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August/September 2020 - coolibri

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MUSIK VON H IER

MUSIK VON H IER KMPFSPRTaus Köln Foto: Pressefoto K(l)eine Hymnen Zehn Tracks,keiner länger als anderthalb Minuten:Das istdas neue (Konzept-)Album der Kölner Rockband KMPFSPRT. Großes Thema aufdem selbstbetitelten, siebten Album (auchdas kann manschnell aufn Punkt bringen):Köln.Ihrer Heimatstadtnähernsie sich dabei mit viel Kritik,aber auch unverhohlener Liebe. Darüber spricht Gitarristund Sänger Davidmit LukasVering. Lieder über Heimatstädte sind entweder Hymnen oder peinlich. Ihrhabt einenanderen Weggewählt:Kurz und hart. Wiekamtihr aufdie Idee,ein Köln-Album in dieser Form zu fabrizieren? Vermutlich liegtdie Antwort schon in derFragestellung:umgenau das Hymnenhafteund Peinlichesogut es geht zu vermeiden. Es gibtsoviele LiederüberKöln,wahrscheinlichmehrals über diemeistenanderenStädte in Deutschland. Aber so gut wiealledavonsindschunkelnde Karnevals-Schlager,und wir waren derMeinung,dassdiese dieStadt mitall ihrervielfältigen Subkultureigentlich garnicht repräsentieren,zumindest nichtausschließlich. Daherwollten wir über dieStadt,die wirliebensingen, ohne dabeiinKlischeesoderLobhudelei abzudriften,sondern siesodarstellen,wie siesichuns darstellt: Schmutzig, laut,kaputt, dabeiaberimmer auch liebenswertund voller Herz. Musikalisch lehntihr euchmehrdennjeinRichtungHardcore–wie habt ihrden Soundfür das Albumgefunden? Unswar vonAnfanganklar, dass die7“überKöln keingewöhnliches 18 „Kultur ist einfach das höchsteGut,das wirhaben.“ KMPFSPRT-Release mitnormalenSongs werden würde,sondern einklarer musikalischerAusfluginandere Gefilde. Darumgibt’sausschließlichHardcore,eineHommage an dieMusik, mitder wir aufgewachsenen sind.Ich weiß auch nicht, wann wir dasletzteMal so viel Spaß miteiner Platte hattenwie dieses Mal. Alleskam wievon alleine zusammen,völligohneMühe undAnstrengung, einfachnur aus demSpaßanSongs unter90Sekunden,die immer nurnachvorne gehensollten. Fast schade,dassesschon vorbei ist, haha! Es sindjanicht nurLiebeslieder an Köln aufdem Album. Alsomal Hand aufs Herz: WasstörteuchanKöln? Köln hatsichinden letzten Jahrennicht unbedingt in die Richtung entwickelt, diewir gernesehen würden: Clubsund Proberaumkomplexe werden geschlossen,die Mieten in derInnenstadtexplodieren, Yuppies ziehen in alternativeStadtteileund beschwerensichdann über denLärm derdortigenBars undsoweiter. Probleme,die jede deutsche Großstadthaben dürfte.Aberestut einfachweh,Clubs wiedas Underground sterbenzusehen.Kulturist einfachdas höchsteGut,das wir ha-

MUSIK V ON HIER ben, undwenndiesesüberall demgroßenGeld weichenmuss, befinden wir unsleider aufdem vollkommen falschen Weg. „Die Kids in Köln sind cool,und wenn es keine Freiräumemehrgibt, werden siesichwieder neue erkämpfen.“ Und wasliebt ihrtrotz allemander Stadt? Köln hateinesostarkeMentalität, daskriegenein paar Schließungen nichtzerstört. Dieganze Stadtliebt undlebtKultur, an jederEckesind Clubs, Bars,Programmkinos,Galerien, Theater... nach wievor macht das einengroßenTeilder FaszinationanKöln aus. Darüber hinaus magich wirklichdie Menschen hier sehr.EsherrschteinevielgrößereOffenheit, Toleranz undFreundlichkeitals in denmeisten anderenGroßstädten.Solangeduniemandem wehtust, kannst du in Kölnmachen, wasdu willst. Keinerfragt dich nach deiner Herkunft,Orientierungoderwas auch immer.Leben undleben lassen. Wenn aber zumBeispiel die Nazishieraufmarschieren, hast du eine ganzeStadt aufden Beinen, diedagegendemonstriert–nichtnur diePunksoderLinken,sondern auch derOpa an derEcke. Alldas magich sehr an Köln. Dasals In-Viertel bekannte Ehrenfeldwirdauf derPlatte miteinem Abgesangbedacht. Wiefühlt es sich an,wennman merkt, dassein eigentlich mal sub- und multikulturell geprägtes Viertelden Wegder Gentrifizierung geht? Es fühltsichbeschissenan, alswürde maneinen Teil seiner eigenen Identität verlieren.Viertel wieEhrenfeld,mit all ihrenkulturellen Begegnungsmöglichkeiten, haben unserstzuden Menschengemacht,die wir heute sind,die sich abseitsdes Mainstreamsentwickelnund ihre Nische finden konnten. Wenn ichbedenke, dass dies für eine jungeGenerationimmer schwierigerwird, weil es überall nurnochdie gleicheweichgespülte Mainstream-Langeweilegibt, macht mich dastatsächlich ziemlich wütend und traurig. Aber dieKidsinKöln sind cool,und wenn es keineFreiräumemehr gibt,werdensie sich wieder neue erkämpfen. Werist Claudia? Es istauf jedenFall niemand, dereinen Schäferhund besitzt, sondernColonia Claudia AraAgrippinensium, oder kurz gesagt:Die StadtKöln selbst. Anfang2019wart ihrinJapanauf Tour.Wirdesauchmal einAlbum mit Tokio-Liedernvon euch geben? IchhabeimRahmenmeinesStudiumsund kurz danach insgesamt 4JahreninTokio gelebt,schon damals haben mich Dennisund Richarddortbesucht,bevor wir überhauptKMPFSPRT gegründethatten. Dort wolltenwir schonimmer malspielen.Soein Album wirdesvermutlich nichtgeben, aber wenn mansichunsereletzten Albengenau anhört, gibtesimmer malwiedermehroderweniger offene Querverweise zu Japanund Tokio– nichtumsonst heißtdas letzte AlbumGaijin („Ausländer“ aufJapanisch). Preisfrage: Gibt es wirklich kein Wort,das sagenkann,was ihr fühlt,wennihr an Kölledenkt? NichtmehrnachachtKölsch vorm Büdchen, nein. „KMPFSPRT“ vonKMPFSPRTerschienam17.7. NächsteTermine:3.4., Trompete, Bochum;12.6.,KrayOrDie, Essen * 2020 Kunstspur Offene Ateliers in Essen: 19.-20.09. (im Süden) und 26.-27.09. (im Norden) jeweils von 15 -19Uhr Weitere Infos unter: Kulturamt 0201-8841211 ·www.kunstspur.essen.de Scan me! * Mit freundlicher Unterstützung: 19

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