwei Absolventinen und einem Studenten der Mosaik-Bauschule hat er Wand- und Bodenmosaike kreiert. In einer besonderen Aktion konnten auch Anwohner bei der Verschönerung ihres Viertels teilnehmen. Denn auch der soziale Faktor sei nicht zu unterschätzen: „Wir haben schon mit Schulklassen ihre wirklich nicht schönen Räume umgestaltet – und plötzlich schätzen die Kinder ihre Umgebung viel mehr, weil es auch ästhetisch ansprechend ist.“ Oder die Abschlussarbeit einer Studentin, die in einem Kindergarten einen „Tastweg“ baute. Die Kinder können hier selber erfahren, wie einzelne Naturmaterialien sich auf der Haut anfühlen. toc; Mosaikbauschule Dortmund, Tel.: 0231 7270222; mosaikbau-schule.de Foto: Mosaikbauschule Dortmund 08. Feb. - 12. Feb. 19

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