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April 2020 - coolibri Düsseldorf, Wuppertal

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THEATER Wenn Menschen

THEATER Wenn Menschen Gott spielen SCHAUSPIELHAUS|„Terror“ vonFerdinand vonSchirachgehörtzuden erfolgreichsten zeitgenössischen Dramen. Das DüsseldorferSchauspielhaus konnte voreiniger Zeit den (bundesweit) 500.000sten Besucher begrüßen. Klar,dassdie Fortsetzung begehrtist: DieUraufführung von„Gott“feiertdeshalb zeitgleich zwei Premieren –inDüsseldorf undBerlin. „Gott“ kommtins Schauspielhaus. Foto: Thomas Rabsc „Gott“ istnicht wirklichdie Fortsetzungvon „Terror“,aberesarbeitetmit ähnlichenMitteln:Es stellt wieder eine Verhandlungssituationdar, wieder kann dasPublikum am Ende über das Urteil entscheiden. In „Terror“ ging es um den fiktivenFall einesBundeswehrpiloten,der ein vonTerroristengekapertesVerkehrsflugzeug abgeschossen hatte, dasauf einStadion zusteuerte. Er hattealso164 Menschengetötet, um 70.000 zu retten. Darf mandas –Leben gegenLeben abwiegen? „‘Gott‘spieltnicht in einemGerichtssaal, sondern im Ethikrat“, erklärtFrederik Tidén, derdie Inszenierung vonRobertGerloff am DüsseldorferSchauspielhaus als Dramaturgunterstützt. „Der Stoffgehtden Zuschauern möglicherweise noch näher,gehtsie persönlicher an.“ Brandaktuellist er,weildas Bundesverfassungsgericht Ende Februardas Verbot geschäftsmäßiger Sterbehilfegekippt hatund sich möglicherweise in DeutschlandbaldSterbehilfe-Vereine gründenwie in derSchweiz. Hier setztdie Geschichte desAutorsund StrafverteidigersFerdinand vonSchirachein:Richard Gärtnermöchtesterben,obwohlermit seinen 32 78 Jahren zumindest körperlich noch kerngesund ist. Aber er kann keinenneuenLebenswillenaufbringen, seitdemseine Frau,mit derer 42 Jahrelangverheiratet war, gestorbenist.Sie hatlange gelitten,hätte gerneSterbehilfeinAnspruch genommen –dochdie war noch verboten. RichardGärtner bittet seineHausärztinum Beihilfezum Suizid. Dieverweigert. Wieder Fall denDeutschen Ethikrat beschäftigt, davonwerdendie ZuschauerinDüsseldorfZeuge. Wemgehört das Leben? „Esgehtdabei um tief greifende Fragen nach demSinn desLebens“,sagtDramaturgFrederik Tidén: „Wasist dasLeben?Wem gehört es?Ist dasgut,wennich vondieserBühne,auf dieich ungefragtgeworfen wurde,selbstbestimmt abtrete?“ Nichtnur dieKirche(im Stückgibtes auch einenBischoff) würdesagen,dassdas Lebenheiligist unddiese Entscheidungnicht in denBereich desMenschenfallen sollte. Es gibt auch Atheisten,die eine Verantwortungdes Einzelnen gegenüber derGesellschaftsehen und einenselbstgewählten Todnicht befürworten – oder nurunter bestimmten Umständen. Aber wann istder Leidensdruck groß genug? „Reicht“ daspsychischeLeiden desRichard Gärtner oder mussauch einkörperliches dazu kommen? Und wervermagdas zu entscheiden? Am Ende stimmen über dieEmpfehlungdes Ethikratsnicht diestimmberechtigten Mitgliederdes Ratesab, sonderndas Publikum.Schirach hatfür beideEntscheidungsoptionen Endengeschrieben.Und er hatder Regiedie Freiheit gelassen,alleRollenaußer derdes Bischofs weiblich oder männlich zu besetzen. „Wir werden außerdem mitVideosarbeiten, um einige Fragen anschaulicherzugestalten“, verrät Frederik Tidén. Undauch wenn dieVorgabe beiUraufführungen sei, dass sienah an der Stückvorlage inszeniert werden,habedie Regie doch einigenSpielraum,Situationenzuzuspitzen–Dialogeeherstatischoderhochemotional zu inszenieren. „GanzTheater-Deutschland war heiß aufdiesenStoff“, sagt Frederik Tidén– nichtohneStolz, dass Düsseldorfneben dem Berliner Ensemble dieEhre hat, ihnals erstes herauszubringen. MaxFlorian Kühlem Gott:25.4. Schauspielhaus,Düsseldorf

THEATER Mächtige Gefühle RECKLINGHAUSEN |ChillyGonzales,LarsEidinger,ConstanzeBecker,UlrichMatthes,Sophie Rois,Devid Striesow –die Ruhrfestspiele warten wieder mitgroßen Namen auf.Unter dem neuen IntendantenOlafKröck ist derGlamour-Faktordes Kulturfestivals aber nicht mehrdas Allerwichtigste. Mitdem Motto„Macht undMitgefühl“ wird das Programm auch wieder politisch. Foto: Anne VanAerschot „WennMacht dasMitgefühl verliert, wirdsie zu Diktatur,Repression, Despotismus“, sagt Olaf Kröck. „GleichzeitigwerdenMenschen, dieMitgefühlzeigen, heute als ‚Gutmenschen‘diffamiert.“Ein roterFaden im neuenProgramm mit rund 220Veranstaltungen solleKunst sein,„in derdas Private politischwird.“ Auch wenn am 24.5.Minimal-Pop-Pianist Chilly Gonzales mitseinemProgramm „Solo PianoIII“ mitdem Ruhrfestspielhaus einenweiterengroßenHochkultursaalauf seiner Listeabhakt, liegtder Fokusdes Programmsdochweiter ganz klar aufSprechtheater mitgroßenSchauspielern. So eröffnen dieRuhrfestspielemit der Deutschlandpremierevon „Tao of Glass“ (3.- 6.5.): KomponistPhilippGlassund Regisseur Phelim McDermottsuchen darin mitMitteln des Puppenspielsund dermündlichenErzählung nach denUrsprüngender Kreativität. Szeneaus „Rain(live)“ Als DonQuijote undSanchoPanza reisen kurz darauf Ulrich Matthesund WolframKochauf der Bühne. Jon Fossehat diesen „Don Quijote“ (8.+ 9.5.)inszeniert. IntendantOlafKröck istselbst gespanntauf dieNeuinterpretationvon „Peer Gynt“(5.-8.6.), dieLars Eidinger undJohnBock gerade als Koproduktion mitder Schaubühne Berlin erarbeiten. Darin spielt eine weiße Unterhose eine zentraleRolle.Der Spiegelurteilte nachder Berliner Premiere:„MalZiggy Stardust, malForrest Gump,mal Joker–Lars Eidinger spielt ‚PeerGynt‘ undtut,was er am besten kann:wunderhübschumsichselbstrotieren.“ Viel Frühling undein bisschen Country Obwohl dieneuenRuhrfestspielesichnicht wie zumBeispieldas Berliner Theatertreffen Geschlechterparität aufdie Fahnen geschrieben haben,ist mehr Weiblichkeit doch Thema. So zeigen siemit „The Broken Circle“ (22.-24.5.)eine Inszenierung derKarlsruherIntendantin Anna Bergmann,die im eigenen Haus aktuell ausschließlichmit Regisseurinnen arbeitet. Sieerzählt dasDrama einesPaares, dasmit der Krebserkrankungder Tochterfertigwerden muss –als Country-Konzert. Unbedingtempfehlenswert istaußerdemAndreaBreths Inszenierungvon YasminaRezas „DreiMal Leben“ (28.-30.5.)mit ConstanzeBecker undAugust Beiden Ruhrfestspielen gibt Lars Eidinger den Peer Gynt nach eigenem Gutdünken. Diehl. DerAbend schildertdreiVariationendes Machtkampfes zweier Paare. Unbedingterleben sollte mandie Rückkehr der großen Choreografin Anne Teresa De Keersmaekerins Ruhrgebiet,die hier zuletztbei Johan Simons‘Ruhrtriennale zu erlebenwar.Inder spektakulärenArbeit„Rain (live)“(3.+4.6.) tanztein großes Ensemble zu denlivegespielten, pulsierendenKlängen vonSteve Reichs „Music for18Musicians“. In verschiedenenBearbeitungen wirdStrawinskys „LeSacre du Printemps“ eine Rollespielen: Diesüdafrikanische Tänzerin undChoreografinDadaMasilohat den Klassikerals „The Sacrifice (Das Opfer)“ (20.+21.5.)neu geschrieben.Als Weltpremiere „Sacre“ (12.-14.5. im TheaterMarl) deraustralischenGruppeCirca Contemporary Circus spielt es im BereichNeuerZirkuseineRolle.Und die HernerKompanieRenegadezeigtesals urbanesHip-Hop- undStraßentanz-Solo„Robozee vs.Sacre“ (12.+13.5.). Im Literaturprogramm liestam10.5. DevidStriesow aus Goethes„Novelle“ über dieUtopieeiner gewaltlosen Welt,die nach demZweiten WeltkriegwichtigeSchullektüre war. MaxFlorian Kühlem Ruhrfestspiele: 1.5.-13.6. verschiedene Spielorte,Recklinghausenund Marl;ruhrfestspiele.de 33 Foto: benjakon

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